Kamen. Mit mehr als 1.200 Besuchern platzte die viel zu kleine Kamener Stadthalle aus allen Nähten. Riesengroß war das Interesse bei der ersten von drei Regionalkonferenzen in Nordrhein-Westfalen, die 14 Bewerber um den Parteivorsitz live zu erleben. Und die sieben Bewerberpaare waren erstmals nach den Lücken zuletzt bei den Regionalkonferenzen komplett erschienen, wohl wissend, dass sie mit dieser 18. Regionalkonferenz nun beim mitgliederstärksten Landesverband der SPD angekommen sind. Hier fällt möglicherweise auch bei der Mitgliederbefragung vom 14. bis 25. Oktober die Entscheidung.
Den stärksten Auftritt hatten in Kamen zwei Außenseiter, die Politik-Professorin Gesine Schwan und der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner. Vor allem der Mann aus Schleswig-Holstein, sicher der beste Rhetoriker unter allen 14 Bewerbern, wurde häufig bejubelt. Lautstarken Beifall erhielten aber auch die vom NRW-Landesvorstand nominierten Bewerber Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken aus Baden-Württemberg. Vor allem der ehemalige NRW-Finanzminister wurde gefeiert: "Nowabo war der beste Finanzminister aller Zeiten. Wir lieben dich", sagte eine Teilnehmerin.
Gegen die schwarze Null, gegen die GroKo
Bei zwei Themen gab es immer wieder stärksten Beifall: Wenn es gegen die schwarze Null in der Hauhaltspolitik ging und wenn es gegen die Beteiligung der SPD an der Großen Koalition ging. Am deutlichsten gegen die Groko sprachen sich die Paare Karl Lauterbach/Nina Scheer und Norbert Walter-Borjans/Saskia Esken aus. Karl Lauterbach: "Wenn Ihr uns wählt, ist das der Todesstoß für die Große Koalition."
Vor allem Finanzminister Olaf Scholz musste sich Sticheleien von verschiedenen Seiten gefallen lassen. Gesine Schwan forderte eine unabhängige SPD. „Daher kann die Partei nicht von Personen geführt werden, die im Kabinett sind", sagte Schwan. Mehrere Kandidaten wie Norbert Walter-Borjans sprachen sich gegen den von Scholz propagierten ausgeglichenen Bundeshalt aus. „Wir dürfen uns an der Schwarzen Null nicht strangulieren", sagte der ehemalige NRW-Finanzminister.
"Überraschungsgast" der Regionalkonferenz war der nordrhein-westfälische DGB-Vorsitzende Anja Weber. Sie fragte die Kandidaten nach arbeitsplatz- und industriepolitischen Vorstellungen. Ob die Linken Hilde Mattheis und Dierk Hirschel, ob Boris Pistorius und Petra Köpping oder Christina Kampmann und Michael Roth - Konsens unter allen Bewerberpaaren war, die schwindende Tarifbindung in den Unternehmen zu bekämpfen.