Versteckte Preiserhöhungen

Verbraucherzentrale warnt vor „Skimpflation“ – und deckt aktuelle Fälle auf

Die Hersteller verändern heimlich die Rezepturen ihrer Lebensmittel und sparen so viel Geld. Die Verbraucherzentrale zeigt, bei welchen Produkten die Konzerne mogeln.

Um "Skimpflation" zu erkennen, können alte und neue Zutatenlisten verglichen werden. Zudem sollte auf neue Verpackungsaufdrucke geachtet werden. | © IMAGO/Westend61

Anna Lena Hinder
17.04.2024 | 17.04.2024, 15:25

Gestiegene Preise und geschrumpfte Verpackungen waren gestern. Lebensmittelhersteller haben längst einen neuen Weg gefunden, um größere Gewinne zu erzielen - und dabei leidet auch noch die Qualität. „Skimpflation“ nennt sich dieser Trick, der bei Lebensmitteln weiter an der Tagesordnung steht.

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Aktuelle Fälle der Qualitätsverschlechterung wurden kürzlich von der Verbraucherzentrale Hamburg vorgestellt. Doch wie genau funktioniert dieses Vorgehen eigentlich?

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Was ist Skimpflation?

Der Begriff kombiniert das englische Wort „skimp“ („einsparen“) mit „Inflation“ und bedeutet: Hersteller erhöhen nicht nur die Preise, sondern senken auch die Qualität von Produkten. Dabei sparen die Lebensmittelhersteller an wertgebenden, oft teureren Zutaten in ihren Produkten, heißt es in einer Mitteilung der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die Verbraucherzentrale hat 2023 so viele Mogelpackungen wie nie zuvor veröffentlicht. Und nach zahlreichen Hinweisen von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch wieder Qualitätsverschlechterungen bei bestimmten Produkten festgestellt. Dabei ist „Skimpflation“ kein neues Phänomen: Schon 2018 hat die Verbraucherzentrale eine neue Rezeptur beim Schokoaufstrich Nutella festgestellt. Das heißt: Der Hersteller Ferrero reduzierte den Kakaoanteil und verwendete mehr Magermilchpulver - möglicherweise um den Geschmack zu erhalten.

Lebensmittel von schlechterer Qualität

Die Liste, die erstmals im Herbst des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde, umfasst inzwischen 28 Produkte – unter anderem Königsberger Klopse, Dosen-Suppen oder Fertigprodukte.

  • Königsberger Klopse von Dreistern: Hier ist der Herstellername Programm: Die Königsberger Klopse in Kapernsauce von Dreistern bestehen nur noch zu 25 Prozent aus Schweinefleisch, vorher waren es 71 Prozent. Somit schrumpft der Fleischanteil in der Dose insgesamt von 28,4 auf 8,75 Prozent.
  • Sahne-Geschnetzeltes von Gut & Günstig: Auch im Sahne-Geschnetzelten von Gut & Günstig (Edeka) steckt weniger Schweinefleisch – hier sinkt der Anteil von 32 auf 24 Prozent. Dafür gibt es etwas mehr Pilze und Sahne, die preiswerter sind, stellt die Verbraucherzentrale Hamburg fest.
  • Serbische Bohnensuppe von Erasco: Der Hersteller Erasco hat den Anteil an passierten Tomaten in seiner Serbischen Bohnensuppe von 31 auf 25 Prozent reduziert. Außerdem müssen Liebhaber laut Zutatenliste auf den Speck verzichten.
  • Hühnernudeleintopf von Sonnen Bassermann: Der Anteil an gekochten Nudeln pro Dose im Hühnernudeleintopf von Sonnen Bassermann ist von 35 auf 26 Prozent geschrumpft. Dafür setzt der Hersteller neuerdings Guarkernmehl als Verdickungsmittel ein, heißt es von der Verbraucherzentrale.
  • Orangensaft von Granini: Nach einer Beschwerde ist die Verbraucherzentrale auf „Granini Trinkgenuss Orange“ aufmerksam geworden. Das Ergebnis zeigt, dass sich der Fruchtgehalt in der neuen Variante von 100 auf 50 Prozent reduzierte. Dafür gibt es einen Zusatz von Wasser, Zucker und Vitamin C.

>>> Weitere Produkte auf der Liste der Verbraucherzentrale

Wie kann man „Skimpflation“ erkennen?

Wollen Verbraucher Skimpflation bei Produkten erkennen, müssen sie alte und neue Zutatenlisten vergleichen, rät die Verbraucherzentrale. Ein Etikett-Hinweis wie etwa „Neue Rezeptur“ könnte ein möglicher Hinweis darauf sein, dass sich die bisherige Produktqualität verschlechtert oder der Gehalt an Inhaltsstoffen reduziert habe.

„Wasser statt Orangensaft, weniger passierte Tomaten in der Tomatensuppe oder Fleischklopse mit weniger Schweinefleisch sind für uns Qualitätsdumping. Die Lebensmittelkonzerne wollen Rohstoffkosten sparen“, erklärt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg die Masche der Hersteller. Dabei seien die Unternehmen oft um keine Ausrede verlegen, verweisen meist auf „Wünsche“ der Verbraucher.

„Skimpflation“ oft in Verbindung mit „Shrinkflation“

Die Verbraucherzentrale warnt davor, dass Lebensmittelkonzerne die „Skimpflation“ nicht selten in Kombination mit der „Shrinkflation“ anwenden. Letzteres bedeutet, dass Hersteller weniger Inhalt zum gleichen oder höheren Preis anbieten. Erst kürzlich wehrte sich die Firma Storck gegen den Vorwurf der „Shrinkflation“, nachdem die Moser Roth GmbH, ein Unternehmen der Storck Gruppe, im vergangenen Jahr Format und Verpackung ihrer Marzipan-Schokolade veränderte. Die Moser Roth Chocolat Amandes Edel Marzipan Zartbitter steht seitdem auf der Liste der Mogelpackungen 2023 der Verbraucherzentrale.

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