
Bielefeld. Politiker, Wirtschaftsvertreter und Prominente sind bei der 70. Katag-Cheftagung per Du. Rund um Stehtische verteilt unterhalten sich mit Kaffee oder Matcha in der Hand Gäste wie Christian Lindner, Unternehmerin und Fernsehpersönlichkeit Claudia Obert und Fußballtrainer Sandro Wagner mit den ostwestfälischen Besuchern wie Jan-Erik Weinekötter (Handelsverband OWL), Eduard R. Dörrenberg (Dr. Wolff) und Wiebke Esdar (SPD-Bundestagsfraktion). Es geht um das Geschäft, die anstehende Feier am Abend und die Pokalniederlage der Arminen vom Wochenende.
Die seit Jahren stagnierende Wirtschaft, die zunehmende Zahl der Insolvenzen – zuletzt war mit Gerry Weber auch die Modebranche der Region betroffen – oder die schwache Kauflaune trüben den Tag ebenso wenig wie die sich verdunkelnden Wolken über dem Glasdach des Raumes. Schlechte Laune kommt bei Erdbeeren mit Sahne, Eis und Selfiemöglichkeiten mit TV-Moderatorin Palina Rojinski nicht auf.
Der Bielefelder Mode-Dienstleister Katag AG hat an diesem Dienstag in die Bielefelder Unternehmenszentrale eingeladen. „Gute Laune hilft uns“, sagt der Vorstandsvorsitzende Daniel Terberger in seiner Auftaktrede. „Am Ende ist doch alles gar nicht so schlecht.“
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Zweistelliges Wachstum geplant
Der Mittelstand sei nah am Kunden und habe darum jetzt die Chance, in Lücken zu rutschen. Das sei aber mit Arbeit verbunden. Die Zeit der „Cosiness“ sei „over“, sagt er. Kein Wunder also, dass die anwesenden Gäste aus den Chefetagen die Nachricht, dass die Gewerkschaften aktuell keine Vier-Tage-Woche mehr fordern, durch einen Zwischenapplaus begrüßen.
„Wir planen in den kommenden fünf Jahren ein zweistelliges Wachstum“, sagt Terberger. „Ich glaube an den Aufschwung in den nächsten 18 Monaten.“
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Wladimir Klitschkos Rede erhält Standing Ovations
Was die Lage tatsächlich einordne – in einem Land des Wohlstandes und der Sicherheit – sei der Besuch von Wladimir Klitschko. Offiziell als Botschafter einer bekannten deutschen Modemarke auf der Bühne geladen, berichtet der Ex-Boxweltmeister von der aktuellen Lage in seinem Heimatland, der Ukraine. An der Front sei eine Kriegsmüdigkeit zu bemerken. Aber man habe keine andere Wahl, als durchzuhalten. „Wir haben uns für den Kampf entschieden“, sagt der Bruder des Kiewer Bürgermeisters. „Jeden Tag wird Kiew bombardiert. Jeden Tag müssen wir Leute beruhigen.“
Er habe im Sport das „Spiel der Gegensätze“ gelernt. „Je mehr Druck da ist, desto ruhiger werde ich“, sagt er auf die Frage, woher er seine Kraft nimmt. Als er davon berichtet, dass er durch den Krieg und die vielen Toten, die er regelmäßig sehen muss, gelernt hat, dass jeder Tag ein Geschenk ist, wird er dann auch kurz ruhig. Das Publikum belohnt so viel Einsatz und Offenheit mit Standing Ovations.

Christian Lindner und Dorothee Bär sehen Chancen für die Wirtschaft
„In der Ukraine wird auch unsere Freiheit verteidigt“, sagt Christian Lindner. Er wurde noch als Bundesfinanzminister zu der Veranstaltung eingeladen und nimmt es mit Humor. Auch er sieht die aktuellen Herausforderungen des Marktes als Chance. „Man bekommt nicht oft die Möglichkeit, bei der Entstehung neuer Handelsketten mitzuwirken“, sagt er mit Blick auf die noch nicht genauer definierten Zölle gegen die EU, verhängt von US-Präsident Donald Trump.
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Auch Dorothee Bär wurde noch in anderer Funktion nach Bielefeld eingeladen. Seit Anfang des Monats ist sie Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Sie sei im Laufe der Jahre in verschiedenen Funktionen bei der Katag gewesen. „Katag ist der lebende Beweis, dass wir ein Flächenland sind und in der Fläche die Power der Wirtschaft haben.“ Ihr Ziel sei es, dass Deutschland wirtschaftlich frei und weltoffen bleibe. „Wir müssen die Besten der Besten zu uns holen und das fängt im Kleinen an“, sagt sie. In einer Stadt, die einen zweiten Platz fast mehr gefeiert habe als so mancher Sieger seiner Platzierung, sieht sie die dafür notwendige Begeisterung.
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