Anhalt-Bitterfeld

Katastrophenfall nach Hackerangriff: Landkreis weiter schwer getroffen

Einen Monat ist der Cyberangriff auf Anhalt-Bitterfeld her. Die Folgen wiegen schwer. Nicht für die Infrastruktur. Die Täter veröffentlichten auch Daten.

Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld hatte wegen einer schweren Cyberattacke auf das Netzwerk seiner Verwaltung den Katastrophenfall ausgerufen. | © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

06.08.2021 | 06.08.2021, 18:10

Düsseldorf/Köthen (AFP/dpa). Einen Monat nach dem Cyberangriff auf die Kreisverwaltung von Anhalt-Bitterfeld macht der Landkreis kleine Schritte in Richtung Normalität. Die aus Sicht der Verwaltung prioritären Dienstleistungen und die Zahlungsfähigkeit seien zwar mittlerweile sichergestellt, sagte ein Sprecher. Bis alle Mitarbeiter mit einem neuen IT-System arbeiten könnten, würden aber mindestens noch vier bis fünf Wochen vergehen. Jeder einzelne Rechner müsse "platt gemacht werden" - dann müssten die Anwendungen wieder aufgespielt werden.

Der Landkreis hat etwa 900 Mitarbeiter und den Angaben zufolge mehr als 1.000 PCs und Laptops.

KfZ-Zulassungen nur dank Übergangslösung

Seit Dienstag können in Köthen wieder Kraftfahrzeuge zugelassen werden, das funktioniert den Angaben zufolge allerdings nur dank einer Übergangslösung. In allen anderen Ämtern ist eine Zulassung daher nach wie vor nicht möglich. Weitere Bereiche wurden den Angaben zufolge ausgelagert.

"Unser Gesundheitsamt ist beispielsweise in Dessau tätig", sagte der Sprecher. Viele Dienstleistungen könnten mit einer Zwischenlösung aktuell nicht umgesetzt werden. Es ist alles wichtig, aber wir müssen prioritär handeln. Und Priorität hat die neue Infrastruktur", so der Sprecher weiter.

IT-Stabsoffizier soll helfen

Derweil kündigte die Bundeswehr Cyber-Amtshilfe an: "Die Bundeswehr beabsichtigt die Entsendung eines IT-Stabsoffiziers aus dem Kommando Cyber- und Informationsraum", sagte eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums der Wirtschaftswoche.

Der Soldat werde den Krisenstab des Landkreises Anhalt-Bitterfeld personell unterstützen und die Wiederherstellung des IT-Systems koordinieren. Die Kosten trage der Bund.

Persönliche Daten im Darknet

Am 6. Juli waren Server des Landkreises aus unbekannter Quelle mit einer Schadsoftware infiziert worden. In der Folge wurden Dateien verschlüsselt. Nach einer Geldzahlung sollten die Daten wieder freigegeben werden, der Landkreis lehnte jedoch eine Lösegeldzahlung ab. Am 9. Juli rief er den Katastrophenfall aus, um schneller auf die Situation reagieren zu können.

Die schwere Hackerattacke trifft nach Informationen des Spiegel zahlreiche Abgeordnete persönlich. Die Kriminellen hätten nach bisherigem Kenntnisstand personenbezogene Daten von 92 Personen im Darknet veröffentlicht, berichtet das Magazin. 42 davon sind nach Spiegel-Informationen Mitglieder des Kreistags. Zu den persönlichen Daten zählten Handynummern, Privatanschriften, Bankverbindungen sowie Namen früherer Arbeitgeber.

"Nicht vollständig zu verhindern"

"Cyberangriffe werden sich nicht vollständig verhindern lassen", sagte Kay Ruge, Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, der Wirtschaftswoche. Entscheidend sei, die eigene Verwaltung samt ihrer IT-Systeme so aufzustellen, dass solche Angriffe keine so umfassenden Schäden auslösen.

Allerdings müsste die finanzielle Ausstattung auch ausreichen, um die erforderlichen Investitionen in die Technik auch stemmen zu können. "Wer sowieso knapp bei Kasse ist, wird die Sanierung einer Schule politisch leichter durchsetzen können als die Schaffung zusätzlicher Stellen und einer neuen IT-Struktur", sagte Ruge. "Bei der Finanzierung und Durchsetzung von Cyber-Sicherheit in den Kommunen müssen deshalb auch die Bundesländer stärker in die Verantwortung genommen werden", forderte er.