Retten genetisch veränderte Pflanzen die Landwirtschaft vor Dürren?

Düsseldorf. Sollte es erlaubt sein, Pflanzen mit einer neuen Methode so zu verändern und zu züchten, dass sie zum Beispiel Dürre besser vertragen und mit weniger Pflanzenschutzmitteln auskommen? Wie viel Gentechnik steckt in dieser Idee? Die sogenannte Genschere ist in den USA bereits erlaubt; in Deutschland und der EU aber hoch umstritten und verboten. Doch die Unterstützung wächst – in Landwirtschaft und Politik. Kann das Verfahren die Landwirtschaft grundlegend revolutionieren? Warum wird die Genschere jetzt diskutiert?Getreide, Mais, Obstbäume und Blumen sind durch Züchtung und Auslese entstanden. Die klassische Kreuzung dauert in der Regel sehr lange – bis zu 15 Jahre. &bdquo;Diese Zeit haben wir nicht mehr", sagt Patricia Peill, Frau eines Landwirts und CDU-Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag. Spricht damit auf Folgen der Klimaveränderungen an – wie Dürre, weniger Wasser und neue Schädlinge. Zugleich ist eines der Ziele des Pariser Klimaabkommens, bis 2030 nur noch halb so viele Pflanzenschutzmittel wie jetzt einzusetzen. Diese Punkte stehen sich gegenüber. &bdquo;Wenn wir das alles ernst nehmen, müssen wir in Innovationen denken und neue Forschungsmethoden annehmen", so Peill. Sie setzt sich für eine neue und innovative Methode ein: die Genschere. Zu diesem Thema hat sie lange recherchiert und mit vielen Beteiligten gesprochen. Wie funktioniert das Verfahren?Eine Genschere, die bekannteste Variante ist unter der Abkürzung Crispr/cas bekannt, ermöglicht eine schnellere Züchtung, quasi &bdquo;mit Methoden der Natur im Zeitraffer", so Peill. Ein Beispiel: Weizen hat eine natürliche Abwehr gegen Pilze, die sich aber mit der Zeit des Befalls durch den Einfluss eines anderen Gens abschwächt. Mit der Genschere könnte nun genau dieses Gen herausgeschnitten und somit abgeschaltet werden. Ergebnis: Der Weizen kann seinen Schutz gegen Pilze wieder selber aufrechterhalten. Peill betont, dass es sich dabei nicht um klassische Gentechnik handelt, wie zum Beispiel bei Sojabohnen. &bdquo;Wir sind uns alle einig: So etwas wollen wir nicht." Bei der Genschere handele es sich um ein Züchtungsverfahren ohne fremde DNA. Das Verfahren wurde von zwei Forscherinnen entwickelt. Im Oktober erhielten sie dafür den Chemie-Nobelpreis. Der Europäische Gerichtshof hatte aber 2018 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass auch die mit einer Genschere bearbeiteten Pflanzen als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssen. Das gilt bis heute. Was sagen Landwirte?Antonius Tillmann, Bauernpräsident in OWL, betont, dass es sich bei dem Verfahren um eine Erweiterung der Züchtung handelt, nicht aber um Gentechnik. &bdquo;Die Ernährung von bald 8 Milliarden Menschen ist nur durch die Pflanzenzüchtung möglich", so Tillmann. Die wachsende Nachfrage erfordere neue Ansätze. &bdquo;Darum stehen wir diesen Ansätzen positiv gegenüber", so der OWL-Bauernpräsident. Was sagt die Wissenschaft?Große Potenziale, die Landwirtschaft durch Gen-Editierung produktiver und zugleich umweltfreundlicher und klimaangepasster zu machen, sieht auch Matin Qaim, Professor im Bereich Agrarökonomie an der Uni Göttingen. &bdquo;Die Risiken unterscheiden sich nicht von denen konventioneller Züchtungsmethoden." Die hohen Regulierungshürden für gen-editierte Pflanzen in Deutschland und der EU seien wissenschaftlich nicht zu begründen, so Qaim. Vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen wie nachhaltige Entwicklung wäre es &bdquo;falsch und kaum zu verantworten", diese Methoden in Europa nicht voranzutreiben und zu nutzen." Was sagt die Politik?Kritik kommt von den Grünen. &bdquo;Als Bauer und Grüner Landtagsabgeordneter sehe ich den Einsatz von CRISPR/Cas9 in der Landwirtschaft sehr kritisch", sagt Norwich Rüße, Grünen-Sprecher für Landwirtschaft. Ein überwiegender Teil der Bevölkerung lehne den Einsatz von Gentechnik in der Natur ab, er löse keine Probleme, er kaschiere sie lediglich, so Rüße. &bdquo;Viele Pflanzenkrankheiten wären vermeidbar, wenn im Ackerbau nicht dermaßen enge Fruchtfolgen wie zurzeit die Regel wären. Um stabile, gesunde Pflanzen zu züchten, stehen ausreichende, klassische Züchtungsverfahren zur Verfügung." Rüße erwartet, dass Gentechnik 2.0 die geweckten Erwartungen wie weniger Dünger- und weniger Pestizideinsatz nicht erfüllen wird. &bdquo;Anstatt diese Technik übereilt zu nutzen, sollten auch mögliche Risiken intensiv erforscht werden. Das findet bislang kaum statt." Wie geht es weiter?Patricia Peill will das Thema weiter vorantreiben und um Akzeptanz werben. &bdquo;Wir müssen der Wissenschaft zuhören." Die Unterstützung der NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) habe sie bereits. Der NRW-Landtag wird sich Mitte März mit dem Thema in einer großen Anhörung beschäftigen.

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