Paderborn/Mainz. Fünf Wochen war der Weltladen La Bohnita in Paderborn geschlossen, seit dieser Woche ist er wieder geöffnet. Fair gehandelte Produkte aus Afrika, Asien und Lateinamerika werden auf 80 Quadratmetern angeboten – doch vieles hat sich durch das Corona-Virus verändert. „30 Ehrenamtliche übernehmen bei uns die Ladendienste, aber viele gehören zu den Risikogruppen. Derzeit verkaufen zehn Ehrenamtliche die Waren. Wir haben deshalb die Öffnungszeiten täglich um jeweils zwei Stunden gekürzt", sagt Geschäftsführerin Petra Holtgreve.
Die Verkaufszeit reiche aus, denn es seien viel weniger Menschen in der Stadt unterwegs und auch die Zahl der Kunden im Weltladen sei deutlich geringer als normal. Während der Schließung hat La Bohnita einen Lieferdienst für die Kunden eingerichtet, der weiterhin aufrechterhalten wird. „Neue Käufer haben wir dadurch bislang leider nicht gewonnen", bedauert Holtgreve.
Entscheidung über Finanzhilfe ist noch nicht gefallen
Wie alle anderen Geschäfte muss der Paderborner Weltladen seine Miete auch in Zeiten der Schließung bezahlen. „Wir haben unseren Laden 2019 deutlich vergrößert und dadurch unseren Jahresumsatz auf mehr als 180.000 Euro gesteigert. Davon profitieren wir. Noch sind wir liquide", sagt Holtgreve. Ob man einmalige Finanzhilfen in Anspruch nehmen wolle, die in NRW im Gegensatz zu anderen Bundesländern auch an gemeinnützige Vereine gezahlt werden, habe man noch nicht entschieden.
Einige Weltläden durften in den vergangenen Wochen öffnen. Die meisten blieben wie in Paderborn für mehrere Wochen geschlossen. „Auch die in vielen Orten angebotenen Lieferdienste konnten nicht verhindern, dass die Umsätze der deutschen Weltläden in der zweiten Märzhälfte um mehr als 75 Prozent gegenüber der ersten Märzhälfte gesunken sind", sagt Steffen Weber, Geschäftsführer des Weltladenverbandes. Er hat derzeit keine Hinweise, dass Weltläden aus finanziellen Gründen schließen müssen.
Lieferanten kämpfen ums Überleben
Anders sieht es dagegen bei den 82 deutschen Weltläden-Lieferanten aus. Nach einer Umfrage des Weltladenverbandes sprechen 24 Prozent davon, dass sie ums Überleben kämpfen, weitere 2,5 Prozent stehen kurz vor dem Aus. Zwei Drittel haben für ihre Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragt. 15 Prozent haben Beschäftigte entlassen. Von Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld können die Hersteller von fair gehandelten Produkten nur träumen – sie trifft die Corona-Krise am härtesten.
Die Handelsorganisation El Puente aus Nordstemmen berichtet über die wirtschaftliche Lage ihrer Partner in den Entwicklungsländern. Gospel House aus Sri Lanka vertreibt Holzspielzeug von 30 Handwerkern. Erst seit kurzem ist die Produktion wieder erlaubt. Wegen fehlender Rohstoffe kann nur eingeschränkt gefertigt werden. Die Nicht-Regierungsorganisation New Sadle aus Nepal vermarktet Filz- und Baumwollprodukte, die 100 Kunsthandwerker mit Lepraerkrankung herstellen. Seit vier Wochen sind alle Produzenten zu Hause, in den letzten zwei Monaten konnte New Sadle seine Mitarbeiter nicht bezahlen. „Hinzu kommt, dass in vielen Regionen die Transportwege zusammengebrochen sind", weiß Weber.
800 Weltläden in Deutschland
900 Weltläden in Deutschland erzielten 2018 einen Umsatz von 78 Millionen Euro. Der Gesamtumsatz mit fair gehandelten Produkten lag im selben Zeitraum in Deutschland bei 1,7 Milliarden Euro – Discounter und Supermärkte bieten unter anderem fair gehandelten Kaffee, Tee, Bananen und Süßwaren an. Sind angesichts dieser Zahlen Weltläden nicht verzichtbar? Weber: „Gerade kleinere Produzenten haben nur in Weltläden eine Chance. Außerdem engagieren sich Menschen in den Weltläden auch dafür, das Wirtschaftssystem zu verändern und gerechter zu machen. Daran haben die großen Lebensmittelhändler kein Interesse."
Am Weltladentag am 9. Mai werben Initiativen bundesweit für ein Lieferkettengesetz, mit dem deutsche Hersteller verpflichtet werden sollen, weltweit bei der Produktion Umweltstandards und Menschenrechte einzuhalten.