Erneuerbare Energien

NRW lenkt beim Windkraft-Abstand ein

Ein neuer Gesetzentwurf der NRW-Landesregierung sieht künftig einen Mindestabstand von 1.000 Metern zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung vor. Kritik kommt vom Landesverband für Erneuerbare Energien.

Mit einem neuen Gesetz soll in NRW künftig der Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung neu geregelt werden. | © Symbolfoto: Jens Reddeker

Sebastian Beeg
24.12.2020 | 24.12.2020, 14:03

Düsseldorf. Die NRW-Landesregierung hat einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, mit dem die Abstände von Windenergieanlagen gesetzlich geregelt werden sollen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig Windkraftanlagen in einem Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebäuden und bebauten Ortsteilen errichtet werden dürfen. Bislang galt ein Abstand von 1.500 Metern. Für Anlagen, die über eine Baugenehmigung verfügen, aber noch nicht errichtet sind, soll genauso wie für vollständig vorliegende Bauanträge ein Bestandsschutz gelten.

Damit passt sich das bevölkerungsreichste Bundesland dem bundesweiten Standard an. Mit der neuen Regelung wolle die Landesregierung den Konflikt zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und Klagen von Anwohnern entschärfen. „Wir wollen Raum für Windenergie und Raum für Wohnen schaffen", sagte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) bei einer virtuellen Pressekonferenz.

Zielsetzung: Mehr als zehn Gigawatt bis 2030

Zuletzt verlief der Ausbau der Erneuerbaren Energien äußerst schleppend. So wurden 2019 gerade einmal vier neue Windkraftanlagen im Regierungsbezirk Detmold in Betrieb genommen. Das entspricht einer Leistung von 12 Megawatt. 2018 waren es noch 24 Anlagen mit 69 Megawatt. Seit 2010 ist die installierte Leistung der Windenergie von 2,7 Gigawatt auf zuletzt (2019) 5,9 Gigawatt gestiegen. 2020 wurden laut Auskunft der Fachagentur Windenergie in NRW bundesweit die meisten Windenergieanlagen errichtet und insgesamt eine Leistung von 285 Megawatt in Betrieb genommen. Deutschlandweit waren es 1.295 Megawatt. Die Landesregierung will bis zum Jahr 2030 die installierte Leistung auf 10,5 Gigawatt erhöhen.

In einer gemeinsamen Pressemitteilung verkündeten das Bau- und das Wirtschaftsministerium die Gesetzesvorlage. In dieser wird Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) wie folgt zitiert: „Zukünftig gilt ein Mindestabstand von 1.000 Metern ab zehn zusammenstehenden Wohnhäusern. Im Ergebnis ist dies wirkungsgleich zu den bisherigen 1.500 Metern, die jedoch lediglich zu reinen und allgemeinen Wohngebieten einzuhalten waren."

"Tritt vors Schienbein"

Der Entwurf wird unter anderem vom Landesverband der Erneuerbaren Energien (LEE) NRW kritisiert. „Durch den Beschluss der NRW-Landesregierung, die Regelung bereits auf Kleinstsiedlungen sowie Mischgebiete anzuwenden, nutzt sie ihren Spielraum gegen die Windenergie voll aus", heißt es auf der Internetseite des Verbandes.

LEE-Geschäftsführer Christian Mildenberger nannte den Gesetzentwurf gar einen „Tritt vors Schienbein. Die Landesregierung folgt hier den Windkraftgegnern und opfert dafür das Zugpferd der Energiewende." Bis zum 14. Januar werden die Verbände in dieser Sache angehört. Danach soll das Gesetz im Landtag beraten und verabschiedet werden. Laut Bauministerin Scharrenbach soll das noch vor dem kommenden Sommer geschehen.

KOMMENTAR DER REDAKTION


Schleppender Ausbau

Lange hat NRW an den 1.500 Metern festgehalten, die den Abstand zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung geregelt haben. Und das, obwohl der Rest der Republik sich bereits auf einen geringeren Abstand geeinigt hatte. Das gallische Dorf ist also gefallen. Oder? Laut NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart seien die 1.000 Meter deckungsgleich zu den bisherigen 1.500 Metern. Denn die neue Regelung soll bereits ab zehn zusammenstehenden Wohnhäusern gelten. Im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen könnte es schwer werden, für neue Windmühlen Flächen zu finden. Zumal Bestandschutz für bereits genehmigte Anlagen gilt. Gleichzeitig will die Landesregierung die installierte Leistung bis 2030 fast verdoppeln. Dabei verlief der Ausbau in den vergangenen drei Jahren äußerst schleppend. Auch wenn sich die Landesregierung nun damit rühmt, 2020 die meisten Windenergieanlagen an den Start gebracht zu haben – entschlossenes Handeln in puncto Energiewende sieht anders aus.