Meinung

Die Absage von Frauke Brosius-Gersdorf: Ein Skandal für Rechtsstaat und Demokratie

Der Fall Brosius-Gersdorf und ihr Rückzug der Kandidatur offenbaren, wie parteipolitische Machtspiele die Demokratie gefährden, sagt unser Autor Christian Lund.

Frauke Brosius-Gersdorf, hier bei ihrem Auftritt in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" (2025), kandidiert nicht länger für die Richterstelle am Bundesverfassungsgericht. | © picture alliance / teutopress

Christian Lund
07.08.2025 | 07.08.2025, 16:38

Der Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht ist nicht nur ein persönliches Drama. Es ist ein eklatanter Offenbarungseid unserer politischen Kultur. In diesem Fall haben der rechte Mob und Teile der Union gemeinsam eine fatale Schandtat begangen – und sind bisher damit ungestraft davongekommen.

Diese Kampagne war keine zufällige Medienposse, sondern ein orchestrierter Feldzug von rechtskonservativen Kräften, der AfD und konservativen Lobbygruppen. Sie diffamierten systematisch eine fachlich hochqualifizierte Juristin, stellten sie als „radikal“ und „ultralinks“ hin und instrumentalisierten dabei alle ihre vermeintlichen Schwächen, um sie zu diskreditieren. Dass die Union, statt zu schlichten oder ihre Verantwortung wahrzunehmen, sich dieser Schlammschlacht auch noch anschloss, macht den Vorgang nur umso widerlicher.

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Hier wurde das Bundesverfassungsgericht zum Schlachtfeld parteipolitischer Machtspiele und rechter Ideologie. Eine demokratische Institution, die eigentlich höchsten Respekt und überparteiliche Achtung verdient, wurde zur Beute einer Kampagne, die von Populisten gelenkt wurde. Die AfD nutzte dabei jede Gelegenheit, um nicht nur Brosius-Gersdorf zu attackieren, sondern gleich das Vertrauen in den gesamten Rechtsstaat zu zerstören.

Brandgefährlich für Pluralismus und Rechtsstaat

Die Botschaft, die davon ausgeht, ist klar und erschütternd: Wer progressive Stimmen und wissenschaftliche Unabhängigkeit in Deutschland stärken will, muss mit dem vollen Zorn und der schmutzigen Taktik rechter Kräfte rechnen – und leider offenbar auch mit dem Verrat aus den Reihen der Union. Das ist nicht nur bitter, sondern brandgefährlich für den Pluralismus und den Rechtsstaat.

Diese Farce zeigt, wie tief das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts erschüttert ist, wenn Lautstärke, Kampagnen und Machtkalkül die Auswahl dominieren. Sie ist ein Weckruf für alle Demokratinnen und Demokraten, endlich Haltung zu zeigen – gegen Hetze, gegen die Vereinnahmung rechtsstaatlicher Institutionen durch das rechte Spektrum und seine Helfershelfer.

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Die demokratische Politik darf nicht länger wegsehen: Die Union muss sich unverzüglich von ihren rechten Flügeln abgrenzen und ihre Verantwortung für diesen Skandal offen einräumen. Und wir alle müssen klarstellen: Wir dulden keinen Angriff auf die Integrität unseres Rechtsstaats – und auch keinen auf hochqualifizierte Juristinnen und Juristen.

Brosius-Gersdorfs Rückzug darf nicht das Ende der Empörung sein, sondern der Beginn einer entschlossenen, konsequenten Verteidigung unserer Demokratie – gegen rechte Hetze, gegen kalkulierte Diffamierung und gegen politische Feigheit. Diese fatale Entwicklung muss benannt, bekämpft und verhindert werden. Jetzt und in Zukunft.

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