Unternehmensnachfolge

Mehrfach ausgezeichnet: Nachhaltige Tischlerei im Kreis Höxter sucht neuen Chef

Tischler Josef Fuhrmann aus Marienmünster zeigt, wie Umweltbewusstsein und Handwerk Hand in Hand gehen. Allerdings könnte sein Konzept bald enden.

Die Tischlerei Fuhrmann aus Marienmünster wurde 2022 mit dem Zukunftspreis „Nachhaltige Produkte/Dienstleistungen“ der Stiftung Zukunft Handwerk Ostwestfalen-Lippe ausgezeichnet. Tischlermeister Josef Fuhrmann zeigte Kammerpräsident Peter Eul damals seinen Betrieb. | © Archiv: Madita Schellenberg

Jemima Wittig
01.05.2025 | 05.06.2025, 16:21

Marienmünster. Am Anfang wurde er belächelt. Aber: „Ich wollte schon immer verantwortungsvoll mit der Umwelt umgehen“, sagt Josef Fuhrmann. Darum hat er 1989 seine Möbeltischlerei in Löwendorf, einem Ortsteil von Marienmünster im Kreis Höxter, gegründet und von Anfang an auf die umweltgerechte Verarbeitung der Produkte gesetzt. Dafür verarbeitet er zum Beispiel hauptsächlich heimische Hölzer aus den Wäldern der Region und verzichtet auf Schadstoffe. „Damals gab es kaum Vorbilder“, erinnert er sich. „Der Kundenkreis war besonders, das Design auch. Das ist heute anders.“

Nicht nur bei den Kunden, auch bei den Bewerbern auf freie Stellen in seinem Unternehmen kam und kommt das Konzept gut an. „Wir mussten immer mehr Bewerbern absagen, als wir einstellen konnten.“

Auf die Ausbildung hätten sich mehr Frauen beworben. „Vielleicht sind junge Frauen interessierter an Nachhaltigkeit und hochwertigem Möbelbau“, spekuliert er. Bei den 20 jungen Menschen, die er in der Zeit in seinem Betrieb hatte, hätte man gemerkt, dass sie den Job auch wirklich machen wollten.

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Nachhaltigkeitskampagne für Handwerksberufe in NRW gestartet

Die Handwerkskammern aus NRW und der Westdeutsche Handwerkskammertag haben gerade eine Nachhaltigkeitskampagne gestartet, um junge Menschen für eine Ausbildung in einem nachhaltigen Handwerksberuf zu begeistern. Laut der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld engagieren sich mehr als 700.000 Auszubildende, Gesellinnen und Gesellen, Meisterinnen und Meister in fast 100.000 Handwerksbetrieben in Nordrhein-Westfalen für den Klimaschutz.

„Das Handwerk bietet nicht nur sinnstiftende, sondern auch zukunftssichere Jobs. Handwerkerinnen und Handwerker sind gefragt wie nie und haben hervorragende Verdienst- und Weiterbildungsmöglichkeiten“, sagt Hauptgeschäftsführer Jens Prager. Eine Ausbildung sei der Einstieg in eine handwerkliche Karriere, die zum Beispiel innerhalb kürzester Zeit zu einer Gründung oder Übernahme eines Betriebs und damit direkt auf den Chefsessel führen kann.

Tischlerei im Kreis Höxter sucht Nachfolger für Chefsessel

Der Chefsessel ist bei Josef Fuhrmann tatsächlich gerade zu haben. Er würde gerne in Rente gehen, hat aber noch keinen Nachfolger gefunden. Darum starten bei ihm in diesem Sommer auch keine neuen Auszubildenden. „Ich wäre 68 Jahre alt, bis die fertig sind“, erklärt er. Seine beiden Gesellen wollen die Verantwortung nicht tragen. „Dabei bietet die Position so viel“, sagt Fuhrmann. „Auch als Chef packt man noch selber handwerklich an.“ Sein Wohnhaus und der Betrieb sind auf einem Gelände, darum hofft er, dass er noch einen Nachfolger findet, bei dem „die Chemie passt“.

Der Betrieb wurde im Jahr 1998 mit dem Landesumweltpreis NRW ausgezeichnet und zuletzt 2022 mit dem „Zukunftspreis Handwerk OWL“. „Die Auszeichnungen zeigen, dass es noch nicht normal ist, nachhaltig zu arbeiten“, sagt Fuhrmann.

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Politische Unsicherheit bremst nachhaltige Transformation aus

Dass die Dynamik in Bezug auf Nachhaltigkeit gerade sogar ins Stocken gerät, zeigt eine aktuelle Erhebung der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung. Das Ergebnis des Sustainability Transformation Monitors 2025, einer Befragung von knapp 600 Nachhaltigkeitsverantwortlichen der deutschen Wirtschaft, ist demnach, dass die Politik nicht für stabile Rahmenbedingungen sorgt und 71,4 Prozent der Befragten haben laut einer Mitteilung des Unternehmens angegeben, dass dieses Thema das Engagement für mehr Nachhaltigkeit ausbremst. Zudem verliere Nachhaltigkeit seine Bedeutung bei Finanzentscheidungen. Allerdings haben viele Unternehmen eine Nachhaltigkeitsabteilung und mehr Betriebe kennen ihren eigenen CO?-Abdruck.

Ein wichtiger Treiber seien die Jugend und zukünftige Mitarbeitende. „Es ist ein wichtiges Signal, dass die Verantwortlichen nicht allein durch Regulatorik, sondern auch weiterhin durch andere Faktoren - wie die nachfolgenden Generationen und die Erwartungen zukünftiger Mitarbeiterinnen - angetrieben werden“, wird Incken Wentorp, Nachhaltigkeitsexpertin der Peer School for Sustainable Development, in der Mitteilung zitiert.

Wenn Josef Fuhrmann für seine Tischlerei also noch eine Nachfolge findet, stehen zumindest laut der Erhebung die Chancen nicht schlecht, dass sein nachhaltiger Gedanke in dem Unternehmen erhalten bleibt.

INFORMATION


Unternehmensnachfolge

Das Thema Betriebsnachfolge treibt die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region um. Mit dem Erreichen des Ruhestands der geburtenstarken Jahrgänge steht die Übergabe in zahlreichen industriellen, handwerklichen und auch landwirtschaftlichen Betrieben in den kommenden Jahren bevor. Noch immer ist die Nachfolge innerhalb der eigenen Familie die beliebteste der Übergabevariante, doch immer öfter fehlt ein Nachfolger in den eigenen Reihen.

Vor diesem Hintergrund berichten wir in dieser Zeitung in loser Reihenfolge über alternative Übergabemodelle abseits der klassischen Senior-Junior-Übergabe - oder eben auch über das Fehlen eines Nachfolgers.