Neuerscheinung

Thomas Middelhoff: „Nicht einmal einen Cent habe ich zurückgelegt“

Der ehemalige Chef von Bertelsmann und Karstadt legt am Dienstag sein zweites Buch vor. In "Schuldig" erforscht der 66-Jährige die Ursachen seines Scheiterns - und häuft viel Asche auf sein Haupt.

Der ehemalige Topmanager Thomas Middelhoff will Jüngeren zeigen, welche Fehler sie vermeiden sollen. | © Christian Charisius/dpa

18.08.2019 | 18.08.2019, 17:56

Bielefeld/Berlin (groe). "Schuldig" ist der Titel seines zweiten Buchs, das der ehemalige Top-Manager Thomas Middelhoff (66) am Dienstag in Berlin vorstellen wird. Untertitel: "Vom Scheitern und Wiederaufstehen". Schuldig sieht er sich aber nicht im juristischen, sondern im moralischen Sinn.

Der frühere Chef der Konzerne Bertelsmann (1998 bis 2002) und Karstadt-Quelle (2005 bis 2009) war 2014 wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden. 2017 kam er vorzeitig frei. Die Vorwürfe, er habe unter anderem Charterflüge zu Unrecht über die Firma abgerechnet, hatte Middelhoff stets zurückgewiesen.

Das Urteil hält er für fragwürdig, sagt Middelhoff in einem umfangreichen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). "Das sehen viele Anwälte, Richter und andere Experten so."

"Gegen Wertmaßstäbe der Gesellschaft verstoßen"

Das Buch erscheint am Dienstag.
Das Buch erscheint am Dienstag.

Schuldig sei er aber, "weil ich in Teilen meinen Charakter verloren und gegen die Wertmaßstäbe der Gesellschaft verstoßen habe." In seinem neuen Buch forsche er nach den Ursachen seines Scheiterns. "Und ich will Jüngeren zeigen, welche Fehler sie vermeiden sollen."

Die Arcandor AG, zu der traditionsreiche Handelsfirmen wie Karstadt, Quelle und Neckermann gehörten, hatte im Juni 2009 – wenige Monate nach Middelhoffs Ausscheiden – das Insolvenzverfahren beantragt.

Zu den Folgen gehörte die Zerschlagung des Konzerns. Das Versandhaus Quelle wurde geschlossen, mehr als 3.000 Mitarbeiter verloren ihre Arbeit.

"Fachlich haben sich alle strategischen Entscheidungen bei Arcandor und KarstadtQuelle als die richtigen erwiesen", sagt er im FAS-Interview. Aber er schäme sich auch: "Ich hätte für diesen Job das Haus in Frankreich aufgeben sollen, hätte aufhören müssen, privat zu fliegen, das Schiff hätte weggemusst, weil das nicht passte zur Situation von KarstadtQuelle."

"In jedem Detail ehrlich sein"

Gier, Neid, Arroganz, Überheblichkeit: "Es hört gar nicht mehr auf mit den Selbstbezichtigungen", bemerkt Interviewer Rainer Schmidt im Gespräch mit Middelhoff und fragt den 66-Jährigen: "Wenn schon schuldig, wollen Sie aber auch der schuldigste Schuldige sein?"

Er habe sich bemüht, in jedem Detail ehrlich zu sein, antwortet Middelhoff. "Mir ging es um Vollständigkeit und Genauigkeit. Das hilft anderen vielleicht."

Seit 2018 läuft ein Ermittlungsverfahren der Bielefelder Staatsanwaltschaft. Das soll klären, ob Middelhoff vor seiner Privatinsolvenz mit Hilfe seines Anwalts und Geschäftspartners Hartmut Fromm Millionen möglicherweise illegal verschoben und damit seine Gläubiger benachteiligt hat. Middelhoff bestreitet das: "Nicht einmal einen Cent habe ich zurückgelegt", beteuert er in der FAS.

Er lebe von Pensionsansprüchen, vor allem aus seiner Zeit bei Bertelsmann. "Ich bin 66 Jahre alt und bekomme von diesen Bezügen den mir zustehenden pfändungsfreien Teil."

"Die Geliebte war ein klarer Fehler"

Middelhoff analysiert im Buch die Todsünden in Bezug auf seine Arbeit. Etwa die Wollust. Ein Womanizer und Partylöwe  sei er nicht gewesen, sagt er in der FAS, aber die Geliebte sei ein klarer Fehler gewesen.

"Der Konzernherr und mein Vorgänger  hatten auch außereheliche Beziehungen, wie viele Topmanager, darüber wird nur nie geschrieben, wie bei Spitzenpolitikern auch."

Middelhoff schreibt Krimi

In seinem ersten Buch "A 115 - Der Sturz" (2017) hatte Middelhoff über seine Haft berichtet und geschildert, dass er im Gefängnis an einer lebensgefährlichen Auto-Immunkrankheit erkrankt war.

In seinem nächsten Buch, dem Wirtschaftskrimi "Das System", will Middelhoff seine Geschichte ein drittes Mal beleuchten - diesmal fiktional.

Thomas Middelhoff: "Schuldig. Vom Scheitern und Wiederaufstehen", 208 S., Adeo Verlag, 22 Euro, erscheint am 20. August.