Kurioser Rechtsstreit

Darf „Likör ohne Ei“ den Namen behalten? Urteil im kuriosen Streit um veganen Likör

Jüngst ging am Landesgericht Kiel ein kurioser Streit zwischen dem Schutzverband der Spirituosen-Industrie und einem kleinen Hersteller zu Ende. Im Mittelpunkt stand ein veganer Likör.

Im Kieler Landgericht ging es jüngst um die Frage, ob Likör, der kein Eierlikör ist, mit der Bezeichnung Ei benannt werden darf. | © Frank Molter/dpa

Dana Thoeren
28.10.2025 | 28.10.2025, 16:10

Der Namensstreit um vegane Ersatzprodukte geht weiter: Während es schon beim Fleisch um die Wurst ging, blieb in diesem Jahr auch das Ei nicht verschont – zumindest in einem Gerichtsprozess vor dem Landgericht Kiel. Denn dort ging es bei einem Streit zwischen dem Schutzverband der Spirituosen-Industrie und einem kleinen Produzenten aus Schleswig-Holstein um die Frage: Darf ein Likör, der kein Ei enthält „Likör ohne Ei“ heißen?

Was ist Eierlikör?

Bei Eierlikör handelt es sich um einen geschützten Begriff. Auf der Website des Schutzverbands der Spirituosen-Industrie heißt es: „Nach der Spirituosen-Grund-Verordnung [...] ist Eierlikör eine Zubereitung aus Alkohol, Eigelb, Eiweiß und Zucker oder Honig.“ Ebenfalls geregelt sind die Anteile an Eigelb und Alkohol sowie Zucker oder Honig. Eierlikör muss demnach Ei enthalten.

Was ist Likör ohne Ei?

Bei dem Likör des Herstellers Warlich Rum mit Sitz in Henstedt-Ulzburg handelt es sich um eine vegane Alternative zum traditionellen Eierlikör – die demnach kein Ei enthält. „Weil es Leute gibt, die Eierlikör mögen, aber keinen Bock auf Eier haben oder keine Eier vertragen“, erzählt Ole Wittmann, Geschäftsführer der Nachlass Warlich GmbH und Gründer der Marke Warlich Rum in den sozialen Medien, wo er Videos zur Klage postete.

Lesen Sie auch: „Steak“, „Schnitzel“ & Co.: Frankreich verbietet 21 Wörter für vegetarische Fleischersatzprodukte

Unternehmer Ole Wittmann (r) und sein Rechtsanwalt Peter Weiler stehen im Landgericht. Der Schutzverband der Spirituosen-Industrie hatte Wittmann verklagt. - © Frank Molter/dpa
Unternehmer Ole Wittmann (r) und sein Rechtsanwalt Peter Weiler stehen im Landgericht. Der Schutzverband der Spirituosen-Industrie hatte Wittmann verklagt. | © Frank Molter/dpa

Worum ging es in der Klage?

Der Schutzverband der Spirituosen-Industrie argumentierte, dass die Bezeichnung „Likör ohne Ei“ eine gedankliche Verbindung zu Eierlikör herstellt, die so aber nicht erlaubt sei. Vertreten wird der Verband von William Verpoorten, der selbst Chef einer bekannten Eierlikör-Firma ist.

In einem Fernsehauftritt im Satiremagazin Extra 3 erklärt Christofer Eggers, Anwalt des Schutzverbands, die Sichtweise der Kläger näher: „Wir beanstanden jede Bezugnahme auf die geschützte Bezeichnung Eierlikör und auch auf die Bezugnahme auf die Mitverwendung von Eiern, die nicht stattfindet. Das ist nach den geltenden Regeln so nicht erlaubt.“ Weiterhin erklärt er: „Die ganz korrekte Version wäre wahrscheinlich ’veganer Sojalikör mit Farbstoffen und Verdickungsmitteln auf Basis von Rum’“.

Laut Wittmann sei neben dem Namen auch der auf der Flasche abgebildete Hahn ein Problem.

Vegetarisch oder vegan essen: Wo das in OWL möglich ist

Das sagt der Angeklagte

Wittmann wehrte sich gegen die Klage: „Weil ich glaube, dass niemand, der ‚Likör ohne Ei‘ liest, davon ausgeht, dass Eierlikör drin ist“, sagte er in den sozialen Medien. „Und weil ich glaube, dass die Menschen wissen, dass ein Hahn keine Eier legt.“ In einem Interview mit dem NDR beschrieb er weiterhin: „Wir sagen: Es ist ein Likör ohne Ei. Wir sagen nicht: Es ist ein Eierlikör ohne Ei.“

Sonderedition des „Likör ohne Ei“

Um den Prozess zu finanzieren, hatte Wittmann im April eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Dafür verkaufte er eine Sonderedition seines veganen Likörs: Das „I“ in „Ei“ ist auf diesen Flaschen von einer Hahnenfeder verdeckt. So wurde das Produkt zu „Likör ohne E“. Und auch spezielle „Supporter Editions“ von anderen Produkten verkaufte er.

Ob das Likör seinen Namen behalten darf oder nicht hat nun das Landesgericht Kiel entschieden. - © Christian Charisius/dpa
Ob das Likör seinen Namen behalten darf oder nicht hat nun das Landesgericht Kiel entschieden. | © Christian Charisius/dpa

Wer hat den Prozess um den „Likör ohne Ei“ gewonnen?

Wie ging die Gerichtsverhandlung rund um den Eierlosen Likör also nun aus? Das Landgericht Kiel entschied: Ja, das alkoholische Getränk darf „Likör ohne Ei“ heißen. Die Kammer habe den Antrag für unbegründet gehalten, sagte Markus Richter, Sprecher des Landgerichts, nach der Verkündung. Die Kammer halte die Formulierung für unproblematisch – europarechtliche Verbraucherschutzvorschriften stünden ihm nicht entgegen. „Weil es eben nicht Eierlikör ist“, sagte der Richter – sondern gerade eine Abgrenzung gegenüber dem Begriff Eierlikör.

Vegan in Bielefeld: Hier gibt’s die beliebtesten Restaurants

Das beklagte Unternehmen muss jedoch 5.000 Euro an den Kläger zahlen, weil es zu einem Detail des Streits eine Unterlassungserklärung abgegeben und dagegen verstoßen hatte.

Gab es schon ähnliche Fälle?

Immer wieder gibt es Auseinandersetzungen rund um Verbraucherschutzfragen und Markenrechte. Erst kürzlich sprach sich das Europaparlament für ein Verbot von Bezeichnungen wie „Tofu-Wurst“ oder „Veggie-Burger“ aus.

Veganes Fleisch: Darf ein Schnitzel aus Soja sein?

In einem anderen Gerichtsprozess rund um den Eierlikör entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass der Werbeauftritt des Herstellers Nordik mit “Ei, Ei, Ei, Ei, Ei” eben nicht zu nah an der eingetragenen Wortmarke “Eieiei” und dem berühmten Slogan “Eieiei Verpoorten” des Klägers Verpoorten sei. Das Gericht entschied: Es könne einem Eierlikörhersteller nicht untersagt werden, auf den Grundstoff Ei hinzuweisen.

Im letzten Jahr kam das Landgericht Hamburg nach Klage des Schutzverbandes der Spirituosen-Industrie außerdem zu dem Urteil, dass verschiedene Begriffe, darunter „kein Eierlikör“, und „vegane Alternative zu Eierlikör“ unzulässige Anspielungen auf den Eierlikör darstellen. Laut Schutzverband habe das Landgericht Hamburg zudem entschieden, dass die Bezeichnung „Likör ohne Eier“ – anders als im aktuellen Fall – ebenfalls unzulässig sei. Der Verband schreibt auf seiner Website: „Die Bezeichnung „Likör ohne Eier“ betont das Nichtvorhandensein einer Zutat, wofür es auch nach Auffassung des Hamburger Gerichts keinen sachlichen Grund gibt. Der einzige Grund hierfür ist die Bezugnahme auf die geschützte Spirituosenkategorie [...].“