Wie die Corona-Krise ein Start-up in Existenznot bringt

Bielefeld. Wer ein Unternehmen gründen will, braucht Geld, eine Idee und ein bisschen Glück. Doch wer das kurz vor der Corona-Krise getan hat, dem dürfte der Glücksfaktor abhanden gekommen sein. So ergeht es dem Bielefelder Murali Nair (39). Er hat uns seine Story erzählt. Nair stammt aus Indien, lebt aber seit vielen Jahren in Ostwestfalen und hat für die Bertelsmann Stiftung als Senior-Projektmanager gearbeitet. Doch er hatte einen Plan: er will ein eigenes Unternehmen aufbauen. Mit einem Produkt seiner Heimat – dem Ayurveda-Tee. Die heilende Wirkung von Tee kennt er aus seiner Kindheit in vielerlei Hinsicht. &bdquo;Dabei ging es mir auch darum Werte wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Inklusion und Transparenz umzusetzen“, sagt Nair. Doch dazu später. Auf einmal bricht die Vermarktungsschiene weg Zwei Vermarktungsschienen für den Tee hatte sich der Mann aus Kerala vorgenommen: den Onlinehandel und den Vertrieb seiner Produkte über Yogaschulen und Wellnesshotels. Doch dann kam die Pandemie. &bdquo;Auf einmal steht nun alles in Frage“, sagt Nair. Alle Yogaschulen und Wellnesshotels sind geschlossen und das auf unbestimmte Zeit. Sie hätten das ideale Umfeld für sein Produkt geboten, mit Kunden, denen es um Gesundheit und Wellness geht. Und Läden im stationären Handel, die inzwischen wieder öffnen dürfen, investierten in Krisenzeiten nicht in neue Produkte. &bdquo;Damit bleibt uns nur die Vermarktung übers Internet.“ Die allerdings ist schwierig, denn Nair ist mit seiner Marke Asmi Ayurveda nicht der einzige Anbieter. In der grenzenlosen Welt des Netzes muss er potenzielle Kunden erst einmal auf die Marke aufmerksam machen. Dafür gibt es Onlinewerbung, doch die läuft vor allem über den Riesen Google. &bdquo;Und dort sind die Schlagworte wie Tee und Ayurveda derzeit sehr, sehr teuer“, erklärt der Unternehmer. Auf die Soforthilfe muss er lange warten Die Krise hat ihn kalt erwischt. Seine wirtschaftliche Lage ist schlecht. &bdquo;Ich habe einen Kredit bei der KfW, den ich bedienen muss, und ich muss Gehälter zahlen“, sagt Nair. EineWerkstudentin, die ein Praktikum bei ihm macht, musste er entlassen. Seine Grafikerinist ab Mai in Kurzarbeit. Mit einer Kollegin macht Nair derzeit nur noch vier Stunden inder Woche weiter. &bdquo;Ich habe auch Soforthilfe beim Land NRW beantragt, doch es hat eine ganze Weile gedauert, bis da Geld geflossen ist.“ Immerhin: Nair hat ein Gründerstipendium des Landes. &bdquo;Da bekomme ich 1.000 Euro im Monat und das läuft noch bis März 2021. Murali Nair muss zumindest keine persönliche Existenzangst haben: &bdquo;Meine Frau arbeitet und ich bin noch in einem geringen Umfang für die Bertelsmann Stiftung tätig.“ Doch um sein Unternehmen fürchtet er. &bdquo;Wenn im Sommer die Hotels und Yogaschulen nicht wieder öffnen, war es das für mich.“ Länger halte er finanziell nicht durch. Das hält Nair für die falsche Reaktion Dabei war seine Idee doch so schön: Tee aus der Heimat, verpackt in wiederverwendbaren Blechdosen aus Deutschland statt in fernöstlicher Plastikware, abgefüllt durch Menschen mit Behinderung im Unternehmen Wertkreis. &bdquo;Wenn es finanziell schwierig wird, werden als erstes die Nachhaltigkeit und soziale Werte geopfert. Genau das wollen wir nicht machen.“ Aufgeben will Murali Nair noch nicht. &bdquo;Ich könnte jetzt nur noch darauf setzen, zu sparen und abzuwarten, aber ich gehe den anderen Weg und versuche es mit verstärkten Investitionen im Onlinehandel.“ Allzu viel Zeit allerdings bleibt dafür nicht. &bdquo;Jetzt zählen Geschwindigkeit und Flexibilität.“ Und Ideen wie diese: Nair will aus der Corona-Not eine Tugend machen. Er plant eine Kampagne für seine Tee-Accessoires, die in Modena per Hand hergestellt werden. "Das Motto soll lauten: Italien direkt helfen statt auf EU-Unterstützung zu warten." Eine Umfrage der Bielefelder FoundersFoundation bei Start-ups der Region ergab, dass &bdquo;60 Prozent bereits jetzt von der Krise beeinträchtigt sind. Bei knapp einem Viertel von diesen geht es um das existenzielle Weiterbestehen“, wie die Foundation schreibt.

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