Bund-Länder-Gipfel

Das sind die neuen Corona-Beschlüsse

Silvester feiern zu zehnt? Als große Party zählt das in normalen Jahren nicht. Doch im Vergleich zu den sonstigen Dezember-Beschränkungen wäre das schon eine Lockerung. Der Überblick.

Unter anderem die Gastronomie bleibt weiter geschlossen. | © picture alliance / SvenSimon

26.11.2020 | 27.11.2020, 10:22

Berlin (dpa/nw/afp). Die Coronavirus-Neuinfektionen steigen nicht mehr so dramatisch an. Dennoch sei „das eigentliche Ziel einer deutlichen Reduktion der Neuinfektionen bisher nicht erreicht", wie Bund und Länder feststellen. Mit den neuen Beschlüssen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten kommen weitere Wochen das Verzichts auf das Land zu. Die Details:

Teil-Lockdown
Die Schließung von Kneipen, Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen wird bis zum 1. Januar verlängert, aus formalen Gründen ist dies aber zunächst nur bis zum 20. Dezember möglich. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sollten bis Anfang Januar weiter gelten, erklärte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach dem Gipfel: „Alle Restaurants sind geschlossen, auch an Weihnachten." Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, dass der Teil-Lockdown bis Anfang Januar verlängert werde. Es gehe unter den Regierungschefs niemand davon aus, dass Hotels und Gaststätten vorher geöffnet würden.

Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet. In Geschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern soll sich höchstens eine Person je 10 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten. Bei Geschäften, die größer sind, darf auf die zusätzliche Fläche dann höchstens eine Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche kommen.

Kontaktbeschränkungen
Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt und in jedem Fall auf fünf Personen zu beschränken, Kinder bis 14 ausgenommen. Schleswig-Holstein hält an seinen eigenen Regeln fest.

Mund-Nasen-Schutz
In geschlossenen Räumen, die öffentlich zugänglich sind, hat jeder eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Das gilt auch für öffentliche Verkehrsmittel und belebten öffentlichen Orten. So soll die Maskenpflicht nun auch vor Einzelhandelsgeschäften und auf Parkplätzen gelten. Über die Tragepflicht an anderen öffentlichen Orten entscheiden die örtlichen Behörden.

Kontaktregeln für Weihnachten und Silvester
Vom 23. Dezember bis längstens 1. Januar sollen Treffen „im engsten Familien- oder Freundeskreis" mit höchstens zehn Personen stattfinden dürfen, ob drinnen oder draußen. Kinder bis 14 Jahren zählen nicht mit.

Feuerwerk
Silvesterfeuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen wird untersagt. Grundsätzlich wird „empfohlen", zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten. Sachsen appelliert an die eigenen Bürger, beim Silvesterfeuerwerk besonders auf Mindestabstände zu achten.

Betriebsferien
Arbeitgeber werden „dringend gebeten" zu prüfen, ob Betriebsstätten durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar schließen können.

Schulen und Kitas
Kinderbetreuung und Schulen sollen offen bleiben. Vereinbart wurde eine Maskenpflicht im Unterricht ab der 7. Klasse, abhängig von den regionalen Corona-Zahlen. Als unscharfe Grenze werden hier im Papier „deutlich mehr" als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner genannt. Positiv getestete Schüler und ihre Mitschüler sollen sofort in eine fünftägige Quarantäne. Wer dann per Schnelltest negativ getestet wird, darf die Quarantäne beenden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, sprechen bei der Videokonferenz mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. - © Guido Bergmann/BPA/Handout via Reuters
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, sprechen bei der Videokonferenz mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. | © Guido Bergmann/BPA/Handout via Reuters


Ein großflächiges Umschwenken auf sogenannten Wechselunterricht ist in Deutschland trotz anhaltend hoher Corona-Zahlen nicht geplant. Über abwechselnden Unterricht in geteilten Gruppen zu Hause und in der Schule wird weiterhin vor Ort entschieden, abhängig von den regionalen Corona-Zahlen. "Weitergehende Maßnahmen für die Unterrichtsgestaltung" sollten „schulspezifisch" umgesetzt werden, bei einem Infektionsgeschehen mit einer Inzidenz oberhalb von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche (Extrem-Hotspots).

Sogenannter „Hybridunterricht" wird auch nicht verpflichtend, sondern nur als Beispiel für etwaige Zusatzmaßnahmen genannt. Zudem sollen solche Maßnahmen auf Schüler ab der 8. Klasse - ausgenommen der Abschlussklassen - beschränkt bleiben.

Schutz von Risikogruppen und Schnelltests
Der Schutz von Risikogruppen soll verbessert werden. Für Pflegebedürftige in Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember mindestens 30 Schnelltests pro Monat geben.

Bahnverkehr
Um den Reiseverkehr sicherer zu machen, soll die „Sitzplatzkapazität" bei der Bahn deutlich erhöht werden, um noch mehr Abstand zwischen den Reisenden zu ermöglichen. Die Reservierbarkeit der Sitzplätze soll parallel dazu beschränkt werden. Die „Maskenkontrollen" sollen weiter verstärkt werden, so dass täglich mehr Fernzüge kontrolliert werden.

Finanzhilfen
Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene Firmen und Einrichtungen sollen im Dezember fortgeführt werden. Der Bund plant Finanzhilfen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro, wie die dpa erfuhr.

Weihnachtsferien
Sie beginnen fast überall am 19. Dezember. Der 19. Dezember ist der Samstag vor Heiligabend. Heiligabend fällt in diesem Jahr auf einen Donnerstag. Bis auf Bremen und Thüringen sollen die Ferien nun überall an diesem Tag beginnen. Die beiden Länder behalten sich laut Beschluss vom Mittwoch „eine länderindividuelle Regelung hinsichtlich des Ferienbeginns" vor.

Dritte Schwelle
Bund und Länder haben nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel eine dritte Schwelle bei den Sieben-Tages-Inzidenzen eingezogen. Bei mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen müssten noch einmal schärfere Einschränkungen verhängt werden. Dies betreffe zurzeit ganz Berlin sowie 62 Landkreise in Deutschland.

Gottesdienste
Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen zu Weihnachten im Gespräch mit den Ländern Konzepte zur Kontaktreduzierung bei Gottesdiensten und anderen Zusammenkünften erarbeiten. Religiöse Zusammenkünfte mit Großveranstaltungscharakter sollten vermieden werden.

Sport
Der Sport bleibt wie erwartet mindestens bis Weihnachten im Teil-Lockdown und darf auch nach den Feiertagen nicht auf schnelle Lockerungen der Corona-Regelungen hoffen. „Die Lage erlaubt es nicht, die Maßnahmen aufzuheben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Profi-Ligen dürfen in diesem Jahr somit nicht mehr auf die Rückkehr von Zuschauern in die Stadien und Hallen hoffen, ihren Spielbetrieb mit Geisterspielen aber zumindest fortsetzen. Der Amateur- und Breitensport bleibt weiter mit wenigen Ausnahmen untersagt.Für Millionen Sportler bedeutet dies einen weitgehenden Stillstand bis ins nächste Jahr hinein.

Der weitere Weg
Bis zum 20. Dezember soll sich das Infektionsgeschehen deutlich verbessern, so das Ziel. Vor Weihnachten wollen Bund und Länder die Lage noch einmal bewerten. Bei einer Inzidenz von „deutlich" unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen und falls weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder die Maßnahmen lockern können.

Verständnis und Kritik
Städtetagspräsident Burkhard Jung zeigte Verständnis für die Maßnahmen. "Es schmerzt, dass der Teil-Lockdown fortgesetzt werden muss. Jetzt die Kontakte noch weiter zu reduzieren, verlangt uns viel ab", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Aber die Corona-Lage lässt derzeit nichts anderes zu. Je stärker wir jetzt die Regeln einhalten, desto besser kommen wir hoffentlich durch den Winter." Er hoffe auf Lockerungen, wenn Impfstoffe verfügbar seien.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte den Funke-Zeitungen, die Lockerungen für Weihnachten und Silvester seien riskant. Er hoffe, dass daraus kein "Kickstarter für die Pandemie" entstehe. "Aber die Befürchtung ist, dass schärfere Regeln für diese Zeit von der Bevölkerung auch nicht akzeptiert würden." Er räumte ein: "De facto haben wir keine Möglichkeit, die Erhaltung der Vorschriften wirksam zu kontrollieren. Daher müssen wir an die Bevölkerung appellieren - und schauen, ob es funktioniert oder nicht."

Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, unterstützte den Appell zum Verzicht auf das Silvesterfeuerwerk. Die Kliniken seien in der Pandemie ohnehin schon sehr belastet. "Die Ärztinnen und Ärzte in den Notaufnahmen werden es allen danken, die keine Raketen zünden und erst recht auf Chinaböller verzichten. An Silvester müssen jedes Mal schwerste Verletzungen an Händen und Augen behandelt werden, auch Knalltraumata sind häufige Folgen", sagte sie den Funke-Zeitungen. Hinzu komme die Belastung von Umwelt und Gesundheit durch Feinstaub. "Das alles sollten wir uns diesmal bitte sparen." Bund und Länder müssten endlich dafür sorgen, dass ausreichend Schnelltests für Klinikpersonal zur Verfügung stünden, sagte Johna dieser Redaktion.

Die Vorsitzende der Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, nannte die Beschlüsse für den Schulbereich "enttäuschend und riskant". Sie sagte dieser Redaktion, sie hätte sich stärkere Entscheidungen für den Wechselunterricht gewünscht, also die Aufteilung von Klassen in Schülergruppen, die dann abwechselnd zu Hause und in der Schule unterrichtet werden.