Berlin (dpa/rtr). Arbeitgeber sollen von Beschäftigten in Kitas, Schulen und Pflegeheimen künftig Auskunft über eine Corona-Impfung oder eine überstandene Covid-Erkrankung verlangen können. Darauf haben sich Union und SPD nach stundenlangen Beratungen in der Regierungskoalition am späten Donnerstagabend geeinigt. Der Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss am Freitag die Vorlage der großen Koalition für ein Auskunftsrecht. Sie soll am kommenden Dienstag vom Parlament verabschiedet werden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte dem Spiegel, bei Krankenhäusern gelte seit vielen Jahren "aus gutem Grund", dass ein Arbeitgeber seine Beschäftigten im Patientenkontakt fragen dürfe, ob sie gegen Infektionskrankheiten geimpft seien. "Wir wollen in dieser Pandemie dieses Auskunftsrecht auch auf andere Bereiche ausdehnen."
Änderungsantrag eingebracht
Im Entwurf eines entsprechenden Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD heißt es: "Der Arbeitgeber kann (...) vom Beschäftigten Auskunft oder die Vorlage eines Nachweises über das Bestehen eines Impfschutzes oder das Bestehen einer natürlichen Immunität in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID19) verlangen." Gerade in Kita, Schule und Heim könne es "im Interesse des Infektionsschutzes" nötig sein, Beschäftigte hinsichtlich ihres Corona-Impf- und Serostatus, der über Antikörper Aufschluss gibt, "unterschiedlich einzusetzen oder von einer Beschäftigung ungeimpfter Personen (in bestimmten Bereichen) abzusehen".
Spahn erklärte: "Wie wollen Sie einem Angehörigen erklären, dass die Mutter an Covid gestorben ist, weil der Pfleger nicht geimpft war?"
Keine Mehrheit für weitergehende Pflicht
Die Möglichkeit soll nur während der festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite gelten, die der Bundestag vergangene Woche für weitere drei Monate verlängert hatte. Eine weiter gefasste Auskunftspflicht, etwa um auch das Arbeiten im Großraumbüro zu ermöglichen, soll es jedoch nicht geben.
Spahn warf der SPD vor, eine generelle Auskunftspflicht von Beschäftigten zu ihrem Impfstatus zu verhindern. "Für einen weitergehenden Schritt ist im Moment keine Mehrheit im Parlament da", sagte Spahn im Deutschlandfunk. In Großraumsbüros wäre dies auch sinnvoll gewesen, um den Schutz von Mitarbeitern in der Coronavirus-Pandemie besser zu organisieren, so Spahn. Die SPD warte auf Zustimmung der Gewerkschaften. "Ich finde, wir sollten Pandemie-Politik nicht von Einzelinteressen abhängig machen."
Begründet wird das Vorhaben in dem Antrag damit, dass in den betroffenen Einrichtungen "besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind beziehungsweise aufgrund der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind". Arbeitgeber könnten durch die Informationen die Arbeitsorganisation so ausgestalten, "dass ein sachgerechter Einsatz des Personals möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Hygienemaßnahmen treffen". Die Daten sollen direkt beim Beschäftigten zu erheben sein. "Die Freiwilligkeit der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Impfschutz bleibt unberührt", stellt der Entwurf klar.
Kritik von Arbeitgebern und Gewerkschaften
Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger kritisierte die "Mini-Ausweitung des Fragerechts des Arbeitgebers über den Impfstatus". Er spricht von einem Budenzauber im Wahlkampf. "Es ist unverständlich, dass der Arbeitgeber bei der Festlegung und der Umsetzung der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes den Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten berücksichtigen kann, ihn aber nicht erfragen darf."
Die Gewerkschaften aus dem Bildungs- und Erziehungsbereich dagegen lehnen auch die geplante Möglichkeit zur Impfstatus-Abfrage für Beschäftigte in Kitas und Schulen ab. "Aus gutem Grund stehen persönliche Daten in Deutschland unter besonderem Schutz. Diesen Schutz müssen wir gewährleisten", sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern. Sie verwies darauf, dass die Impfbereitschaft unter den Beschäftigten in Schulen und Kitas mit "80 bis 95 Prozent ganz weit oben" liege.