Corona bringt unser Wetter durcheinander

Lübbecke/Offenbach. Als wenn uns das Coronavirus nicht schon genügend ausgebremst hätte - jetzt macht es uns auch noch das Wetter kaputt. Jedenfalls fast. Weil wegen der Pandemie so gut wie gar keine Flugzeuge mehr unterwegs sind, diese aber auf ihren Reisen Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Luftdruck messen, kommen bei den Meteorologen kaum noch Daten an. Die Folge: Die Vorhersagen werden deutlich ungenauer - erst recht, wenn es nicht nur um den nächsten Tag geht. Die Datenlage ist dramatisch: Im Januar und Februar, als das Coronavirus noch nicht das allbeherrschende Thema war, lieferten die Flugzeuge dem Deutschen Wetterdienst 350.000 Beobachtungen über Temperatur, Luftdruck, Windgeschwindigkeit. Jetzt sind es weniger als 50.000. Noch schlimmer ist es bei den Feuchtigkeitsmessungen, die die Lufthansa-Maschinen an den Wetterdienst in Offenbach sendeten. Das sind in Normalzeiten 2.500 Messwerte. "Jetzt sind es Null", sagt Andreas Friedrich, Sprecher des Deutschen Wetterdienstes. Denn all die Maschinen, die mit den besonderen Sensoren ausgestattet sind, sind derzeit geparkt auf dem Frankfurter Flughafen. Daten beim Start, bei der Landung und in Reiseflughöhe Nur gut, dass die Meteorologen nicht ausschließlich auf die Flieger angewiesen sind. Die Satelliten liefern weiterhin ihre Daten, es steigen mehr Wetterballons auf und die guten alten Wetterstationen funktionieren auch noch. "Aber die großen Abdeckungen gibt es eben nur mithilfe der Flugzeuge", sagt Meteorologe Friedrich Föst aus Lübbecke. Und das nicht nur auf der Reiseflughöhe. Viel wertvoller sind die Messwerte, die beim Start und im Sinkflug gesammelt werden, wenn das Flugzeug durch mehrere Luftschichten fliegt. Für die tagesaktuelle Vorhersage ist der erzwungene Verzicht auf die Flugdaten noch nicht so verheerend. Da sei die Vorhersage für die Luftschichten nur um rund 15 Prozent schlechter geworden, sagt Andreas Friedrich. Am Boden betrage die Abweichung drei Prozent. Gravierender wird es bei Tag drei und vier, erklärt sein Lübbecker Kollege Föst. "Wo Informationen fehlen, da werden Annahmen getroffen. Und die haben kleine Fehler", sagt er. Auf dem Stand von vor zehn Jahren Kleine Fehler, die sich zu größeren summieren. "Die Fehlerfortpflanzung wirkt sich in der Prognose aus." Schlimm wird es bei der Sechs-Tage-Prognose. "Da sind wir im Moment auf dem Stand, den wir vor zehn Jahren hatten." Und das betreffe alle Wetterdaten: Die Sonnenscheindauer, die Niederschläge, die Temperatur. Und auch die Sturmwetterlagen. Dass uns ein Orkan kalt erwischt, ist zwar kaum anzunehmen. "Aber in Einzelfällen könnte es Auswirkungen haben, wenn wir ein Tief nicht so gut erwischen", sagt Friedrich. Wie stark Corona die Vorhersagen durcheinanderwirbelt, werde man ohnehin erst im Nachhinein sehen. Natürlich verifiziert der Wetterdienst seine Daten im Nachhinein. Und da dürfte der Rückblick auf den April sehr aufschlussreich sein. Nicht auf die Wetter-Apps verlassen Wer sich in diesen Tagen auf die Vorhersagen der kostenlosen Wetter-Apps verlasse, der sei gleich ganz verraten und verkauft. Denn diese Apps, sagt Föst, bauen ihre Vorhersagen aus den Gratisdaten des amerikanischen Wetterdienstes. Die seien ohnehin nicht rekordverdächtig gut - mit den fehlenden Daten der Flugzeuge lägen sie gleich ganz daneben. Sein Tipp: "Nutzen Sie den Wetterbericht im Fernsehen, den ein Meteorologe erstellt hat. Die haben die Erfahrung, die können die verbliebenen Daten interpretieren." Dass eine der kostenlosen Wetter-Apps für den kommenden Samstag Regen ankündigt, nötigt Föst daher nur ein müdes Lächeln ab. "Schön wär's ja. Den Regen brauchen wir. Aber verlassen Sie sich lieber nicht darauf." DWD zu #Landwirtschaft,#Trockenheit: Die in den obersten 60cm gemittelte Bodenfeuchte ist in weiten Teilen Deutschlands deutlich geringer als zu dieser Jahreszeit üblich. In tieferen Schichten sind aus den vorangegangenen nassen Monaten noch größere Wassermengen gespeichert. /kis pic.twitter.com/RnX9uzQN99 DWD (@DWD_presse) April 14, 2020

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