Aggressivität im Wahlkampf nimmt zu - das sagen OWL-Abgeordnete

Bielefeld/Berlin. Das Bundeskriminalamt (BKA) setzt im Bundestagswahlkampf aus Sorge vor Übergriffen mehr Personenschützer ein als üblich, um gefährdete Spitzenpolitiker zu schützen. Das sagte eine BKA-Sprecherin auf Anfrage dieser Redaktion. Man könne "zu operativen Einzelheiten" – gemeint ist die Zahl der Beamten – keine konkreten Angaben machen, sagte sie. "Bestätigen können wir allerdings, dass die Maßnahmen des Personenschutzes im diesjährigen Bundestagswahlkampf in logistischer und personeller Hinsicht lageangepasst höher ausfallen." Das wiederum basiere "auf einer individuellen und ausführlichen Gefährdungsbewertung". "Wir können davor nicht einknicken" Nach Informationen von nw.de sind beim BKA derzeit weit über 500 Polizistinnen und Polizisten im Personenschutz tätig. Vor zehn Jahren hatte die Zahl noch deutlich darunter gelegen. Auch Bundestagsabgeordnete aus Ostwestfalen-Lippe sehen ein grundsätzliches Bedrohungspotenzial bei Wahlkampfauftritten. "Ich erlebe schon, dass ab und zu die Aggressivität, mit der wir angegangen werden, zugenommen hat", sagt die Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar (SPD). Aber: "Ich fühle mich nicht dadurch gehemmt, ich mache meine Arbeit wie bisher". Der Wahlkampf funktioniere nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger wüssten, wo sie auftrete. "Wir können davor nicht einknicken", sagt Esdar, bezogen auf mögliche Bedrohungsszenarien. Der Paderborner CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann berichtet: &bdquo;Bei mir hat es sich jetzt etwas beruhigt." Während der dritten Corona-Welle habe er Drohungen erlebt, "auch persönlich". Jeder müsse die Debattenkultur aufrechterhalten. "Leute, die sich nicht wahrgenommen fühlen, werden schärfer im Ton." "Dem müssen wir uns entgegenstellen" Britta Haßelmann, Bielefelder Bundestagsabgeordnete der Grünen, appelliert: "Wer engagierte Menschen, ob im Ehrenamt, Lokalpolitiker oder Abgeordnete, bedroht oder versucht einzuschüchtern, greift unsere Demokratie an. Dem müssen wir uns entgegenstellen." Die Zunahme von Anfeindungen und Angriffen gegen engagierte Menschen sei "sehr besorgniserregend und ernst zu nehmen". Es sei wichtig, dass Betroffene zeitnah informiert würden, Unterstützung fänden und Anlaufstellen hätten, an die sie sich wenden könnten. "Sie brauchen die Gewissheit, sie sind nicht allein", so Haßelmann weiter. Frank Schäffler, Bundestagsabgeordneter und FDP-Bezirksvorsitzender seiner Partei, ordnet die Lage so ein: "Die Bundestagswahl ist ein Hochfest der Demokratie. Wenn sie von Gegnern der Demokratie bekämpft wird, dann muss der Rechtsstaat wehrhaft sein. Wir müssen das ernst nehmen." "Es ist traurig, dass man über dieses Thema nachdenken muss" Friedrich Straetmanns, Bielefelder Bundestagsabgeordneter (Die Linke), sagt: "Es ist traurig, dass man über dieses Thema überhaupt nachdenken muss." Im Windschatten der AfD seien leider in Deutschland antidemokratische Strukturen entstanden, die den Nährboden für solche Umtriebe bildeten. Die Debattenkultur in Deutschland sei derzeit "unterirdisch", beklagt Straetmanns. Deshalb müsse in diesem Zusammenhang auch die Frage beantwortet werden, wie man es wieder hinbekomme, bei Streitgesprächen auszuhalten, dass jemand in einer Sachfrage eine andere Meinung habe. "Die letzten 'Querdenker'-Demos in Berlin haben mich sehr nachdenklich werden lassen." Der Bielefelder Extremismusforscher Andreas Zick sagte, die "Querdenker"-Bewegung sei zwar kleiner, aber zugleich auch radikaler und professioneller geworden. Sie sei darüber hinaus "eine neue Heimat für Gruppen und Personen, die sich in ihren Ansichten radikalisiert haben, die rechtspopulistisch orientiert waren und solche Proteste zur Selbstinszenierung suchen".

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