Düsseldorf. Jetzt hat sich auch Norbert Walter-Borjans, von 2010 bis 2017 Finanzminister des Landes NRW, in der Debatte um die Existenzkrise der SPD zu Wort gemeldet. Der Sozialdemokrat, den sie in der Partei wegen seines komplizierten Namens alle nur „NoWaBo" nennen, glaubt, dass es seiner Partei vor allem an glaubwürdigen und begeisterungsfähigen Führungsfiguren fehle.
„Das Wohl und Wehe der SPD hängt davon ab, ob eine oder zwei Persönlichkeiten auf den Plan treten, denen das nach wie vor vorhandene Wählerpotenzial der SPD wieder abnimmt, für die sozialdemokratischen Werte zu stehen und die zugleich Brücken bauen, schreibt Walter-Borjans in einem Beitrag für den „Blog der Republik" im Internet.
Dass "NoWaBo" selbst zu den wenigen noch vorhandenen glaubwürdigen Politikern der SPD gehört, erwähnt der 66-jährige Rheinländer in seinem Beitrag freilich nicht. Als Finanzminister galt er als „Robin Hood der Steuerzahler", weil er sich wie kein anderer für Steuergerechtigkeit einsetzte und sich dem konsequenten Kampf gegen Steuerhinterziehung der Reichen verschrieben hatte.
Wählerschaft nehme der SPD die Sozialdemokratie nicht mehr ab
Ein Mann mit viel sozialdemokratischer Glaubwürdigkeit – demzufolge käme er eigentlich selbst als Bewerber um den Parteivorsitz in Frage. Öffentlich im Gespräch ist er bislang nicht. Immer noch gebe es ein Wählerpotenzial für die SPD von 30 Prozent. Allerdings nehme die Hälfte davon der SPD die Sozialdemokratie nicht mehr ab, sagt Walter-Borjans.
Nein, viel Sympathie für die SPD-interne Plattform „SPDpur 2030", die den Linksruck der angeschlagenen SPD verhindern will, habe er nicht, sagt "NoWaBo" im Gespräch mit der NW. Die sei ihm zu eng fokussiert auf die „immer kleiner werdende frühere Hauptklientel der SPD". Die SPD habe ihre frühere Kraft immer aus einem Bündnis mit weitsichtigen Kräften aus Kultur, Wissenschaft und aufgeklärtem Bürgertum geschöpft, die erkannt hätten, dass die gesamte Gesellschaft davon profitiere, wenn auch das Leben für die sozial Schwächeren trotz der Veränderungen kalkulierbar bleibe.
Die Grünen seien nicht der Hauptgegner der SPD, sondern nach wie vor der am nächsten stehende Verbündete. Klimaschutz und die Verteilungsfrage seien die großen Themen, um die es gehe. Im Übrigen sei auch Klimapolitik Umverteilungspolitik. Eine wirkungsvoller Klimaschutz bürde die Lasten nicht einseitig zukünftigen Generationen auf, sondern verteile sie gerecht unter den Generationen. Die Grünen allerdings weichten der Frage aus, wer die Rechnung der Lasten der Gegenwart zahle. Und darin liege die große Chance der SPD.