Düsseldorf (epd). Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag fordert von der schwarz-gelben Landesregierung, das geplante Versammlungsgesetz zurückzuziehen. „Wozu die geplanten Einschränkungen führen können, hat der Einsatz am Wochenende erahnen lassen", erklärte die NRW-SPD am Montag in Düsseldorf mit Blick auf das rigorose Vorgehen der Polizei bei einer Demonstration gegen das Gesetz am vergangenen Samstag. Nach Anträgen von SPD und Grünen wird sich am Donnerstag zudem der Landtag mit dem Polizeieinsatz befassen.
Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!" forderte am Montag auf einer Pressekonferenz vor dem Polizeipräsidium in Düsseldorf den Rücktritt von Innenminister Herbert Reul (CDU) und eine „lückenlose Aufklärung" der Gewalt durch Polizeikräfte.
Mit Schlagstöcken und Reizgas
Die Polizei war am Samstag mit Schlagstöcken und Reizgas gegen die Demonstranten vorgegangen und hatte rund 300 von ihnen in der Innenstadt stundenlang eingekesselt. Als Grund wurden Verstöße gegen das Vermummungsverbot durch Schirme und miteinander verbundene Transparente genannt sowie Angriffe auf Beamte. Das Bündnis sprach von rund hundert verletzten Demonstranten, die Polizei sprach ohne Nennung von Zahlen von Verletzten auf beiden Seiten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty kritisierte: „Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist eindeutig zu restriktiv und schränkt die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in NRW massiv ein." Die vorgesehenen strengen Regeln verhinderten zudem ein flexibles und deeskalierendes Handeln der Polizei.
Aktuelle Stunde am Donnerstag
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Verena Schäffer, forderte von Ministerpräsident Armin Laschet und Innenminister Reul (beide CDU), in der Aktuellen Stunde am Donnerstagmorgen im Landtag umfassend über die Vorwürfe gegen den Polizeieinsatz aufzuklären. „Sie müssen auch darlegen, wie sie in der Koalition den Entwurf für das restriktive Versammlungsgesetz grundlegend überarbeiten wollen", sagte die Oppositionspolitikerin.
Die Rechtsanwältin Anna Busl vom Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!" mahnte, am Samstag sei zu beobachten gewesen, „was es bedeutet, wenn Artikel 8 des Grundgesetzes eine bloße Phrase auf dem Papier ist". Wenn es um die Versammlungsfreiheit gehe, müsse immer eine Verhältnismäßigkeitsabwägung getroffen werden, erklärte die Juristin. Eine Auflösung einer Versammlung oder flächendeckende strafprozessuale Maßnahmen, wie am Samstag bei hunderten Teilnehmern geschehen, dürften „nur im Ausnahmefall" durchgeführt werden und wenn sie verhältnismäßig seien.
Reul äußert sich bisher nicht
Bündnissprecherin Gizem Koçkaya sprach von einer Machtdemonstration der Polizei: „Ausgerechnet auf einer Demonstration für das Demonstrationsrecht wurde die Demonstration verhindert." Am vergangenen Samstag seien das Demonstrationsrecht wie auch die Pressefreiheit „mit Füßen getreten worden".
Ein Fotograf der Nachrichtenagentur dpa berichtete am Samstag, dass er von einem Beamten mehrmals mit einem Schlagstock geschlagen worden sei. Mindestens ein weiterer Kollege sei ebenfalls angegriffen worden. Die Polizei hatte erklärt, ein Video zu dem Vorfall werde ausgewertet, und es gebe eine „Strafanzeige zur Aufklärung des Sachverhalts". Ein Vorgehen gegen weitere Journalisten wurde weder von der Polizei noch vom Landesinnenministerium bestätigt. Innenminister Reul äußerte sich zunächst nicht zu den Vorfällen.
An der Demonstration nahmen laut Veranstalter 8.000 und laut Polizei bis zu 3.000 Menschen teil. Die Kundgebung richtete sich gegen das von CDU und FDP geplante Versammlungsgesetz für NRW, das Polizei und Behörden mehr Befugnisse einräumen und die Auflagen für Versammlungsleiter verschärfen soll. Es soll nach der Sommerpause verabschiedet werden.