Meinung

Die Wehrpflicht sichert die besten Köpfe

Die Debatte um die Wehrpflicht wird falsch geführt. Denn es geht nicht in erster Linie um Masse, sondern um Fähigkeit. Die Herausforderungen sind andere, kommentiert Carsten Heil.

Panzer in Augustdorf bei einer Übung Bundeswehr. Ein möglicher Krieg der Zukunft hält jedoch noch ganz andere Herausforderungen bereit. | © Daniel Salmon

Carsten Heil
08.10.2025 | 08.10.2025, 10:00

Manchmal entsteht der Eindruck, Deutschland werde von einer Schar Unglücksvögel regiert. Da hat sich die schwarz-rote Koalition soeben auf eine Art „freiwillige Wehrpflicht“ geeinigt. Und prompt tritt wieder jemand auf die Bremse und raunt: Da kommen nicht genug Soldatinnen und Soldaten zusammen, wir brauchen doch die unfreiwillige Wehrpflicht, damit die Bundeswehr auf knapp 300.000 Personen aufgestockt werden kann.

Ja, wir brauchen mehr Soldatinnen und Soldaten, aber nicht nur das. Immerhin ist man sich einig über die Bedrohungslage. Deutschlands Sicherheit wird nicht mehr in erster Linie am Hindukusch oder sonst wo in der Welt verteidigt.

Die Kriegsgefahr lauert direkt vor unserer Haustür. Doch in welcher Form? Wie sieht ein Krieg der Gegenwart und Zukunft aus? Sind Massen an Menschen dafür wirklich erforderlich? Oder geht es nicht vielmehr um eine technisch hochgerüstete Truppe mit hoch spezialisierten Experten, die die Waffen der Zukunft möglichst effektiv einsetzen können, um sie nicht einsetzen zu müssen?

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Status quo: Zu wenige Kämpfer und zu viel Büropersonal

Die derzeitige Bundeswehr hat viel zu viele Büro- und Verwaltungshengste im Verhältnis zu viel zu wenigen Kämpferinnen und Kämpfern. Und Letztere müssen mehr drauf haben als ein Gewehr bedienen zu können und Schützengräben auszuheben. Der Drohnenkrieg in der Ukraine, die hybriden Angriffe auf Westeuropa, die Verunsicherung der Zivilgesellschaft durch Drohnenüberflüge und vieles mehr sind die aktuellen Herausforderungen, auf die es Antworten geben muss.

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Und genau dafür bedarf es einer Neuauflage der Wehrpflicht. Denn aus ihr speist sich das Potenzial für die Mann- und Frauschaften der Zukunft. Und es ist Aufgabe der Politik, das den Deutschen zu erklären und mit ihnen zu diskutieren. Es geht nicht darum, immer neue Mannschaftsstärken durchzurechnen. Sicher ist und in Studien vor gut 15 Jahren nachgewiesen, dass Wehrpflichtarmeen über einen im Durchschnitt höheren Intelligenzquotienten verfügen als Berufstruppen.

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Auf zahlreiche, globale Herausforderungen muss die Bundeswehr reaktionsfähig sein. - © IMAGO/Panama Pictures
Auf zahlreiche, globale Herausforderungen muss die Bundeswehr reaktionsfähig sein. | © IMAGO/Panama Pictures

Junge Menschen neugierig machen und für den Soldatenberuf zu interessieren gelingt mittels Wehrpflicht besser als mit Freiwilligkeit. Ausprobieren wirkt Wunder. Die Wehrpflicht sichert einen Querschnitt der Gesellschaft für die Truppe. Und sie verankert die Bundeswehr in der Gesellschaft, weil aus jeder Familie junge Mitglieder mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen gedient haben werden. Damit wird die Belastung zudem gerecht verteilt.

Outsourcing der Bundeswehr war ein Fehler

Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 wurde die Bundeswehr quasi outgesourct. Das muss angesichts der neuen Bedrohungslage rückgängig gemacht werden. Zur Beruhigung sei gesagt, dass Wehrdienstleistende nicht von vornherein Kanonenfutter sind, was in manchen Debatten gern behauptet wird.

Deutschlands Stärke liegt in den Köpfen seiner Einwohner und Einwohnerinnen. Diese Qualitäten gilt es auch gegen die Bedrohungen von außen zu nutzen und mit den Stärken der Verbündeten zu verbinden. Darum muss sich die Regierung kümmern, nicht um interne Debatten.