
Tja, ist mit dem Rückzug des aus Paderborn stammenden CDU-Generalsekretärs Carsten Linnemann nur der sprichwörtliche Sack Reis in China umgefallen, der niemanden interessiert? Oder handelt es sich doch um jenen Flügelschlag eines Schmetterlings, der am Ende einen politischen Tornado auslösen wird? Leicht ist die Antwort zwischen der Zukunft des vermutlich nächsten Bundeskanzlers Merz und dem Gezerre rund um die neuen Regierungsämter nicht zu geben.
Für ein planvolles und abgestimmtes Vorgehen mag sprechen, dass sowohl Linnemann als auch Merz ihre Absprache weitgehend übereinstimmend haben öffentlich werden lassen. Auch leuchtet die Argumentation ein, dass der im eigenen Lager durchaus geschwächte Noch-Partei- und Fraktionschef Merz einen Vasallen im Konrad-Adenauer-Haus braucht, der ihm die Mehrheiten im eigenen Lager sichert, wenn er sich selbst als Kanzler um den Weltfrieden kümmern muss.
Allerdings lassen ein paar Umstände des Linnemann-Rückzugs auch Platz für Fragen. Noch am Sonntagabend hatte Friedrich Merz in einer Talkrunde jeden Einblick in seine Personalplanung verweigert und jegliche Namensnennung zu Ministerämtern auf die Zeit nach seiner Kanzler-Wahl verschoben. Kaum zwei Tage später bricht er selbst wie seine angebliche Vertrauensperson diese Verschwiegenheit und kommentiert den Rückzug Linnemanns mit dem Hinweis, er habe ihm die Wahl zwischen Minister- und Parteiamt gelassen. Überzeugend ist das nicht.
Einigkeit zwischen Merz und Linnemann hat zwei Makel
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Zwei weitere Makel auf der demonstrierten Einigkeit liegen einmal noch immer in dem nicht überzeugenden Wahlergebnis der CDU, das der Generalsekretär mit seinem Wahlkampf zu verantworten hat. Eine Beförderung ins Kabinett ist damit nicht zwingend vorgegeben. Zum Zweiten ließ sich aus Linnemanns Umfeld immer wieder vernehmen, dass der Paderborner ganz und gar nicht zufrieden ist mit dem verhandelten Koalitionsvertrag. Dazu habe er für sich auf ein Superministerium Wirtschaft und Arbeit gehofft, um vor allem das Thema Bürgergeld aus seiner Sicht anzugehen.
Eine alte, politische Frotzelei über die Grundsätze fürs politische Handeln der – insbesondere rheinischen – CDU-Politiker lautet: „Lass uns mal über die Sache reden: Was wird eigentlich aus mir?“ Ihm sei es, sagte Linnemann am Dienstag, in seinem ganzen politischen Leben immer um die Sache gegangen. Also bleibt der alte wohl auch der neue Generalsekretär der CDU. Ob das reicht, die Waage der Unzufriedenheit in der Union auf die Seite des chinesischen Sacks zu senken, oder ob es am Ende doch ein Tornado auf Merz Weg ins Kanzleramt wird, ist offen.
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Und da sind die Windböen an der Basis des geplanten Koalitionspartners SPD noch gar nicht eingerechnet.