Medizinfakultät OWL: 6.000 Bewerber für 60 Plätze

Bielefeld/Düsseldorf. Keine andere Region ist so stark vom Hausärztemangel betroffen wie OWL. Eine Studie der Robert-Bosch-Stiftung zeigt, dass sich die Versorgung noch verschlechtern wird. Mehr als die Hälfte der Hausarztpraxen werden in den Kreisen Minden-Lübbecke und Höxter bis 2035 nicht mehr besetzt sein und für die Kreise Paderborn und Lippe prognostiziert die Stiftung einen Rückgang von 48 Prozent. Damit zählen vier der sieben Kreise in OWL im bundesweiten Vergleich zu den zehn Regionen, die am stärksten vom Hausärztemangel bedroht sind. Um das zu ändern, bildet in NRW künftig auch die Universität Bielefeld Mediziner aus. Im Oktober starten die ersten 60 Studenten ihr Studium an der Medizinischen Fakultät OWL. 6.000 Interessenten haben sich dafür beworben. &bdquo;NRW bildet jedes Jahr 2.000 Mediziner aus, davon wollen allerdings nur die wenigsten Hausärzte werden. Zudem kommen jährlich 1.400 Ärzte aus dem Ausland nach NRW, vor allem aus Ländern mit einer niedrigen Arztquote", erklärt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). &bdquo;Der Bedarf an Ärzten kann in NRW trotzdem nicht gedeckt werden, vor allem nicht in der hausärztlichen Versorgung. Wir rasen in eine Unterversorgung." Dabei ist das Interesse am Medizin-Studium hoch, wie die aktuelle Zahl aus Bielefeld zeigt. &bdquo;Auf einen Medizin-Studienplatz bewerben sich mehr Interessierte als für jedes andere Fach. Deshalb müssen wir dringend mehr Studienplätze schaffen, insbesondere in Westfalen." Ab 2025: Jedes Jahr 300 Medizin-Studenten in Bielefeld Das Ziel hat die Landesregierung mit der Universität Bielefeld fast erreicht. Nach der Entscheidung der Landesregierung für die Medizinische Fakultät OWL im Juni 2017, starten im Oktober 2021 die ersten 60 Studenten. &bdquo;Dank des rasanten Aufbauprozesses steht der Zeitplan, sodass ab 2025 jährlich 300 Medizin-Studenten in OWL ausgebildet werden können", erklärt NRW-Wissenschaftsminister Isabel Pfeiffer-Poensgen. Beispielhaft ist nach Angaben der parteilosen Politikerin jedoch nicht nur das Tempo der Universität, sondern auch die inhaltliche Ausrichtung. &bdquo;Der Modellstudiengang mit dem Schwerpunkt Allgemeinmedizin ist interprofessionell und interdisziplinär. Das ist zukunftsweisend, da wir alle Medizin-Studiengänge in NRW modernisieren wollen." Die Universität hofft, dass das Medizin-Studium in Präsenz starten kann. Voraussetzung dafür ist nach Angaben der Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät OWL, Claudia Hornberg, jedoch, dass bis dahin Studenten und Mitarbeiter gegen das Coronavirus geimpft wurden. &bdquo;Das bedeutet, dass 14 Tage vor Semesterbeginn die zweite Impfung, sofern eine zweite erforderlich ist, erfolgt sein muss." Hornberg geht davon aus, dass bis dahin alle Betroffenen ein Impfangebot erhalten und dieses auch angenommen haben. Universität will Studenten baldige Rückkehr ermöglichen Zudem hat die Universität nach Angaben von Rektor Gerhard Sagerer bereits in Luftreiniger, Hygienekonzepte und das Testzentrum auf dem Campus investiert. &bdquo;Wir wollen allen Studenten so schnell wie möglich die Rückkehr in die Universität ermöglichen." Auf Impfangebote für Studenten und Mitarbeiter hofft Sagerer im Impfzentrum der Stadt Bielefeld. &bdquo;Wir hoffen, dass der Universität einige Tage oder Impfstraßen zur Verfügung gestellt werden." Auch Laumann appelliert an die Impfzentren, insbesondere Angebote für Studenten zu schaffen, weil sie nicht so stark in die medizinische Regelversorgung eingebunden sind, wie andere Bevölkerungsgruppen. &bdquo;Ich gehe aber davon aus, dass bis September jeder in NRW ein Impfangebot bekommen wird. Mit Blick auf die angekündigten Liefermengen der Bundesregierung ist das ein realistisches Ziel." Bis zum Studienstart im Oktober müssen noch viele weitere Fragen beantwortet werden. So laufen die Vorbereitungen: StudiumAktuell plant die Fakultät nach Angaben Hornbergs den Stundenplan für die ersten 60 Studenten. Der Modellstudiengang Humanmedizin wurde bereits im Januar genehmigt. &bdquo;Der Studiengang ist interprofessionell und interdisziplinär aufgebaut, um theoretische und praktische Fächer eng miteinander zu verzahnen", erklärt Hornberg. Zudem stehe das Studium im Zeichen wissenschaftlichen Denkens und Handelns. &bdquo;Alle Studenten haben ab dem ersten Semester Patientenkontakt, denn die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten muss gelernt werden." Die Studenten werden laut Hornberg bereits kurz nach dem Studienbeginn erste Erfahrungen mit Patienten in den Fachbereichen Rheumatologie, Orthopädie und Unfallchirurgie sammeln. PersonalFür die Umsetzung arbeitet die Fakultät mit ihren inzwischen 80 Mitarbeitern laut Hornberg eng mit dem Universitätsklinikum OWL, bestehend aus dem Klinikum Lippe, dem evangelischen Klinikum Bethel und dem Klinikum Bielefeld, sowie 61 Lehrpraxen in OWL zusammen. &bdquo;Die Ausgestaltung des Studiengangs bringen wir sukzessive durch unsere Berufungen voran. Aktuell sind bereits 16 Professuren besetzt." Mit dabei sind laut Hornberg aber auch viele weitere Ärzte des Universitätsklinikums. Insgesamt seien mehr als 100 Lehrende einbezogen. RäumeMit dem Aufbau der Medizinfakultät entsteht nach Angaben Beckers ein neuer Campus in Bielefeld. &bdquo;In acht Gebäuden wird die Fakultät künftig untergebracht, die nun nach und nach entstehen." Das erste Gebäude, das ehemalige Innovationszentrum Campus Bielefeld an der Morgenbreede, werde seit dem Kauf bereits komplett von der Fakultät genutzt. &bdquo;Die ersten Professoren haben ihre Büros und Labore bezogen. Zudem werden die Studenten dort in Skills Labs die Kommunikation mit Patienten erlenen", erklärt Becker. Weitere Flächen nutze die Fakultät im 2020 erweiterten Gebäude Z. Zur Verfügung stehen 1.100 Quadratmeter. Ein zweiter Neubau an der Morgenbreede kann laut Becker ab Anfang 2022 genutzt werden. &bdquo;In dem fünfstöckigen Gebäude stehen künftig ein Bürotrakt für 120 Beschäftigte und ein Labortrakt mit 45 Laboren zur Verfügung." Die Universität baut nach Angaben Pfeiffer-Poensgens mit Genehmigung des Landes in eigener Verantwortung. &bdquo;Das war die richtige Entscheidung, denn leider haben wir in der Vergangenheit lernen müssen, dass die bestehenden Strukturen schnelle Bauvorhaben oft verhindern. Doch für so große Bauprojekte in Eigenregie muss eine Universität auch den Mut haben." Das Budget liegt laut Universität bei 465 Millionen Euro, ist kreditfinanziert und das Land bürgt.

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