Ärger in NRW-SPD: Stuhl des Landeschefs wackelt

Düsseldorf. Eigentlich wollte SPD-Landeschef Sebastian Hartmann (43) nach den Stichwahlen um die Bürgermeister- und Landratsämter in die Offensive gehen. Wegen der fulminanten Siege der SPD in Hamm und Mönchengladbach und dem Durchhaltesieg in Dortmund sowie den diversen Niederlagen der CDU in mehreren Großstädten hätte es durchaus Anlass dafür gegeben. Und so beraumte Hartmann schon am Freitag vor dem entscheidenden Wahlsonntag ein Frühstück mit Journalisten für Montagmorgen danach an. Doch dann wurde Hartmann von seinen eigenen Genossen ausgebremst. Am Wahltag selbst, genauer: am Sonntagmittag, fand eine von den vier SPD-Regionalchefs initiierte Krisensitzung statt. An ihr nahmen nach Informationen dieser Redaktion neben den &bdquo;Bezirksfürsten" der Landesvorsitzende selbst, sein Rivale, der Landtagsfraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty, der aus NRW stammende SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans, der ebenfalls aus NRW stammende SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich und der Chef der NRW-Landesgruppe der Bundestagsfraktion, Achim Post, teil. "Stehe weiter zur Verfügung" Thema der Sitzung: die Zukunft des NRW-Landesverbandes, mit 101.000 Mitgliedern der größte Landesverband der SPD. Und offenbar wurde Hartmann spätestens in dieser Sitzung klar, dass sein Verbleib an der Spitze des Landesverbandes nicht mehr sicher ist. Bekanntlich wird der Landesvorstand auf dem verschobenen Parteitag, der am 14. November in Münster nachgeholt werden soll, neu gewählt. Erst auf Nachfrage sagte Hartmann am Montagmorgen, dass ihm die Arbeit als Landesvorsitzender Spaß mache und er weiter zur Verfügung stehe. Wohl gemerkt: zur Verfügung stehe. Er sagte nicht: Ich trete wieder an, ich kandidiere wieder. Eindeutiger wurde Hartmann erst, als er betonte, sein Ziel sei es, den Landesverband zu mehr Geschlossenheit zu führen. Ein Ziel, dass er bislang nicht erreicht hat, auch wenn sein ständiger Rivale, der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty (52) und er zuletzt so etwas wie einen Burgfrieden geschlossen hatten. Der galt allerdings nur bis zu den Kommunalwahlen.Da die NRW-SPD auf dem Parteitag auch ihre Satzung entsprechend der Bundessatzung der Partei dahin gehend ändert, dass auch eine Doppelspitze aus Mann und Frau möglich wird, ist das Schicksal Hartmanns unklarer denn je. Offenbar reichen die Siege in Mönchengladbach, Hamm, Dortmund und Bielefeld nicht, dass Hartmann noch seinen Kopf aus der Schlinge ziehen könnte. Zu schlecht waren das Ergebnis der Rats- und Kreistagswahlen am 13. September, zu schmerzhaft der Verlust der Spitzenämter in der Landeshauptstadt Düsseldorf, in Wuppertal, Mülheim und im Kreis Recklinghausen, als dass Hartmann die Kommunalwahlen als Befreiungsschlag nutzen konnte. Kein Showdown auf dem Landesparteitag Vieles spricht dafür, dass Präsidium und Vorstand es nicht zum Showdown auf dem Landesparteitag kommen lassen werden und vorher schon eine Klärung herbeiführen. Und manches spricht dafür, dass statt Hartmann eine Doppelspitze künftig die NRW-SPD führt. Ob Hartmanns Rivale Kutschaty Teil dieser Doppelspitze wird oder sich nur einfach allein um den Landesvorsitz bewirbt, ist unklar. Offenbar ist auch für Kutschaty eine Doppelspitze nicht unbedingt die erste Option. Immerhin macht sich die Dortmunder SPD, die mitgliederstärkste im ganzen Landesverband, wie zu hören ist, für den früheren Justizminister stark. An der Spitze der Dortmunder SPD steht Nadja Lüders, die Generalsekretärin der NRW-SPD. Und das Verhältnis zwischen Lüders und Hartmann gilt als nicht gut. Svenja Schulze als Kandidatin? Es mehren sich allerdings auch Stimmen, die beide Streithähne, Hartmann und Kutschaty, nicht für die SPD-Spitzenkandidatur 2022 geeignet halten. Spätestens hier kommt der Name der Bundesumweltministerin Svenja Schulze (51, Münster) ins Spiel. Die frühere NRW-Wissenschaftsministerin könnte als weiblicher Teil einer neuen Doppelspitze der NRW-SPD ihre eigene Spitzenkandidatur 2022 vorbereiten. Allerdings war sie als Ex-Ministerin wie Kutschaty Teil der abgewählten rot-grünen Landesregierung von Hannelore Kraft. Eine Doppelspitze aus Kutschaty und Schulze halten dennoch manche für möglich und auch für sinnvoll. Als weiblicher Teil der neuen Doppelspitze kursierte auf den Fluren des Düsseldorfer Landtages zuletzt auch der Name der Bielefelder Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar (36). Das Dementi der Bielefelderin fiel jedenfalls nicht so deutlich aus, wie es sich Hartmann gewünscht hätte, ist aus seiner Umgebung zu hören. Beim Pressefrühstück plauderte Sebastian Hartmann von seiner kleinen Tochter, die zurzeit Zähne bekommt und dass er deshalb manchmal etwas weniger Schlaf hätte. Es könnte sein, dass Hartmann bald mehr Zeit hat, sich um seine Familie und seinen zahnende Tochter zu kümmern.

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