
Bielefeld. Die Deutsche Kreditwirtschaft, hinter der bundesweit alle Sparkassen und Banken stehen, geht in die Offensive. In einem YouTube-Werbevideo greift deren Gemeinschaftsunternehmen Euro Kartensysteme GmbH kleine Einzelhändler, Cafés und Bäckereien an, die noch Bargeldzahlung von ihren Kunden verlangen und bewirbt provokant "Das neue Normal" von Shell.
Die Rede ist vom Mineralölkonzern Shell, der seit vergangenem Mittwoch an seinen bundesweit 3.200 Shell-Tankstellen das kontaktlose Bezahlen per Girocard anbietet. "Du so", heißt es plakativ in dem Werbespot, woraufhin eine Tasse mit schäumendem Kaffee im Video auftaucht. Im Gegensatz dazu werden die schwarzen Schafe ("Die so") vorgeführt: Auf einer Tafel mit kleinen Fotos aus dem Handel steht demonstrativ mit weißer Kreide geschrieben:"Erst ab 10 Euro". Sprich bis 10 Euro wird nur Bargeld akzeptiert.
„Die Werbung ist eine Gemeinschaftsaktion von Girocard und Shell zur Förderung des kontaktlosen Bezahlens", sagt Ingo Limburg, Marketingchef der Euro Kartensysteme GmbH. Dies bleibe nicht der einzige Spot für Shell. In einer Kooperation mit dem Mineralölkonzern werden Kunden auf diesen Service hingewiesen.
„Dass Kartenzahlung in manchen Geschäften gar nicht oder erst ab einem gewissen Mindestbetrag akzeptiert wird, ist ein Phänomen, das jeder kennt und das viele auch schon einmal daran gehindert hat, etwas Kleines, beispielsweise den heiß-ersehnten Kaffee zwischendurch, zu kaufen", so Limburg. Die Werbung richte sich nicht gegen Bäckereien. Laut seinen Angaben bieten immer mehr Bäckereien das bargeldloses Bezahlen an oder rüsteten gerade dafür auf - darunter Kamps, Ditsch, Backwerk und Back-Factory.
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Kontaktloses Bezahlen dauert 11 Sekunden
Den Angaben zufolge sind von den bundesweit 820.000 Bezahlterminals im Handel 620.000 für kontaktloses Bezahlen eingerichtet. Laut einer GfK-Studie (2017) im Lebensmitteleinzelhandel hat das kontaktlose Bezahlen mit der Girocard "das Potenzial", Abläufe an der Ladenkasse zu beschleunigen. Das belegt eine Messung der GfK im Auftrag der Euro Kartensysteme GmbH.
Bei insgesamt 840 Transaktionen mit verschiedenen Bezahlmöglichkeiten war demnach die kontaktlose Zahlung mit Girocard ohne PIN-Eingabe mehr als doppelt so schnell wie die herkömmliche Girocard -Zahlung mit Stecken der Karte (rund 23 Sekunden) oder die Barzahlung. Das Bezahlen mit Bargeld dauere im Schnitt 24 Sekunden. Und damit mehr als doppelt so lange wie beim kontaktlosen Bezahlen (11 Sekunden), heißt es bei Euro Kartensysteme.
In vier Jahren sind alle alten Girokarten abgelaufen und ausgetauscht - und damit für kontaktloses Bezahlen einsatzfähig. Derzeit seien es gut 55 Millionen Karten (55 Prozent) der Sparkassen und Banken in Deutschland. Am Jahresende sollen es 75 bis 85 Millionen Girokarten sein. Von der Werbeaktion profitieren natürlich beide Seiten: Sparkassen und Banken weisen damit auch auf ihr eigenes Kartensystem hin, das das kontaktlose Bezahlen ermöglicht.
Gebühren für Kartenzahlungen gesunken
Auch in Ostwestfalen-Lippe gibt es bereits Bäckereien, die Girokarten akzeptieren. In sämtlichen Filialen von Pollmeier und Lechtermann in Bielefeld beispielsweisekönnen Brötchen und Gebäck bis 25 Euro allein durch Auflegen der Karte und ohne PIN bezahlt werden. Ab 25 Euro ist die PIN-Eingabe erforderlich.
Die Gebühren für die Kartenzahlung seien in den vergangenen Jahren stark gesunken. "Früher hat sich das für uns schlichtweg nicht gelohnt", sagte Geschäftsführer Harald Laufs kürzlich nw.de. Das sei heute aber anders.