Corona-Online-Tests: Innovation für den Herbst oder völlig unbrauchbar?

Bielefeld. Ab dem 11. Oktober werden Corona-Bürgertests nicht mehr kostenlos sein. Das Unternehmen Coteon aus Bad Schwartau sieht darin eine Marktlücke für ihr neues Produkt: einen Corona-Online-Test. Ungeimpfte sollen einfach mit ihrem Smartphone von Zuhause aus ein Testzertifikat bekommen, mit dem sie dann weiter am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Das Problem bei der Sache: Das ausgestellte Zertifikat darf eigentlich nirgendwo verwendet werden. Das sagt zumindest das Bundesgesundheitsministerium. Ein Corona-Test über das Internet: Wie soll das überhaupt funktionieren? Wie Coteon in einem Werbevideo und auf seiner Homepage zeigt: Zunächst braucht es einen Corona-Selbsttest. Dann filmen sich die Kunden mit einem PC, Tablet oder Smartphone bei der Durchführung des Tests. Vorher müssen sie per Ausweis ihre Identität bestätigen. Die Testprobe muss 15 Minuten im Bild bleiben und anschließend soll das Ergebnis in die Kamera gehalten werden. Coteon schreibt in einer Pressemeldung, dass daraufhin "geschultes Personal" das Video auswertet und innerhalb von zwei Stunden "das rechtsgültige Zertifikat" per Email zuschickt. "Das kannst du überall dort vorzeigen, wo du einen tagesaktuellen Coronatest benötigst", heißt es im Werbevideo. Der TüV Rheinland bestätigt eine Zertifizierung des Verfahrens Die Kosten für den Online-Test: 14,90 Euro für das Testverfahren. Für 19,90 Euro kann man sich auch einen entsprechenden Selbsttest zusätzlich zuschicken lassen. Das ist ein ähnlicher Preis, wie er in OWL auch in Schnelltestzentren ab Mitte Oktober anfallen wird. Der TüV Rheinland bestätigt auf Anfrage, dass Verfahren von Coteon zertifiziert und getestet zu haben. So weit, so einfach? Nein, denn wie Coteon auch selbst in einer Pressemitteilung anmerkt: Das Bundesgesundheitsministerium erkennt Corona-Online-Tests generell nicht an. Auf Nachfrage der Redaktion beim Ministerium heißt es: "Die Testverordnung sieht für diese Tests auch keine Möglichkeit zur Ausstellung eines Testnachweises vor. Auch die Erstellung eines Testnachweises im Sinne der COVID-19 Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung scheidet bei einer videoüberwachten Selbsttestung aus." Denn damit ein Zertifikat über ein Testergebnis ausgestellt werden könne, müssten "fachkundige Dritte" den Test entweder selbst durchführen oder überwachen und dabei wenn nötig eingreifen können. "Im Falle einer videoüberwachten Testung ist eine derart gründliche Überwachung der Testung nur eingeschränkt möglich", heißt es weiter vom Ministerium. Es könne so kein "kein gültiger Testnachweis im Sinne der COVID-19 Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung erstellt werden". Können Kunden das Zertifikat überhaupt nutzen? Das würde bedeuten, dass Kunden zwar für einen Corona-Online-Test bezahlen und ein Zertifikat erhalten können, dieses Zertifikat aber nach den 3G-Regeln – geimpft, genesen, getestet - nicht gültig wäre. Das hieße, dass es bei einem Restaurant- oder Kinobesuch oder ähnlichem nicht angenommen werden dürfte. Coteon hat jedoch an dieser Stelle eine andere Rechtsauffassung. Auf Nachfrage der Redaktion zitiert das Unternehmen ein Rechtsgutachten laut dem ihre Tests "gleichermaßen gültig sind wie eine von einem physischen Testzentrum ausgestellte Bescheinigung über einen Antigen-Schnelltest". Das Zertifikat würde alle Vorausssetzungen der Corona-Testverdordnung erfüllen, außer dass jemand den Test vor Ort überwacht, antwortet das Unternehmen weiter. Als Nachweis für die Verlässlichkeit beruft sich Coteoan auch darauf, dass sie acht bis zehn Prozent ihrer Kunden kein Zertifikat ausstellen, weil sie den Test falsch durchführen. Das Unternehmen verweist darauf, den Online-Test bereits Vertretern des Kanzleramtes, des Gesundheitministeriums sowie zahlreichen Bundestagsabgeordneten und weiteren Politikvertretern vorgestellt zu haben. "Hier haben wir durchgehend positives Feedback erhalten", sagt das Unternehmen. Deswegen seien sie über die Position des Bundesgesundheitsministeriums verärgert: "Das Bundesgesundheitsministerium verpasst gerade jedoch erneut eine Digitalisierungs-Chance und bremst die Möglichkeit aus, jetzt einen hohen qualitativen Teststandard für die Online-Testung zu definieren." Trotzdem werden die Online-Tests schon verwendet Obwohl das Bundesgesundheitsministerium Online-Tests als nicht gültig bezeichnet, werden sie vereinzelt bereits eingesetzt. So führt die Lufthansa Coteons Produkte auf ihrer Webseite als mögliche Testmöglichkeiten für die Einreise nach Deutschland und Österreich auf. Die Frage, ob sich das Unternehmen bewusst ist, dass das Ministerium die Tests nicht anerkennt, bleibt auf Nachfrage unbeantwortet. Das wirft letzten Endes die Frage auf, ob die Zertifikate nicht doch verwendet werden können, selbst wenn sie laut Gesundheitsministerium ungültig seien sollten. Denn wie genau würden Kinos, Restaurants und Co. tatsächlich kontrollieren, ob ihnen ein Test-Nachweis aus einer anerkannten Teststelle oder ein Online-Testnachweis vorgelegt wird?

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