100 Jahre AWO

Mehrgenerationenhaus "Leo" in Paderborn: Eine besondere Hausgemeinschaft

Alter und Pflege: In Paderborn leben mehrere Generationen in einem Haus und die Senioren mittendrin in einer lebendigen Nachbarschaft.

Ansprechpartner: Quartiersmanager Yannis Krone und Einrichtungsleiterin Jeanette Kulik-Grabosch freuen sich über jeden Besucher. | © Julia Fahl

Julia Fahl
10.07.2019 | 10.07.2019, 12:46

Paderborn. Ein ruhiges Plätzchen hat Ferdinand von Lekow schnell gefunden. Dazu eine Tasse Kaffee und die aktuelle Ausgabe des Spiegel – für den 81-Jährigen ist der Start in einen unterhaltsamen Nachmittag perfekt. Erst widmet er sich in Ruhe den Nachrichten, danach lernt er, wie er E-Mails auf Französisch verfasst.

Das alles in seinem zweiten Wohnzimmer, dem AWO-Mehrgenerationenhaus „Leo" mitten in der Paderborner Südstadt. Es ist ein Ort der Begegnungen, ein Treffpunkt für Jung und Alt – für alle, die im Quartier leben, aber nicht nur. Jeder darf sich willkommen fühlen. Gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend organisiert das „Leo"-Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen viele verschiedene niedrigschwellige Angebote, in denen Generationen und Kulturen sich treffen, sich austauschen und voneinander lernen.

Computer- und Sprachkurse, Krabbel- und Handarbeitsgruppen, Skat- und Singkreise, Tagesausflüge, frühkindliche Musikerziehung oder Sitzgymnastik für Senioren: „ein Angebot wie in einem Gemischtwarenladen", sagt Jeanette Kulik-Grabosch und lächelt. „Das macht unser Haus so besonders. Es hat eine Leuchtturmfunktion."

50 Helfer füllen das Haus mit Leben

Jeanette Kulik-Grabosch leitet das Mehrgenerationenhaus und koordiniert die Ehrenamtler. Davon gibt es eine Menge, „ohne die es nicht ginge". Etwa 50 Helfer sorgen dafür, dass das Haus mit Leben gefüllt wird und übernehmen soziale Verantwortung. Hinzu kommen in diesem Jahr noch einmal 240 Sprachpaten. Jeder bringt sich so ein, wie er es zeitlich schafft, gibt nur so viel, wie er möchte. „Wir sind für alle Formen des Ehrenamts offen."

Offenheit, neue Konzepte auszuprobieren – das macht das „Leo" aus. Hier werden Ideen mit und für Menschen entwickelt. Und das immer „in Pantoffelnähe", wie Kulik-Grabosch sagt. Denn die älteren Menschen aus der Nachbarschaft sollen so lange wie möglich zuhause wohnen bleiben können. Da ist es wichtig, dass das „Leo" nah bei ihnen ist. „Wir geben ihnen eine Tagesstruktur, hier werden sie gebraucht und wertgeschätzt." Gleichzeitig hilft das Mehrgenerationenhaus mit Tipps, Beratung und Service. „Unseren Stammgästen liefern wir das Essen sogar nach Hause."

Die Küchenmannschaft zaubert

Die Küchenmannschaft zaubert jeden Mittag ein anderes Gericht: Leckeres wie Hähnchenbrust mit Mozzarella und Tomate, gebratenes Schollenfilet oder die Spargelcremesuppe mit Baguette und Kräuterbutter an diesem Donnerstag kommen dann auf den Tisch. Vor neun Jahren hat auch Ferdinand von Lekow das erste Mal im „Leo" zu Mittag gegessen. Seitdem ist er hängen geblieben, wie er sagt, genießt besonders gerne die freitäglichen Fischgerichte. Und auch den Käsekuchen könne er sehr empfehlen.

Erst hat der 81-Jährige in einem der Sprachkurse Polnisch gelernt, „das wurde mir dann aber zu schwierig". Also stieg der Paderborner, der schon Gasthörer an der heimischen Uni war und bereits ein Seniorenstudium in Horn-Bad Meinberg abgeschlossen hat, auf Französisch um. Seit vier Jahren schon paukt er nun Vokabeln und Grammatik.

„Hier wird richtig etwas geboten", lobt von Lekow das „Leo"-Team. „Ich fühle mich sehr wohl. Alle sind so freundlich." Der Senior schätzt es, regelmäßig auf bekannte Gesichter zu treffen. Am liebsten hält er einen Plausch mit einem pensionierten Englischlehrer, der mit ihm gemeinsam den Sprachkursus besucht.

"Wir fühlen uns hier sehr wohl"

Geplaudert wird auch eine Etage höher beim Handarbeiten. Immer donnerstagnachmittags treffen sich dort Frauen zum Stricken, Häkeln und Sticken in Gesellschaft. Verkauft werden Jäckchen, Socken und Topflappen dann auf dem Adventsbasar. Während die Stricknadeln klappern, werden alle Neuigkeiten aus der Nachbarschaft ausgetauscht. Und geht der Gesprächsstoff doch mal aus, liefern die Illustrierten neuen. „Ein Termin, auf den ich mich jede Woche wieder freue", sagt eine der Damen. „Wir fühlen uns hier sehr wohl."

Das Mehrgenerationenhaus an der Leostraße 45, in Paderborn ist in der Regel von Montag bis Freitag, jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet.