Bielefelder Schule schickt Politikerdebatte per Livestream ins Klassenzimmer

Bielefeld. Am Dienstagmorgen brauchten die Bielefelder Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundestag vor allem eines, und das ist Ausdauer. Ganze dreieinhalb Stunden hat das Carl-Severing-Berufskolleg für Metall- und Elektrotechnik am Dienstag für eine Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl angesetzt. 120 Schülerinnen und Schüler sind &bdquo;vor Ort“ in der Ravensberger Spinnerei dabei, bis zu 1.000 können die Debatte per Livestream in der Schule verfolgen. Aber am Ende hat sich die Ausdauer gelohnt. Wohl selten ist eine solche Gesprächsrunde so umfangreich vorbereitet worden. Und wohl selten sind so viele Argumente der Politikerinnen und Politiker bei ihrem Publikum angekommen. Nur hin und wieder verheddern sie sich ein wenig in den vorgegebenen Formaten. &bdquo;Wir sind zur Neutralität verpflichtet“, sagt Tobias Volkmann, Direktor des Berufskollegs. &bdquo;Deshalb haben wir und bemüht, ein breites Parteienspektrum abzudecken.“ Dass mit Roger Beckamp ein AfD-Bundestagsabgeordneter dazu gehört, hatte im Vorfeld für eine öffentliche Diskussion gesorgt. Das Bielefelder &bdquo;Bündnis gegen Rechts“ hatte sich dagegen ausgesprochen, der in Teilen rechtsextremen Partei ein öffentliches Forum zu geben. Bundestagswahl 2025 in Bielefeld: Hier finden Sie am Wahlabend alle Ergebnisse Sieben Politikerinnen und Politiker stellen sich der Diskussion Doch die übrigen Diskussionsteilnehmer haben das anders gesehen. Sie stellen sich der Debatte. Und so sitzen neben Beckamp auch Wiebke Esdar (SPD), Britta Haßelmann (Grüne), Katharina Kotulla (CDU), Gregor vom Braucke (FDP), Onur Ocak (Die Linke) und Michael Stehr (Freie Wähler) nebeneinander und tauschen ihre Meinungen aus. Dabei geht es abgesehen von kleinen &bdquo;Niggeligkeiten“ extrem sachlich zu. Das liegt auch am Konzept der Veranstaltung. Die Schülerinnen und Schüler haben vor der Debatte Fragen zu unterschiedlichen Bereichen gesammelt. Die sind an Stellwänden ausgehängt. Die Diskussionsteilnehmer können sich aus diesem Fragenkatalog bedienen, die Fragen beantworten und gleichzeitig einen Mitdiskutanten bitten, dazu Stellung zu nehmen. Auch in diesen unterschiedlichen Fragestellungen spielt immer wieder das Thema Migration eine große Rolle. Der AfD-Abgeordnete Beckamp, der nicht erneut auf einem aussichtsreichen Listenplatz für seine Partei kandidiert und wohl nicht wieder in den Bundestag kommt, bringt die Frage nach fehlenden Wohnungen in den Zusammenhang mit der großen Zahl an Migranten, die diese blockierten. Der Linke Onur Ocak kontert: &bdquo;Lasst euch das nicht einreden. Auch schon vor der Flüchtlingswelle 2015 fehlt in Deutschland Wohnraum, wurde das Wohnen immer teurer.“ Wiebke Esdar (SPD) und Britta Haßelmann (Grüne) verweisen auf den großen Arbeitskräftebedarf, den es in Deutschland gebe. &bdquo;Das geht nicht ohne Migration“, sagt Haßelmann. Katharina Kotulla und Gregor vom Braucke stimmen zu, dass es eine Fachkräfteeinwanderung geben müsse. &bdquo;Es geht nicht darum, woher jemand kommt, sondern was er beitragen kann“, sagt vom Braucke. Kotulla hebt darauf ab, dass, wer kein Bleiberecht besitze, das Land aber auch wieder verlassen müsse. Haben die Politiker in Berlin noch die Normalos im Blick? Moderator Christiaan Lorenzen achtet, ausgestattet mit Sanduhr und anderen Zeitmessern, darauf, dass die Diskussionsbeiträge nicht zu lange dauern. Das gelingt in den meisten Fällen. Sind die Politiker inzwischen völlig abgehoben und kennen sich mit der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht aus? Die Frage bestimmt eine weiter Debattenrunde und erntet gleich den Widerspruch der SPD-Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar. &bdquo;Wenn ich morgens mein Kind in die Kita bringe, kriege ich sehr wohl mit, welche Probleme es da gibt“, entgegnet sie. &bdquo;Es geht um Lösungen, die wir finden müssen. Populismus ist keine Lösung“, teilt sie einen Seitenhieb in Richtung AfD aus. Britta Haßelmann will sich dafür einsetzen, dass das Leben für die Menschen bezahlbar bleibt. Unionsfrau Katharina Kotulla berichtet von ihren kommunalpolitischen Erfahrungen. Eine davon: &bdquo;Man muss auf alle Fälle mehr und besser zuhören, wissen, was in der Nachbarschaft läuft.“ Statements fair mit Beifall begleitet Wirtschaftskrise, Bürokratieabbau, Schuldenbremse, Trump in den USA frisch im Amt, auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine: An diesem Vormittag bleibt nahezu keines der aktuell diskutiert Themen unerwähnt. Die Schülerinnen und Schüler begleiten fast jedes Statement fair mit Beifall. Am Ende sind es tatsächlich dreieinhalb Stunden praktische politische Bildung für die jungen Leute, auch wenn eine Partei nicht vertreten gewesen ist, nämlich &bdquo;Die Partei“. Deren Bielefelder Kandidatin Lena Oberbäumer wirbt vor dem Saal für ihre Politik. Lesen Sie zur Bundestagswahl 2025 in Bielefeld auch: SPD Bielefeld nominiert Wiebke Esdar erneut für den Bundestag Bundestagswahl: Bielefelder Grünen-Politikerin Britta Haßelmann ist wieder Spitzenkandidatin Diese Juristin ist die neue Bundestagskandidatin der Bielefelder CDU Das ist der Bielefelder AfD-Kandidat für die Bundestagswahl Dieser Bielefelder Wirtschafts-Experte will für die FDP in den Bundestag Onur Ocak ist der Kandidat der Bielefelder Linken

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