Parteikreise

Nach Kühnerts Rückzug: Matthias Miersch soll neuer SPD-Generalsekretär werden

Die Entscheidung fällt schnell: Nur Stunden nach dem Rücktritt von Kevin Kühnert steht fest, wer ihm als SPD-Generalsekretär folgen soll. Wer ist Matthias Miersch?

Matthias Miersch (SPD) im Bundestag. Er soll neuer Generalsekretär werden. | © Britta Pedersen/picture alliance/dpa

Daniela Vates
07.10.2024 | 08.10.2024, 12:21

Berlin. Es ist erst zwei Wochen her, da hat Matthias Miersch eine Erklärung auf seine Internetseite gestellt: „Im Kern spüre ich, dass ich gerade in diesen Zeiten noch etwas bewegen kann und möchte“, schrieb er da und begründete damit seine erneute Kandidatur für den Bundestag bei der nächsten Wahl. Jetzt kann er plötzlich ganz viel bewegen – zumindest potenziell: Die SPD nominierte ihn am Montagabend als neuen Generalsekretär, ein schneller Ersatz für den wenige Stunden zuvor überraschend zurückgetretenen Kevin Kühnert.

Auf den 35-jährigen, energiegeladenen Ex-Juso-Chef aus Berlin, der Olaf Scholz als Parteichef verhinderte und ihn dann als Kanzler stützte, folgt nun ein 55-Jähriger mit einer deutlich längeren Parteikarriere. Seit 2005 sitzt Miersch im Bundestag, in dieser Wahlperiode rückte er zum Vize-Fraktionschef auf, mit Zuständigkeit für sein langjähriges Lieblingsthema Umweltpolitik und für Energiefragen.

Fünfmal hat der Jurist seit 2005 ein Direktmandat für den Wahlkreis Hannover-Land II gewonnen. Ein SPD-Wahlkreis war das auch zuvor meist, aber Wahlen gewinnen ist schon mal ein ganz gutes Einstellungskriterium bei der SPD angesichts des lang anhaltenden Umfragetiefs. Miersch ist ab sofort oberster Wahlkampfmanager der SPD. Er muss die Aufholjagd organisieren, die die SPD sich vorstellt, damit Olaf Scholz weiter Kanzler bleiben kann.

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Miersch ist als SPD-Generalsekretär sofort arbeitsfähig

Warum nun ausgerechnet Miersch? Ein paar Kriterien hat es gegeben bei der Auswahl, an der Kühnert mitgewirkt haben soll: Sofort arbeitsfähig musste der oder die Neue sein – ein Jahr vor der Bundestagswahl kann sich keine Partei eine längere Vakanz auf dem Generalsekretärsposten leisten, die Wahlkampfvorbereitung läuft bereits an. Und möglicherweise muss ja alles noch schneller gehen: Die FDP bringt alle paar Tage wieder ein vorzeitiges Ende der Ampelkoalition ins Gespräch. Ein Vorstandsmitglied musste also her, um langwierige Parteitags-Prozeduren zu umgehen.

Die erneute Wahl eines Kandidaten vom linken Parteiflügel, dem auch Kühnert angehört, ist der Versuch, den Fliehkräften in der Partei entgegenzutreten. Zuletzt kam vom linken Flügel deutliche Kritik unter anderem an Entscheidungen von Scholz zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland. Nicht zuletzt ist Miersch auch Niedersachse, ein weiterer in der SPD-Führung neben Klingbeil, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Arbeitsminister Hubertus Heil. Seit ein paar Jahren führt Miersch, Anwaltsspezialgebiete Strafrecht, Saatgut- und Sortenrecht, den SPD-Bezirk Hannover.

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Angriffslust ist gefragt

Und dann ist da bei einem Generalsekretär noch – und das vor allem – Angriffslust gefragt. Wie die bei dem eher umgänglich und verbindlich auftretenden Miersch ausfällt, ist noch offen: Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz muss gestellt werden, dessen Partei derzeit die Umfragen anführt. Und auch der trotz rechtsextremer Anwandlungen und Demokratiefeindlichkeit erstarkten AfD will die SPD weiter entgegentreten.

„Meine feste Überzeugung ist es, dass man Erfolg organisieren kann“, so hat es SPD-Chef Klingbeil am Montag bei der Verkündung von Kühnerts Rücktritt gesagt. Es war der Arbeitsauftrag an Miersch.