Mehr schwere Unfälle mit Pedelecs und E-Scootern in NRW

Bielefeld. Auf den Straßen Nordrhein-Westfalens sind in den ersten sechs Monaten 2020 deutlich mehr Pedelec-Fahrer verunglückt als noch im Vorjahreszeitraum. Nach Angaben des Innenministeriums stieg die Zahl der Verletzten bei den Unfällen mit Elektrofahrrädern um 600 auf rund 1.600 Menschen. 14 E-Bike-Fahrer kamen dabei ums Leben. Nach Einschätzung von Ralf Collatz, Sprecher des ADAC in Ostwestfalen-Lippe, haben die Unfälle vor allem drei Ursachen: Unerfahrenheit, Selbstüberschätzung und mangelnde Einschätzung anderer Verkehrsteilnehmer. "Wir beobachten, dass häufig Ältere mit Pedelecs unterwegs sind. Darunter viele, die scheinbar lange nicht mehr Rad gefahren sind", sagt Collatz. Die körperlichen Folgen bei Stürzen von älteren Personen seien darüber hinaus gravierender, da ihre Knochen schneller brechen und Verletzungen langsamer verheilen. Zur eigenen Selbstüberschätzung komme die Unterschätzung anderer Verkehrsteilnehmer wie Autofahrer und Fußgänger hinzu, erklärt Collatz. Manche seien auf die hohe Geschwindigkeit nicht eingestellt. Bei Pedelecs sind durch Pedalunterstützung bis zu 25 Kilometer pro Stunde möglich. E-Bikes, die auch ohne Pedalunterstützung motorisiert fahren, können bis zu 45 Stundenkilometer schnell sein. 7,17 Millionen Besitzer von Pedelecs und E-Bikes Die gestiegene Zahl von Unfällen steht auch im Zusammenhang mit der gestiegenen Nachfrage an Pedelecs: Vergangenes Jahr gab es bundesweit 7,17 Millionen Besitzer von Pedelecs und E-Bikes. 2016 waren es laut einer Statista-Umfrage noch weniger als die Hälfte (3,09 Millionen). Gerade auch die Corona-Pandemie hat die Nachfrage bei Zweirädern mit Motor-Unterstützung angekurbelt. ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork appelliert deshalb an Kommunen, die Radwegenetze schnell dem gestiegenen Bedarf entsprechend auszubauen. Die "neu entfachte Begeisterung für das Rad- und Pedelecfahren darf nicht in Rekord-Unfallzahlen münden", warnt Stork. "Radfahren darf kein Risikosport sein – es muss komfortabel und sicher für Menschen aller Altersgruppen und Fitnesslevel werden." Der Ausbau der Radinfrastruktur gehe quälend langsam voran, da die Politik meist insgeheim weiter am Ideal der auto-optimierten Stadt festhalte, kritisiert der Bundesgeschäftsführer. Sieben Tote bei Unfällen mit E-Scootern Auch im Zusammenhang mit Batterie-betriebenen Rollern hat es vergangenes Jahr zahlreiche Unfälle gegeben: In den ersten neun Monaten registrierte die Polizei bundesweit 1.570 Unfälle mit den Elektrokleinstfahrzeugen. Sieben Menschen wurden dabei getötet, 269 Fahrer schwer verletzt und 1.096 erlitten leichte Verletzungen, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Allerdings sind die Zahlen nur bedingt aussagekräftig, da die Anbieter von Leihrollern ihren Betrieb pandemiebedingt zeitweise einschränkten oder aussetzten. ADAC-Sprecher Ralf Collatz weist außerdem darauf hin, dass in den öffentlichen Statistiken generell nur polizeilich aufgenommene Unfälle aufgeführt werden. "Es ist aber davon auszugehen, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist", sagt er. E-Rollern schreibt Collatz im Verkehr ein noch größeres Gefahrenpotenzial zu als Pedelecs. Die Elektrokleinstfahrzeuge, die in Deutschland seit Juni 2019 für den Straßenverkehr zugelassen sind, seien aufgrund kleiner Räder und der hohen Lenkstange "fahrphysikalisch nicht ohne", warnt er. Sicherheitsrisiko beim Abbiegen Etwa das Handzeichengeben beim Abbiegen könne für einen Kontrollverlust sorgen. "Ein verpflichtendes Blinkersystem wäre gut, um Abbiegeunfälle zu vermeiden", so Collatz. Weitere Sicherheitsrisiken seien eine fehlende Schutzausrüstung und Alkoholeinfluss. Ungeübten Nutzern von E-Scootern rät der ADAC-Sprecher dazu, sich zunächst einmal klarzumachen: Was darf ich? Dazu zähle etwa, nicht auf Bürgersteigen zu fahren. Denn rein rechtlich sind E-Roller Fahrrädern gleichgestellt. Zudem ist es verboten, die Fahrzeuge alkoholisiert zu nutzen oder gar zu zweit.

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