Politik-Schelte mit Humor bei der „Cheftagung“ in Bielefeld

Bielefeld. Die Mode-Einzelhändler wechseln in dieser Zeit vom Krisenmodus in eine Aufbruchsstimmung mit Galgenhumor: Eine entsprechend bunte Tonlage herrschte bei der Cheftagung, zu der der Modedienstleister Katag AG in die Bielefelder Unternehmenszentrale eingeladen hatte. Moderatorin Barbara Schöneberger brachte die Lage gleich zum Auftakt auf einen kabarettistischen Nenner: Deutschland habe ein Bildungssystem wie Burkina Faso, das Land habe die meisten Fax-Geräte weltweit, sei aber immerhin Weltmeister in der Produktion von Bürokratie. Eine kritische Einschätzung der Wirtschaftslage vermittelte dann auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst als Gast der Cheftagung. Allein 2023 seien 94 Milliarden Euro an Investitionsmitteln aus Deutschland abgeflossen, so Wüst, &bdquo;eigentlich sollten hier jetzt die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen, aber das passiert gerade nicht“. Im Gegenteil, Deutschland sei das einzige Industrieland derzeit, das schrumpft. Der aus Rhede im westlichen Westfalen stammende Regierungschef (CDU) diagnostizierte ein Standortproblem, von dem auch der Einzelhandel und speziell die Modebranche betroffen seien. Wüst mahnte, dass Deutschland Wirtschaftswachstum ebenso wie Wohlstand brauche, nicht zuletzt, um soziale Sicherheit und demokratische Stabilität zu erhalten, und &bdquo;damit der Staat funktioniert“. Um die gegenwärtige Problemlage zu überwinden, sei mehr Verlässlichkeit der Politik nötig – etwa im Bereich der für die NRW-Industrie besonders wichtigen Energiepolitik. Zweitens müsse den Bürgern mehr Vertrauen entgegengebracht werden, damit Bürokratie abgebaut werden kann, denn aus mangelndem Vertrauen &bdquo;ergeben sich Berichtspflichten, Checklisten und immer mehr Regulierung“. Mit den richtigen Maßnahmen und einer Portion Offenheit erwachse drittens eine gesteigerte Lust auf Innovationen, von Entwicklungen in der Künstlichen Intelligenz bis hin zum autonomen Fahren. &bdquo;Die besten Klamotten hatten wir von Armani“ Wüst zeigte sich zuversichtlich, und in einer Branche hat sich sein Bundesland ja auch wieder an die Spitze gesetzt: Im Fußball sind im Jahr 2024 in Deutschland zwei NRW-Vereine tonangebend. Bayer Leverkusen ist frisch gebackener Deutscher Meister, Borussia Dortmund hat im Finale gegen Real Madrid nur knapp den Sieg in der Champions-League verpasst. Mit dem aus Lippstadt stammenden Karl-Heinz Rummenigge (&bdquo;ich hatte dort eine schöne Zeit und gute Jugend“) kam dann die Optimalbesetzung auf die Katag-Bühne, um die Entwicklung einzuordnen. Der Europameister des Jahres 1980 (als Spieler) und zweimalige Champions-League-Sieger (als langjähriger Vorstandschef des FC Bayern) verriet den erstaunten Modeunternehmern salopp, wie er in den 80er Jahren als Stürmer bei Inter Mailand eingekleidet wurde: &bdquo;Die besten Klamotten hatten wir von Armani.“ Bei den Dortmundern habe er gegen Madrid nicht so sehr mitgefiebert, räumte er ein, denn die seien jahrelang doch der größte Konkurrent der Bayern gewesen. Der Nationalelf aber drückt er jetzt bei der Europameisterschaft nach der jahrelangen Durststrecke die Daumen, &bdquo;ein Erfolg wäre jetzt schön“. Freundliche Worte hatte er auch für die Arminia nach Bielefeld mitgebracht (&bdquo;die gehören mindestens in die zweite Liga“). Und Respekt zeigte er am Rande der Veranstaltung auch für Bayer Leverkusen: &bdquo;Es ist zu befürchten, dass die zumindest kurzfristig jetzt nicht schwächeln“, sagte Rummenigge schmunzelnd. Der wichtigste Mann sitze mit Xabi Alonso als Trainer auf der Bank, aber der gesamte Club habe einen guten Job gemacht. Leverkusens Vereins-Ikone Rudi Völler, einst Rummenigges Teamkamerad im Sturm der Nationalelf, dürfte sich darüber freuen.

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