Morgens hin, abends zurück: Fliegen ist inzwischen völlig alltäglich. Für das Klima ist das ein Riesenproblem. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will Flugreisen deshalb teurer machen – und löst damit heftigen Knatsch in der Großen Koalition aus.
Unmittelbar vor der dritten Sitzung des Klima-Kabinetts, ist Schulze vorgeprescht: „Ich bin der Meinung, dass auch der Flugverkehr die Kosten der Klimagasemissionen tragen und sich dies in den Flugpreisen abbilden muss", sagte sie. Deshalb solle die seit 2011 geltende Luftverkehrsabgabe angehoben werden.
Beim Koalitionspartner kam der Vorstoß nicht gut an
Sie strebe zwar eine europaweit einheitliche Lösung an, bis es so weit sei, müsse Deutschland aber alleine vorangehen. „Es kann nicht sein, dass auf bestimmten Strecken Fliegen weniger kostet als Bahnfahren", so die Sozialdemokratin. Die Politikerin verwies auf Frankreich, wo ab 2020 eine Öko-Steuer auf Flugtickets erhoben wird. Das Klima-Kabinett will bis September über eine CO2-Steuer für Sprit, Heizöl und Erdgas entscheiden, Fliegen wäre davon aber nicht betroffen.
Beim Koalitionspartner kam der Vorstoß nicht gut an. „Die Luftverkehrsabgabe in der Langstrecke ist schon doppelt so teuer wie die geplante französische Ökosteuer", sagte Matthias Heider, Vize-Vorsitzender des Wirtschafts- und Energieausschusses im Bundestag. Zwar sei es Konsens in der Koalition, dass alle Sektoren ihren Beitrag leisten müssten – aber nationale Alleingänge schadeten der Wirtschaft.
Chancengleichheit zwischen den Verkehrsträgern
Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU, sagte mit Blick auf Schulze: „So werden wir die Bürger für Klimaschutz nicht gewinnen. Mein Ansatz in diesem Bereich ist es, endlich Chancengleichheit zwischen den Verkehrsträgern zu schaffen. Deshalb sollten die Ticketpreise bei der Bahn gesenkt werden, z.B. mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz."
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte: „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, über Einzelmaßnahmen zu diskutieren." Das wiederum erboste SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch: „Altmaiers Reaktionen der letzten Wochen sind eine Zumutung. Stets kritisiert er, ohne auch nur ansatzweise Lösungen zu präsentieren."
Das sagt die Branche
Und die Branche selbst? Während sich einzelne Fluglinien wie Ryanair offen für höhere Steuern zeigen, ist der Bundesverband Deutsche Luftverkehrswirtschaft strikt dagegen: „Nationale Alleingänge wären der falsche Weg", so Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow. Dies würde nur dazu führen, dass Passagiere zu ausländischen Wettbewerbern wechselten. Unterstützung erhielt die Umweltministerin hingegen von den Grünen und der Umweltorganisation BUND.
Schulzes Ministerium wäre von einer Verteuerung von Flugtickets auch selbst betroffen: Zahlreiche Mitarbeiter fliegen häufig zwischen den beiden Dienststätten Berlin und Bonn hin und her. Für das Jahr 2018 weist die offizielle Statistik 2.755 Flüge aus (Hin- und Rückflüge plus Einzelflüge). Von Januar bis Juli 2019 waren es bereits 1.740 Flüge.