Nach Sichtungen

Wie sich Wölfe in NRW verbreiten

Von den 105 deutschen Rudeln lebt keines im Bundesland. Im Jahr 2019 haben Füchse, Hunde und Raben öfter Nutztiere getötet als Wölfe. Doch im Oberbergischen Land gibt es ein neues Verdachtsgebiet.

Auch in NRW kommen vereinzelt Wölfe vor. | © Pixabay

Lothar Schmalen
04.12.2019 | 04.12.2019, 07:08

Düsseldorf. Nach den drei Wolfsgebieten in der Senne, am Niederrhein und im Bereich Eifel/Hohes Venn weist die Landesregierung jetzt erstmals auch ein Wolfsverdachtsgebiet aus, und zwar eine 902 Quadratkilometer große Fläche im Oberbergischen Land östlich von Bonn, an der Grenze zu Rheinland-Pfalz. In den drei bisherigen Wolfsgebieten ist nachgewiesen, dass sich dort ein Wolf niedergelassen hat.

Mehrere Nachweise genetischer Spuren an gerissenen Nutz- und Wildtieren im Oberbergischen Kreis und im angrenzenden Rheinland-Pfalz ließen die Anwesenheit von mindestens einem Wolf in diesem neuen Gebiet vermuten, so NRW-Umweltstaatssekretär Heinrich Bottermann. Gesichert sei sie aber noch nicht – deshalb ein „Wolfsverdachtsgebiet".

In Wolfsgebieten und umliegenden sogenannten Pufferzonen fördert das Land präventive Schutzmaßnahmen von Tierhaltern, beispielsweise elektrifizierte Schutzzäune. Diese Regelung gilt nun auch für das erste NRW-Wolfsverdachtsgebiet. Außerdem erhalten Nutztierhalter für von einem Wolf gerissene Tiere – zumeist Schafe oder Ziegen – eine Entschädigung. Nach Angaben von Bottermann hat das Land im Jahr 2019 bislang 885.000 Euro an Tierhalter ausgezahlt – als Entschädigung oder als Förderung von Schutzmaßnahmen.

Wenig Wolfsrisse im laufenden Jahr

Insgesamt allerdings wird NRW nach wie vor nur in Ausnahmefällen von Wölfen aufgesucht. In Deutschland sind Niedersachsen, Brandenburg, Schleswig-Holstein und das östliche Sachsen Hauptaufenthaltsräume für Wölfe. Von den insgesamt 105 in Deutschland registrierten Wolfsrudeln ist keines bislang in NRW aufgetaucht. Keiner der in NRW ansässigen Wölfe hat also bislang eine Familie gegründet.

Entsprechend niedrig sind auch die Fallzahlen bei den von Wölfen gerissenen Tieren. Wolfsrisse sind 2019 lediglich in 20 von 58 abgeschlossenen Fällen nachgewiesen. In den anderen Fällen haben Füchse, Hunde und manchmal sogar Raben die Tiere getötet. 24 weitere gemeldete Fälle seien zurzeit noch nicht abschließend untersucht, berichtet Thomas Delschen, Präsident der Landesanstalt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV).

Der Wolf steht unter strengem gesetzlichen Schutz. Wer einen Wolf tötet, verletzt oder einfängt, dem drohen empfindliche Strafen. Nur in klar definierten Ausnahmefällen dürfen Wolfe getötet werden. Die Ausnahmen: Wenn ein Wolf „verhaltensauffällig" wird, also sich immer wieder Menschen nähert. Oder wenn er „problematisch" wird. Das heißt, dass er mehrfach Tiere trotz Schutzvorkehrungen (1,20 Meter hoher, elektrifizierter Zaun) gerissen hat. Die Genehmigung für eine solche Tötung gab es in NRW bislang noch nicht ein einziges Mal. Bis jetzt gibt es nur zwei Fälle, in denen Wölfe zum Abschuss freigegeben wurden – einer in Schleswig-Holstein und einer in Niedersachsen.

Wolf am Niederrhein auch problematisch?

Im Januar dieses Jahres genehmigte das Kieler Landwirtschaftsministerium die Tötung eines „Problemwolfes", der mindestens fünf Mal die Schutzzäune überwunden und Tiere gerissen hatte. Er flüchtete allerdings, bevor er getötet werden konnte, nach Mecklenburg-Vorpommern. Und im niedersächsischen Landkreis Nienburg wurde ebenfalls im Januar dieses Jahres ein Wolf zum Abschuss freigegeben. Er wird bis heute gesucht, die Abschussgenehmigung immer wieder verlängert.

Auch der Wolf am Niederrhein könnte problematisch sein, ist aber bislang nicht zum Abschuss freigegeben worden. „Wir beobachten die Situation im Wolfsgebiet Schermbeck sehr genau", sagt Bottermann.

INFORMATION


Erster Wolf 1995 gesichtet

- 1995 wurde erstmals wieder ein Wolf in Deutschland gesichtet. 2000 gab es dann wieder die Sichtung eines Rudels.
- In NRW wurde der erste einzelne, durchziehende Wolf genau vor zehn Jahren gesichtet.
- Der Osten Deutschlands grenzt an eine Region, in der der Wolf nie ausstarb.
- In der DDR (bis 1989) wurden alle von Osten her einwandernden Wölfe geschossen.
- Heute ist der Wolf in ganz Deutschland gemäß der europäischen FFH-Richtlinie streng geschützt.