Selbstversuch

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Bezahlsystem "Apple Pay" sorgt für Irritationen an der Kasse

Der iPhone-Bezahldienst ist vier Jahre nach dem Start jetzt auch in Deutschland verfügbar. An vielen Ladentheken in OWL hat sich das noch nicht rumgesprochen.

Apple Pay ist seit Dienstag in Deutschland verfügbar. Das hat sich aber noch nicht bei allen rumgesprochen. | © picture alliance/Lino Mirgeler/dpa

Matthias Schwarzer
12.12.2018 | 13.12.2018, 19:55

Bielefeld/München. Der Bezahldienst Apple Pay ist vier Jahre nach dem Start in den USA nun auch in Deutschland verfügbar. Im Geschäft kann man nun mit dem iPhone oder der Apple Watch bezahlen. Dazu hält man das Gerät ans Terminal. In Geschäften in OWL sorgt das neue System jedoch noch für Verwunderung, wie ein Selbstversuch von nw.de zeigt.

In einem großen Elektronik-Geschäft in Bielefeld hat man am Dienstagabend noch nichts von "Apple Pay" gehört - der NW-Mitarbeiter ist offenbar der erste an diesem Tag, der den Dienst ausprobieren will. "Apple Pay? Ähhhm" - die Mitarbeiterin reagiert verwundert.

Beim Versuch, das System zu aktivieren, bildet sich schnell eine Traube von mehreren Mitarbeitern rund um die Kasse. Dann ist die Lösung gefunden: Am Kassensystem einfach "Kartenzahlung" auswählen - dann reagieren plötzlich iPhone und EC-Gerät.

Dieser Tipp ist auch für die Mitarbeiterin einer Drogeriekette hilfreich. Auch sie hat bislang nichts von Apple Pay gehört. Als dann jedoch die Uhr des Kunden den Betrag für die Handcreme begleicht, lacht sie entzückt auf: "Das ist ja wie in der Zukunft".

Bezahlen funktioniert reibungslos

Sind die ersten Hürden genommen, funktioniert das Bezahlen mit dem iPhone oder der Apple Watch aber erstaunlich gut: Wer ein neueres iPhone mit Face-ID (Gesichtserkennung) besitzt, drückt an seinem Gerät zweimal die Taste an der Seite, scannt sein Gesicht und kann das iPhone dann ans EC-Gerät halten - fertig.

Wer ein älteres iPhone mit Touch-ID (Fingerabdruck-Sensor) besitzt, legt seinen Finger auf den Home-Button und hält das Gerät dann ans EC-Terminal. Ärgerlich wird es nur dann, wenn der Finger-Sensor nicht anspringt - zum Beispiel, weil es geregnet hat und iPhone und Hände nass sind. Dann wird das Bezahlen mit dem iPhone schnell zum Frust.

Bei der Apple Watch ist es noch deutlich einfacher: Hier drückt man zweimal auf den rechten Button seiner Uhr und hält seinen Arm ans EC-Termin - bezahlt!

Nicht jeder Bankkunde kann Apple Pay nutzen

Diverse Geschäfte in OWL sind zum Start von Apple Pay dabei. Zum Beispiel Supermarkt- und Discounter-Ketten wie Real, Aldi, Netto oder Lidl, Tankstellen wie Aral sowie diverse Modeketten wie H&M und Esprit. Eine Übersicht bietet diese Seite.

Wer Apple Pay benutzt will, braucht zudem ein Konto bei einer teilnehmenden Bank. Das sind zum Start nicht allzu viele. Mit dabei sind die Deutsche Bank, N26, boon, HypoVereinsbank, Hanseatic Bank, Fidor Bank, bunq, Santander und Comdirect Bank sowie American Express. Im kommenden Jahr sollen auch Banken wie die DKB, ING und Consors dazukommen.

Die Kassentechnik im Geschäft muss für Apple Pay kontaktloses Bezahlen unterstützen - rund 820 000 Terminals in Deutschland wurden entsprechend umgerüstet. Außerdem kann man Apple Pay ähnlich wie etwa PayPal auch bei Online-Käufen einsetzen.

Banken sperrten sich lange

Dem Start waren schwierige Verhandlungen zwischen Apple und den Banken vorausgegangen. Die Finanzinstitute konnten sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, in ihrem knapp kalkulierten Geschäft etwas an einen Branchenfremden abzugeben.

Apple-Managerin Jennifer Bailey schloss bei der Präsentation in der Münchner Allianz-Arena nicht aus, dass künftig auch die in Deutschland besonders populäre Girocard unterstützt wird, die früher als EC-Karte bezeichnet wurde. "Wir schauen uns immer auch die vorhandenen Bezahlsysteme in den Ländern an."

Der vorläufige Verzicht auf die Unterstützung der Girocard könnte auch ein maßgeblicher Grund gewesen sein, warum wichtige Banken wie die Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht an Bord sind. Sie setzen auf eigene Bezahl-Apps. Diese funktionieren für das kontaktlose Bezahlen allerdings nur auf Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android, weil sie auf iPhones nicht auf den NFC-Funkchip zugreifen können. Für Android gibt es seit Juni in Deutschland auch den Konkurrenzdienst Google Pay.

Bargeldzahlungen nehmen auch in Deutschland ab

Obwohl das iPhone in Deutschland nur einen Marktanteil von rund 20 Prozent hält, gehen Experten davon aus, dass der Start von Apple Pay dem bargeldlosen Bezahlen einen kräftigen Schub geben wird. Jüngsten Statistiken zufolge nimmt die Bargeldnutzung auch in Deutschland stetig ab.

Nach einer Studie der Deutschen Bundesbank sank die Bargeld-Quote 2017 bei Geldtransaktionen erstmals unter die 50-Prozent-Schwelle: Nur noch 47,6 Prozent der Zahlungen wurden bar beglichen.

Mit Material von dpa.