Schmerzhafte Beitragserhöhungen

So wechselt man in der Privaten Krankenversicherung in günstigere Tarife

Unser Experte erklärt, dass Versicherte durchaus eine Chance haben, die monatlichen Belastungen zu senken. Doch worauf muss man dabei achten?

Steigende Beiträge in der Privaten Krankenversicherung machen tausenden Versicherten zu schaffen. | © Sascha Steinach/picture alliance/ZB

Martin Fröhlich
02.01.2022 | 06.01.2022, 10:12

Bielefeld. Die Tarifsteigerungen für einige privat Krankenversicherte fallen drastisch aus (wir berichteten). Doch wer älter als 55 Jahre ist, hat so gut wie keine Chance auf eine Rückkehr in die Gesetzliche Krankenversicherung. Was also kann man als Versicherter tun? Wir haben mit Javier Garcia, Versicherungsmakler in Bad Oeynhausen, darüber gesprochen. Er ist spezialisiert auf Tarifwechsel in der PKV.

Kann man innerhalb der PKV den Tarif wechseln?

Ja, das kann man. Für die überwiegende Zahl der privat Krankenversicherten ist der Tarifwechsel der einzige Weg, ihre Beitragslast zu reduzieren. Bei einem Wechsel sind erhebliche Einsparungen bei vergleichbarem Leistungsumfang möglich.

Was ist ein Tarifwechsel?

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Die Versicherer haben häufig neuere Tarife mit vergleichbaren Leistungen aufgelegt, die günstiger sind als die alten. Jeder Versicherte hat das Recht, in diese Tarife zu wechseln. Somit können viele ihre Beiträge erheblich senken. Es erfolgt keine Kündigung der Versicherung. Alterungsrückstellungen und erworbene Rechte bleiben erhalten. Der Wechsel ist altersunabhängig und auch bei Vorerkrankungen möglich.

Lohnt sich ein Wechsel?

Er kann sich sehr lohnen. Noch immer gibt es Fälle, bei denen ohne oder nur mit marginalen Leistungseinbußen Einsparungen von über 200 Euro im Monat möglich sind. Dabei ist ein Tarifwechsel immer ein Einzelfall. Das Alter und die Versicherungszeit spielen eine Rolle sowie die Tatsache, ob man angestellt, selbständig oder Rentner ist.

Kann man selbst einen Tarifwechsel vornehmen?

Theoretisch kann man das auch alleine tun. Aber der Laie ist im Tarifdschungel schnell überfordert. Unabhängige Berater können da weiterhelfen.

Wo sind die Fallstricke?

Die Umstellungsangebote der Versicherungen sind selten vollständig und oft falsch oder unsinnig. Noch schlimmer verhält es sich mit den Vorschlägen, die automatisch mit den Beitragserhöhungen verschickt werden. Da werden oft absurde Tarife aufgeführt, die den Interessen des Versicherten nicht entsprechen.

Javier Garcia empfiehlt, bei der Wahl des Tarifoptimierers genau hinzuschauen. - © Ann-Kathrin Esselen
Javier Garcia empfiehlt, bei der Wahl des Tarifoptimierers genau hinzuschauen. | © Ann-Kathrin Esselen

Muss man für einen günstigeren Tarif immer auf Leistungen verzichten?

Theoretisch wäre ein Wechsel in einen Tarif mit identischen Leistungen ideal. Doch das ist nicht die Regel. Man sollte sich nicht zu weit von seinen bisherigen Leistungen entfernen. Das mindert die Gefahr, dass man irgendwann mehr für den leistungsschwächeren Tarif zahlt als für den mit besseren Leistungen. Es kann auch Tarife mit besseren Leistungen bei geringerem Beitrag als Alternativen geben. Aufpassen muss man auch beim Selbstbehalt.

Was gilt beim Selbstbehalt?

Ein Tarif mit einem hohen Selbstbehalt ist bei Angestellten und jungen Selbständigen selten eine gute Wahl. Bei älteren Selbständigen, Privatiers und Rentnern kann er sich lohnen. Generell gilt, dass man von der monatlichen Ersparnis die höhere Belastung durch den Selbstbehalt abziehen muss. Es kann passieren, dass man diesen öfter komplett ausschöpft. Nur wenn trotz des höheren Selbstbehalts eine signifikante Ersparnis bleibt, lohnt es sich. Bei Angestellten ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber sich zwar bis zu 50 Prozent am Monatsbeitrag beteiligt, nicht aber am Selbstbehalt.

Man hört immer wieder Kritik an PKV-Tarifberatern. Warum?

Es gibt viele unseriöse Tarifoptimierer. Einige berechnen als Erfolgshonorar das 10- bis 12-Fache der monatlichen Beitragseinsparung. Da können mehr als 4.000 Euro zusammenkommen. Außerdem kann eine erfolgsabhängige Vergütung Berater dazu verleiten, einen billigeren und leistungsschwächeren Tarif anstelle der geeignetsten Alternative zu empfehlen. Als Konsequenz wird zu Wechseln geraten, bei denen bewusst auf eine hohe Beitragsersparnis abgezielt wird und Minderleistungen verharmlost werden, um das Honorar hoch zu treiben.

Woran erkennt man unseriöse Angebote?

Zum Beispiel an unrealistischen Werbeaussagen. Manche werben mit 43 Prozent durchschnittlicher Ersparnis oder abwegigen Beispielen: Klaus M. zahlt 1.005 Euro Beitrag. Als neuer Beitrag werden 262,18 Euro genannt. Das wären 743 Euro Ersparnis. Das ist utopisch. Nicht mal ein Wechsel in den Standardtarif kann diese Ersparnis bringen. Ein weiteres Problem ist, dass nur in den seltensten Fällen die Höhe des Honorars auf den Internetseiten zu erkennen ist. Nur wenn man eine Anfrage startet, bekommt man die Vereinbarung zu sehen. Seriöse Tarifoptimierer machen keine Versprechungen vor der Einzelfallprüfung und arbeiten transparent beim Honorar. Sie rufen auch nicht auf Verdacht bei vermeintlich PKV-Versicherten an.