Automatensprengungen in NRW: Banken geraten unter Druck

Paderborn. Die steigende Zahl von Geldautomatensprengungen vor allem in NRW bereitet den Banken und Sparkassen ebenso wie der Polizei zunehmend Sorgen. Allein in der Nacht zu Mittwoch schlugen unbekannte Täter in drei verschiedenen Orten zu, und zwar in Sprockhövel, Niederkrüchten und Aachen. Obwohl sich das Problem seit Jahren verschärfe und mögliche Gegenmaßnahmen intensiv diskutiert und teils auch von Banken genutzt würden, sei aus polizeilicher Sicht keine Trendumkehr zu erkennen, beklagt der Experte Thomas Stieff vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden. &bdquo;Wir befürworten daher auf jeden Fall eine gesetzliche Regelung“, sagte Stieff und verwies auf Nachbarländer wie Frankreich, Polen oder die Niederlande, wo gesetzliche Vorgaben für Sicherungsmaßnahmen zu sinkenden Zahlen von Geldautomatensprengungen führten. Während in Deutschland die Zahl der Fälle im Jahr 2022 auf 496 stieg, waren es in den Niederlanden, wo Banknoten in Geldautomaten jetzt bei Angriffen &bdquo;verklebt“ werden, nur noch 13. In Schweden gebe es seit rund 20 Jahren gesetzliche Regelungen, sagte die Diebold-Nixdorf-Managerin Helena Müller – dort gebe es keine Geldautomatensprengungen mehr. Stieff war Teilnehmer einer Fachtagung des Geldautomatenherstellers Diebold Nixdorf in Paderborn, dessen Geräte auf Wunsch mit Sicherungsvorrichtungen ausgerüstet werden können. Dazu gehört etwa die Möglichkeit, Geldscheine bei einem Angriff auf den Geldautomaten einzufärben und so unbrauchbar zu machen. Die Gefahr von Personenschäden steigt Als ein Problem gilt, dass die Verschärfung des Kampfes gegen Geldautomatensprenger in einem Land dazu führe, dass die Kriminellen ihre Aktivitäten in Nachbarländer verschieben. Viele der in NRW aktiven Geldautomatensprenger kommen aus den niederländischen Städten Utrecht und Amsterdam, stellte das Bundeskriminalamt in einem Lagebericht fest. Die Täter gehören oft zu Banden aus der Organisierten Kriminalität, die auch im Drogenhandel aktiv sind, wissen Ermittler. Die gesellschaftspolitische Dimension: Außerhalb der Kriminalität sehen die Täter kaum Perspektiven. Dadurch, dass vermehrt Festsprengstoffe genutzt würden, wachsen auch die &bdquo;Kollateralschäden“ etwa an Immobilien. Die Gefahr von Personenschäden steige. Die Kriminellen hätten durch brutales Vorgehen ihre Chance auf eine verwertbare Beute von 40 auf 60 Prozent gesteigert. Zugleich beträgt der Sachschaden nach Zahlen aus Hessen im Schnitt fast das Dreifache der Beute. Bei Schäden von im Schnitt gut 200.000 Euro pro Fall muss bundesweit mit Schäden von 100 Millionen Euro pro Jahr gerechnet werden. Bernd Küppers vom Rheinischen Sparkassenverband sagte, er glaube nicht, dass gesetzliche Regelungen nötig seien. Ohnehin investierten die Geldhäuser bereits Millionenbeträge in Schutzmaßnahmen. Mittel, um Angriffe ganz zu verhindern, gebe es nicht. Kosten-Nutzen-Abwägung für Geldinstitute? Alexander Küsel, Leiter Schadenverhütung beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft, forderte alle Banken und Geldautomatenbetreiber dazu auf, noch in diesem Jahr Investitionsentscheidungen zugunsten von Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Versicherungsverträge mit gewissen vorgegebenen Sicherungsstandards seien allerdings bereits gängig. Am Ende, so deutete er an, würden die Geldinstitute bisher Kosten-Nutzen-Abwägungen treffen: Investieren sie in Präventionsmaßnahmen oder nehmen sie höhere Versicherungsprämien in Kauf? Allerdings gebe es auch den Willen, Gefährdungen zu vermeiden. Am Rande wurden bei der Tagung in Paderborn höhere Strafen für die Täter gefordert. Ein Teilnehmer verglich das Vorgehen der Kriminellen mit Terrorismus. In Großbritannien würden überführte Täter wegen Terrorismus mit bis zu 30 Jahren Haft bedroht, so hieß es. Auch in Deutschland drohten den Kriminellen zwar lange Haftstrafen von acht oder zehn Jahren. Nach der Hälfte der Strafe würden Verurteilte allerdings oft abgeschoben - etwa in die Niederlande. Das Ergreifen von Tätern scheint im Einzelfall zudem nicht ganz einfach zu sein, wie auf den Vorschlag des Saarbrückener Sparkassendirektors Olaf Mang deutlich wurde, der sich die Ausstattung der Polizei mit ausreichend schnellen Fahrzeugen wünscht. Das Vorgehen der Räuber sei blitzschnell und anschließend jagten sie in ihren Autos mit 250 bis 300 Stundenkilometern davon - zu schnell offenbar für gewöhnliche Streifenwagen. Selbst einer Verfolgung durch Hubschrauber seien sie gelegentlich entkommen. Sie zu stoppen, sei ohne die Gefährdung von Menschenleben oft kaum möglich.

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