Meilenstein erreicht: Junge Frau aus Delbrück ist tausendste Landarzt-Studentin in NRW

Delbrück/Bielefeld. Warum entscheidet sich eine junge Frau bewusst dafür, Hausärztin auf dem Land zu werden? Wo doch so viele nach dem Studium in die Städte drängen, in Kliniken oder spezialisierte Zentren. Für Marie Hagelüken aus Delbrück ist die Antwort klar: &bdquo;Meine Familie ist hier. Ich bin hier verwurzelt. Für mich wäre es unglaublich schwer, woanders hinzuziehen.“ Die 27-Jährige ist nicht irgendeine Medizinstudentin. Sie ist die 1.000. Teilnehmerin im Landarztprogramm Nordrhein-Westfalen – gestartet 2019, um junge Menschen fürs Medizinstudium zu gewinnen, die sich verpflichten, später auf dem Land als Hausärzte zu arbeiten. Denn dort wird der Ärztemangel besonders spürbar. Eine Auswertung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) zeigt, dass Nordrhein-Westfalen trotz der meisten Medizinstudienplätze in Deutschland gemessen an der Bevölkerung nur 13 Plätze pro 100.000 Einwohner bietet und damit im Mittelfeld liegt. Laut CHE reiche dieses Angebot nicht aus, um den zunehmenden Ärztemangel zu stoppen. Nach Angaben der Landesregierung werden bis 2034 rund 1.950 hausärztliche Vollzeitstellen wegfallen, zudem wird laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Viertel der Hausärztinnen und Hausärzte in NRW altersbedingt ausscheiden. Kein gerader Weg zur Medizin für die Delbrückerin Für Hagelüken war der Weg zum Traumstudienplatz nicht vorgezeichnet. Den Wunsch nach einem Medizinstudium gab es zwar, &bdquo;aber mit einem Abiturschnitt von 2,0 ist die Wartezeit sehr lang“. Deshalb machte sie zunächst eine Ausbildung als Physiotherapeutin. Erst ein persönliches Erlebnis brachte sie zum Nachdenken. Eine Patientin erzählte ihr von der Landarztquote. &bdquo;Das hat mich neugierig gemacht“, sagt die künftige Studentin. Sie informierte sich, sprach mit Lehrern und Bekannten und wagte die Bewerbung. Einfach war das nicht. Sie benötigte Nachweise über Praktika, Tätigkeiten, andere Erfahrungen. &bdquo;Ich musste meine alte Schule sowie frühere und jetzige Chefs ansprechen. Das war ein Hin und Her.“ Doch es habe sich gelohnt. &bdquo;Wenn man es wirklich will, zieht man es durch.“ Lesen Sie auch: Hausarzt als erste Anlaufstelle: Forderung der Politik ist in OWL längst Alltag Delbrückerin verpflichtet sich für zehn Jahre Wer über die Landarztquote einen Studienplatz erhält, verpflichtet sich, nach dem Studium mindestens zehn Jahre als Hausarzt in einer ländlichen Region zu arbeiten. Für manche klingt das vielleicht zu verbindlich – für Hagelüken ist es genau richtig: &bdquo;Ich könnte mir vorstellen, in Delbrück zu arbeiten oder in den umliegenden Orten. Hauptsache, ich verliere meine Familie nicht aus den Augen.“ Eine tägliche Autofahrt sei kein Problem, sagt sie. Die junge Frau weiß um den Mangel an Hausärzten in ländlichen Regionen: &bdquo;Im Raum Hövelhof sind die Praxen überfüllt. Selbst Gemeinschaftspraxen kommen an Grenzen. Patienten warten oft sehr lange, selbst für eine Nachkontrolle.“ Tipps für Patienten: So bekommen Sie Hilfe, wenn Sie in OWL keinen Hausarzt in Ihrer Nähe finden Studium an der medizinischen Fakultät in Bielefeld Ab Oktober studiert Marie Hagelüken nun in Bielefeld an der jüngsten medizinischen Fakultät in NRW. Diese wurde eigens gegründet, um dem Hausärztemangel entgegenzuwirken. &bdquo;Wir sind schon früh im Krankenhaus, dürfen Ärzte begleiten und praktisch mitarbeiten“, berichtet sie. Freunde, die anderswo Medizin studieren, erlebten eine sehr theorielastige Ausbildung. In Bielefeld gebe es dagegen eine gute Mischung. Auch interessant: Medizinische Fakultät: Auf diesen Neubau ist die Uni Bielefeld besonders stolz Herausforderungen als Ärztin auf dem Land Auch wenn die Bielefelder Fakultät sehr praxisorientiert sein soll, was erwartet sie nach dem Studium im Praxisalltag? &bdquo;Vermutlich viele ältere Patienten. Manche verstehen ihre Diagnosen nicht, andere leiden unter Demenz. Da braucht es Geduld und Zeit.“ Wichtig ist ihr die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen: &bdquo;Logopäden sowie Physio- und Ergotherapeuten verbringen viel Zeit mit Patienten. Sie sehen Entwicklungen, die Ärzte im Alltag übersehen. Wenn man sich austauscht, profitieren die Patienten enorm.“ Delbrückerin sieht große Chance .responsive23-MLTmYme5aJ0wV7z2-bar-horizontal-deutschland-medizin { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-MLTmYme5aJ0wV7z2-bar-horizontal-deutschland-medizin { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-MLTmYme5aJ0wV7z2-bar-horizontal-deutschland-medizin { padding-top: 142.86%; } } Für Hagelüken bedeutet der Arztberuf Verantwortung: &bdquo;Gerade in ländlichen Gegenden merken die Menschen sofort, wenn ein Hausarzt fehlt. Es geht nicht nur um Versorgung, sondern auch um das soziale Leben.“ Viele Orte kämpften mit Wartezeiten, manche Praxen nähmen keine neuen Patienten mehr auf. Da wolle sie gegensteuern. &bdquo;Es ist eine große Aufgabe, aber auch eine große Chance.“ Eine Botschaft liegt ihr besonders am Herzen: &bdquo;Viele denken, sie seien zu alt für ein Medizinstudium oder dass es sich mit einem Familienwunsch nicht vereinbaren lässt. Aber das stimmt nicht. In Bielefeld klappt es sehr gut.“ Mit vielen Fotos: Einblick in innovatives Bielefelder Medizin-Zentrum Bekenntnis zur Region Ostwestfalen-Lippe Man müsse Mut haben und seinen Weg gehen – ob direkt nach dem Abitur oder später. &bdquo;Man ist nie zu alt, um neu anzufangen. Als Hausarzt hat man viele Möglichkeiten, für Menschen da zu sein.“ Mit ihrer Entscheidung wird Hagelüken zum Symbol für das, was das Landarztprogramm will: Menschen aus der Region für die Region auszubilden. &bdquo;Natürlich wird es anstrengend. Aber es ist das, was ich möchte – für mich und für die Menschen hier.“ Dass sie die 1.000. Studentin ist, gilt als Meilenstein.

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