
Es war ein Geschäft mit Not und Mangel: Zu Beginn der Corona-Pandemie waren Schutzmasken dringend gesucht, Bundes- und Landesregierungen bemühten sich um Nachschub und zahlten dafür ganz ordentlich. Abgeordnete bemühten sich, Verbindungen zu Lieferanten knüpfen – und manche ließen sich dafür bezahlen.
Rund 1,2 Millionen Euro Provision soll der CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter kassiert haben, etwa 600.000 Euro der damalige Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion Georg Nüßlein, mehrere 100.000 Euro der CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel. Es gab einen Aufschrei, CDU und CSU distanzierten sich von ihren Kollegen. Nüßlein trat aus der CSU aus und zog sich aus dem Bundestag zurück, Sauter, einst bayerischer Justizminister, verließ die Landtagsfraktion. Löbel verließ CDU und Parlament.
Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Verfahren gegen Sauter und Nüßlein, dass diese ihr Geld behalten dürfen. Es war die letzte Gerichtsinstanz, so wird es also bleiben. Die Abgeordneten hätten mit zwei Unternehmen zusammengearbeitet, die Masken aus Asien gewinnbringend an Bundes- oder Landesbehörden verkaufen wollten, stellte der BGH fest. Sie hätten auf Vertragsabschlüsse hingewirkt, und dabei auf ihre Abgeordnetenfunktion hingewiesen. Eine Entlohnung sei vereinbart gewesen. Als bestechlich könne man die beiden Politiker aber nicht bezeichnen, da das Strafgesetzbuch dafür eine Handlung im Auftrag „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ voraussetze. Kurz gesagt: Bestechlich ist ein Abgeordneter nur, wenn er sich sein Abstimmungsverhalten bezahlen lässt.
Grüne und SPD drängen auf Veränderung
Ausdrücklich hebt der BGH den Wortlaut des Gesetzes hervor – und das über diesen der Gesetzgeber entscheide. „Falls der Gesetzgeber eine Strafbarkeitslücke erkennen sollte, ist es seine Sache darüber zu befinden“, fügen die Richter hinzu. Es wirkt wie ein Wink mit dem Zaunpfahl. Im Koalitionsvertrag ist eine Gesetzesverschärfung bereits angekündigt. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ließ wissen, weil es sich um ein Vorhaben handele, das die Parlamentarier direkt betreffe, warte er auf Vorschläge aus den Fraktionen.
Grüne und SPD aber drängen auf Veränderung, sie klingen wie ein Echo des BGH. „Wir müssen die Strafrechtslücke bei der Abgeordnetenbestechung schließen“, sagte die Bielefelder Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann der Redaktion. Viele Menschen seien zu Recht empört, dass Abgeordnete straffrei blieben, die sich mit „schamloser Selbstbereicherung“ hervorgetan hätten. Die 2021 beschlossene Erhöhung des Strafmaßes für Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit sei nicht ausreichend gewesen
Auch SPD-Vize-Fraktionschef Dirk Wiese sagte der Redaktion: „Wir müssen einen wirksamen und anwendbaren Weg zur Schließung der Strafbarkeitslücke finden.“
Unabhängig von der Gerichtsentscheidung gebe es bei den Maskendeals aber auch noch die Dimension der moralischen Verwerflichkeit. „In dieser Hinsicht dürfte kaum jemand behaupten können, dass Herr Sauter und Herr Nüßlein als Sieger herausgekommen sind.“ Nüßlein sieht das offenbar anders. Das BGH-Urteil zeige, dass Korruptionsvorwürfe gegen seine Person haltlos gewesen seien, ließ er seinen Anwalt verbreiten.