Das steckt hinter "Widerstand 2020"

Bielefeld/Berlin. Wochenlang war von Kritikern der strengen Anti-Corona-Politik wenig zu hören, nun werden sie um so lauter: Ein &bdquo;diktatorisches Hygiene-Regime" herrsche in Berlin, heißt es in einem Aufruf der Organisation &bdquo;Demokratischer Widerstand", die seit einiger Zeit in der Hauptstadt &bdquo;Hygiene-Demos" mit stetig wachsendem Zulauf veranstaltet. Die Organisatoren um den Dramaturgen Anselm Lenz sind überzeugt, dass die Regierung die Corona-Maßnahmen nur erlässt, um den &bdquo;Zusammenbruch des Finanzmarktkapitalismus" zu vertuschen und im Schatten der Krise ein autoritäres System zu errichten. Man müsse das Grundgesetz verteidigen gegen den &bdquo;Coronafaschismus". Klingt links? Ist es auch. Gleichzeitig aber mischen sich unter die, die da aufbegehren gegen die Einschränkungen von Demonstrationsfreiheit, Schulschließungen und Kontaktverbote offenbar immer mehr Rechtsextreme, radikale Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und Antisemiten. Werbung für die &bdquo;Hygiene-Demos macht beispielsweise der einstige RBB-Moderator Ken Jebsen, der als Verschwörungstheoretiker gilt. Dabei ist auch Nikolai Nerling, ein selbst ernannter &bdquo;Volkslehrer", der wegen rechtsextremistischer Aktivitäten aus dem Berliner Schuldienst entlassen wurde. Sie halten Corona für eine leichte Grippe Sie eint, dass sie Corona für eine hysterisch überschätzte Erkrankung halten, die eigentlich nichts weiter als eine Grippe sei. In immer mehr deutschen Städten gibt es inzwischen &bdquo;Spaziergänge" der Organisation, auch in Paderborn ist einer geplant. Bei den Demos geht es gegen die massiven Einschränkungen, die der Corona-Alltag mit sich bringt. Aber eben auch gegen den angeblich drohenden &bdquo;Impfzwang" oder gegen Bill Gates, der im Geheimen die WHO und die Charité lenke. Darunter mischen sich auch Thesen, wonach Flüchtlinge oder Juden für die Verbreitung des Virus verantwortlich seien. Und es werden Plakate hochgehalten mit dem Slogan &bdquo;Widerstand 2020". Parteigründung für Unzufriedene Unter diesem Schlagwort hat sich inzwischen eine Partei gegründet, die den Unzufriedenen eine Heimat geben will. Auf den ersten Blick ist auf der Homepage der &bdquo;Mitmach-Partei" viel zu lesen über Solidarität, Menschlichkeit und &bdquo;wahrhafte Demokratie". Experten wie der Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent aber urteilen: &bdquo;Widerstand 2020 ist derzeit ein diffuses Sammelbecken. Wissenschaftsfeinde treffen auf Verschwörungstheoretiker, Rechtspopulisten und linksesoterische Impfgegner", sagt Quent, der das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena leitet, dem ZDF. SPD-Landtagsabgeordnete Nadja Lüders jedenfalls ist beunruhigt. Sie sieht &bdquo;Schnittmengen zu verfassungsfeindlichen Organisationen wie z.B. den ,Reichsbürgern’ und bekannten Neonazis", wie es in einer Kleinen Anfrage an die NRW-Landesregierung heißt. Mitgliederzahl nicht zu überprüfen Mehr als 100.000 Mitglieder habe sie inzwischen, behauptet die Partei, von der der Bundeswahlleiter bisher nichts weiß. Das wären mehr als FDP oder AfD. Überprüfen lässt sich die Zahl nicht. Lüders argwöhnt: &bdquo;Besucher der Homepage werden offenbar unmittelbar in einem Zähler als registrierte Mitglieder geführt". Auch die Finanzierung sei &bdquo;dubios". In der Tat ist die Rede von &bdquo;anonymen Spenden" – die aber sind nach Parteiengesetz ab einer Höhe von 500 Euro verboten. Das Programm von &bdquo;Widerstand 2020" ist bisher dünn. Hat es aber in sich: Man brauche ein &bdquo;Notstandsparlament" aus 700 &bdquo;mündigen Bürgern", das an die Stelle des gewählten Parlaments treten solle, das ja doch nur &bdquo;willkürliche" Entscheidungen treffe. NRW-Ableger in Gründung Ob die Partei auch in NRW einen Ableger gründen wolle, will Lüders von der Landesregierung wissen. Einen inoffiziellen Facebook-Auftritt jedenfalls hat sie bereits. Betrieben wird sie aus Ostwestfalen – vom Heilpraktiker Jann-Oliver Broschinski in Bad Oeynhausen.

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