Bielefeld. Der Ostwestfale an sich ramentert gerne. Hat er sich beruhigt, drömelt er zuhause rum – am liebsten im Pölter und mit Schluffen an den Füßen. Es sind diese Wörter und Redensarten, die typisch für die ostwestfälische Mundart sind.
"Das Ostwestfälische ist eine Dialektgruppe des Westfälischen und das wiederum ist eine Dialektgruppe des Niederdeutschen oder des Plattdeutschen", erklärt Cornelia Lorenz, Sprachwissenschaftlerin und Dialektologin. Sie arbeitet an der Universität Paderborn und weiß: "Nördlich von Düsseldorf wird traditionell das Niederdeutsche mit all seinen Dialektgruppen gesprochen." Während der westfälische Dialekt vor allem im Münsterland, im Sauerland, in Nordhessen, in Osnabrück und in Ostwestfalen-Lippe gesprochen werde, tauche das Ostwestfälische vor allem in Gütersloh, Bielefeld, Paderborn und Osnabrück auf.
Neue Serie mit Rätsel
- Wie viele andere Autoren hat sich auch der Gütersloher Matthias Borner typisch ostwestfälische Begriffe angeschaut – "aus Spaß an der Freud". Angefangen hat er mit einer Zeitungskolumne in der Gütersloher Ausgabe der Neuen Westfälischen. Mittlerweile erklärt er die regionalen Unterschiede von ostwestfälischen Begriffen in seinen Sprachführern – für die Kreise Gütersloh, Paderborn und Herford sowie für die kreisfreie Stadt Bielefeld (www.ostwestfaelisch.de).
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"Generell leben wir in einem sehr dialektschwachen Raum", sagt Lorenz. Aber es gebe trotzdem Merkmale, die typisch ostwestfälisch sind. Ein Beispiel: "In der Aussprache wird aus dem ,g oft ein ,ch. Zum Beispiel sagen wir ,wech statt ,weg." Ähnlich sei es mit dem Buchstaben "r". "Der wird vokalisiert: Aus ,Kirche wird dann schnell ,Kiache."
Das hat auch der Gütersloher Dieter Meyer-Gieseking herausgefunden. Seit 1981 widmet er sich den Besonderheiten der ostwestfälischen Sprache. Das neueste seiner acht Bücher – "Ostwestfalen-Lippe und seine Mundart" – ist 2012 im Flöttmann-Verlag erschienen. Meyer-Gieseking nennt die ostwestfälische Sprache "Missingsch, einen Mischmasch, verbunden mit der Unfähigkeit, gewissen Buchstabenfolgen zu artikulieren". Elegant sei die ostwestfälische Sprache nicht. "Man erkennt uns überall."
Zu den Merkmalen des ostwestfälischen Dialektes gehören auch die grammatikalischen Besonderheiten. "Akkusativ und Dativ gehen häufig durcheinander", sagt Meyer-Gieseking. Lorenz nennt Konstruktionen wie "ich bin angefangen" oder "ich fahre nach Omma", die typisch ostwestfälisch sind.
Bestimmte Laute und Wörter im Ostwestfälischen stammen aus dem Plattdeutschen. "Wörter wie Pöter, Buxe oder Mauken sind sehr originäre westfälische Wörter", sagt Thomas Walden von der Universität Bielefeld. Gemeinsam mit Petra Pansegrau und Studenten hat er 2012 den Film "Muss ja! Typisch Ostwestfalen" im Bielefelder Lichtwerk-Kino gezeigt. Augenzwinkernd nehmen sie darin die ostwestfälische Mentalität unter die Lupe. Dazu gehört auch, dass es zwischen verschiedenen Städten und Kreisen durchaus Wortunterschiede gibt. So werde der "Pölter" auch schon mal "Polter" genannt, der "Pinöckel" werde zum "Pinörkel", erklärt Lorenz.
Zur Zukunft von Pömpel, Patt und Pillepoppen sagt sie: "Bis heute werden die ostwestfälischen Begriffe im Alltag genutzt – das hält sich, unabhängig vom Alter." Es sei aber auch von Wort zu Wort unterschiedlich. Vor allem den "Pömpel" kenne jeder. Dass "ramentern" das gleiche ist wie rumpoltern, wissen viele Jüngere nicht mehr; und auch, wenn sie selbst viel rumdrömeln – bummeln – nennen sie es oft nicht mehr so.
Viele der typisch ostwestfälischen Begriffe haben mittlerweile Nebenbedeutungen – wenn Wertungen mit einfließen. "Auf dem Land ist der Begriff ,Pölter eine sachliche Beschreibung fürs Nachtgewand", sagt Lorenz. "In der Stadt assoziieren die Menschen mit ,Pölter häufig einen alten, karierten Schlafanzug."
"Das Ostwestfälische verliert sich mit der Zeit", glaubt dagegen Meyer-Gieseking.
Auch der Gütersloher Matthias Borner befürchtet, dass die typischen Wörter weniger werden. Borner ist Autor der Ostwestfälisch-Sprachführer "Pömpel, Patt und Pillepoppen". "Ich habe nur Wörter aufgeschrieben, die ich auch benutze", sagt er. Seinen beiden kleinen Töchtern sage er abends ganz selbstverständlich "Ab in den Pölter". "Es kommt einfach darauf an, ob die Elterngeneration das Ostwestfälische an die Kinder weitergibt."
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