Berlin (dpa). Der Chef des Beamtenbundes dbb, Ulrich Silberbach, hat CDU-Vize Carsten Linnemann "Beamtenbashing" vorgeworfen. Der Paderborner Bundestagsabgeordnete Linnemann hatte in einem Buch erklärt, dass sich Deutschland in einer Krise befinde und eine drastische Beschneidung des Beamtenapparats gefordert. Zum Start des Gewerkschaftstags des dbb, bei dem Silberbach an diesem Montag in seinem Amt bestätigt werden will, warf der dbb-Vorsitzende dem stellvertretenden CDU-Chef "Beamtenbashing zur Buchvermarktung" vor. Linnemann wies die Kritik umgehend zurück.
Der CDU-Vize sagte am Sonntag in Berlin, allein von 2012 bis 2021 seien die Personalausgaben des Bundes laut Steuerzahlerbund um 9 auf 36 Milliarden Euro gestiegen. "Und es ist die Politik selbst, die mit schlechtem Beispiel vorangeht. Wir haben mittlerweile so viele Minister, Staatssekretäre und Regierungsbeauftragte wie nie zuvor." Die Beamtenapparate in den Ministerien würden immer weiter aufgebläht.
Linnemann plädierte dafür, in Deutschland künftig nur noch in sicherheitsrelevanten und hoheitlichen Bereichen zu verbeamten. "Sicherheitsbehörden, Justiz, Finanzverwaltung und Bundeswehr. Hier existiert fraglos ein besonderes Treueverhältnis zum Staat."
Silberbach hatte Linnemann umfangreiche Vorwürfe gemacht. "Die Linnemänner dieser Republik sollten besser die Verfassungsmäßigkeit der Beamtenbesoldung wiederherstellen", sagte Silberbach in Berlin. Demnach sind die Dienstherrn verpflichtet, der Beamtin oder dem Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der dbb hatte hier mehreren Ländern unzureichende Regeln vorgeworfen.
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Silberbach sagte zudem: "Wenn uns die Krisen der letzten Jahre eins gelehrt haben, dann, dass wir den öffentlichen Dienst stärken müssen, nicht demolieren." Es gebe zwar tatsächlich große Probleme in Deutschland. Das seien Fachkräftemangel, Überalterung und ein "Verfall der öffentlichen Infrastruktur". Doch er kritisierte: "Alles, was diesen ,Reformern' einfällt, ist Lehrer-Entbeamtung und Stellenabbau."
Silberbach, der selbst CDU-Mitglied ist, sagte: "Die CDU/CSU war lange Zeit Garant für einen starken öffentlichen Dienst." Jetzt scheine es ihr darum zu gehen, den Berufsnachwuchs abzuschrecken.

Linnemann sagte in seiner Reaktion, er hätte sich gefreut, wenn Silberbach mit ihm das Gespräch gesucht und ihn gegebenenfalls zum Gewerkschaftstag eingeladen hätte. "Dann hätte man es offen diskutieren können." Ihm sei es nur darum gegangen, Deutschland voran zu bringen. Ein dbb-Sprecher teilte am Sonntag mit, Linnemann sei zum Gewerkschaftstag eingeladen gewesen.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) teilte am Sonntag angesichts der Debatte mit, die bayerische Staatsregierung stehe ohne Wenn und Aber zum Berufsbeamtentum und ihren Beamtinnen und Beamten. Während der Corona-Pandemie habe man gesehen, wie wichtig diese für einen funktionierenden Staat seien. Dank ihnen seien schnell Hilfen bewilligt und ausgezahlt worden. Wichtiger sei es, Deutschland zu entbürokratisieren.
Silberbach steht seit 2017 an der Spitze des Verbandes dbb beamtenbund und tarifunion. Der dbb ist ein Dachverband von Gewerkschaften vorwiegend des öffentlichen Dienstes und hat rund 1,3 Millionen Mitglieder. Er versammelt Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamten in seinen Reihen. Vor dem am Sonntag gestarteten dbb-Gewerkschaftstag in Berlin war eine Kampfkandidatur gegen Silberbach bekannt geworden. Der Vorsitzende des Verbands Deutscher Realschullehrer, Jürgen Böhm, kandidiert ebenfalls für den dbb-Vorsitz.