Eine Tanne fürs gute Gewissen: So nachhaltig können Weihnachtsbäume sein

Paderborn/Lippstadt. Fällen, schmücken, wegwerfen: In Sachen Nachhaltigkeit ist der Weihnachtsbaum, einer der liebsten Bräuche der Deutschen, eine Katastrophe. Auch der Einsatz von Pestiziden, die Zerstörung der Umwelt durch den monokulturellen Anbau und die CO2-Bilanz aus dem Ausland importierter Bäume sorgen für Kritik. Doch es gibt gute Alternativen zum herkömmlichen Angebot – auch in OWL. Grundsätzlich ist natürlich klar: Wer an Heiligabend einen klassischen Baum im Wohnzimmer stehen haben möchte, muss das Ding am Ende wegwerfen. Doch trotzdem gibt es ein paar Stellschrauben, an denen man in Sachen Nachhaltigkeit und Ökobilanz drehen kann: Zum Beispiel beim Naturschutz, weiß Bernhard Henneken. Auf rund 200 Hektar Land in Lippstadt und im Sauerland betreibt er ökologischen Weihnachtsbaum-Anbau, verkauft auch an Standorten in Bielefeld, Lippe und Gütersloh. Seine Produkte tragen das Bioland–Gütezeichen. Das bedeutet: umweltverträglicher Anbau, Einhaltung ökologischer Standards, Verzicht auf Breitband-Pflanzenschutzmittel und nachhaltige Aufzucht. &bdquo;Damit brauchen die Bäume gut zwei Jahre länger, bis sie groß sind, und sehen alle unterschiedlich aus", sagt Hennecke. &bdquo;Das ist eben Natur." Öko nicht viel teurer als herkömmlich Außerdem ist der Forstwirt gerade dabei, in Sachen Verpackungsnetze komplett von Kunststoff auf Baumwolle umzustellen. Und er arbeitet mit Imkern zusammen, die ihre Kästen in seinen Schonungen aufstellen. Das kommt gut an bei den bewussten Kunden. &bdquo;Die Nachfrage ist enorm gestiegen, verdoppelt sich jedes Jahr. Wir müssen bereits Absagen erteilen." Sehr viel tiefer als für herkömmliche Bäume müssen Kunden nicht in die Tasche greifen: Eine ökologische Nordmanntanne von 1,50 bis 1,75 Meter Höhe kostet in diesem Jahr 40 Euro. Ein Trend, der auf dem Vormarsch ist, aber immer noch überschaubar: Nach einer Erhebung der Umweltschutzorganisation Robin Wood liegt der Anteil verkaufter Ökobäume bei unter 0,5 Prozent. Mieten im Topf Doch auch ein ökologisch angebauter Weihnachtsbaum endet als Biomüll, wenn er gefällt wird. Deshalb verkauft oder vermietet der Paderborner Landwirt Martin Horstschäfer, neben dem klassischen Weihnachtsbaumangebot, in seinem Unternehmen &bdquo;Paderbäumchen" seit 2015 auch lebende Bäume im Topf. Sie werden spätestens bis zum 15. Dezember angeliefert und – im Fall der Mietvariante – in der ersten Januarwoche wieder abgeholt. Für dieses Jahr sind bereits alle Exemplare vorbestellt. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehrere Anbieter dieser Art – allerdings auch viel Kritik an der Methode. Zum einen ist der Mietbaum die mit Abstand teuerste Variante: Beim Paderbäumchen zum Beispiel zahlen Kunden für Miete, Anlieferung und Abholung im Paderborner Raum 75 Euro, in NRW 90 Euro und bundesweit 120 Euro. Damit ist der zweite Kritikpunkt schon genannt: weite Anfahrtswege. &bdquo;Sich lebende Bäume per Spedition durch ganz Deutschland nach Hause zu bestellen, ist in Sachen CO2 auch nicht nachhaltig", sagt Saskia Blümel. Sie ist Geschäftsführerin des Bundesverbands der Weihnachtsbaumerzeuger und des Verbands Natürlicher Weihnachtsbaum. &bdquo;Grundsätzlich ist ja in der ganzen Debatte schon viel damit geholfen, wenn sich jeder seinen Baum beim regionalen Händler holt." 90 Prozent wachsen nicht wieder an Dritter Kritikpunkt an den Mietbäumen: die Überlebensfähigkeit. &bdquo;Grundsätzlich gilt für Nordmanntannen: Die Wurzel ist genauso lang wie der Baum. Für den Topf muss die also abgeschnitten werden. Damit kappt man aber die Hauptlebensader." Das sieht auch Bernhard Henneken so. Hinzu kommt in seinen Augen noch der ständige Temperaturwechsel: Der Baum kommt aus der Kälte, die er in einer Art Winterstarre übersteht, ins warme Wohnzimmer und wird dann im Januar wieder in die Kälte gestellt. &bdquo;90 Prozent dieser Bäume wachsen nicht wieder an." Auch Martin Horstschäfer kennt diese Probleme. &bdquo;Im ersten Jahr sind uns drei Viertel der Bäume eingegangen." Mittlerweile hat er experimentiert und gute Wege gefunden: zum einen vermietet er nur Bäume, die bereits im Topf groß geworden sind, so dass sich eine lange Wurzel gar nicht erst bildet. Sie werden auch gar nicht wieder eingepflanzt, sondern bleiben im Topf. Und bei dem Kälte-Wärme-Problem kommt es seiner Erfahrung nach auf die Dauer an: &bdquo;So ein Baum erwacht erst nach 14 Tagen aus der Winterstarre." Horstschäfer empfiehlt seinen Kunden deshalb, den Baum maximal sieben Tage im warmen Wohnzimmer stehen zu lassen und ihn dann bis zur Abholung auf den Balkon oder in die Garage zu stellen.

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