
Die Zeitenwende ist angekommen. Diesmal gilt das grundsätzlicher als beim Überfall Russlands auf die Ukraine vor drei Jahren. Dieses Mal geht es um eine völlige Umkehr. Und dieses Mal treffen die Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben, im Land vor allem die Union mit voller Wucht.
Wie groß die ist, mag ein Blick in die Schaltkonferenz ihrer Bundestagsfraktion nach der Verkündung eines historischen Finanzpakets für die neue Koalition mit der SPD zeigen. Dort fragte der Gütersloher Abgeordnete Ralph Brinkhaus seinen Nachfolger an der Fraktionsspitze und wohl designierten neuen Kanzler Friedrich Merz, ob diese finanzpolitische Zeitenwende der Preis dafür sei. Der antwortete, es sei nicht schön, aber nötig.
So ist es. Denn mit der überraschenden, schnellen Einigung zwischen Union und SPD über Bundeswehr und Investitionsprogramm wird offenbar, dass die Herausforderungen die nationale Ebene eines Streits um Neoliberalismus oder Sozialstaat verlassen haben. Nicht grundlos wählten Union und SPD den Vorabend vor der Rede von US-Präsident Trump vor dem US-Kongress zur Verkündung ihrer Pläne.
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Trump wird die Botschaft gehört haben
Die Ansage von Merz an der Spitze der neuen Großkoalitionäre bezog sich nicht zufällig auf den Ex-Chef der EZB, Draghi. Ausdrücklich zitierte Merz dessen Satz, mit dem ein von US-Spekulanten betriebener Angriff auf den Euro beendet wurde: „Whatever it takes“ werde die neue Bundesregierung für die Verteidigung tun – was immer nötig ist. Man darf annehmen, dass auch diese Botschaft in Englisch im Weißen Haus gehört worden ist. Jedenfalls gab Trump vor dem Kongress nur sehr kurz zu erkennen, dass man weiter mit Ukraines Präsidenten Selenskyj spreche. Sein Aussetzen der Militärhilfe allerdings signalisierte zugleich, dass diese Messe noch nicht endgültig gelesen ist.
Trump zielt auf eine Neuordnung der Welt. Für Europa hat er dabei – anders als für China und Russland – keine eigene Rolle vorgesehen. Der Wohlstand des alten Kontinents aber wird davon abhängen, wie sich Europa an Trumps Pokertisch um die Macht als eigenständige Kraft etablieren kann.
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Union und SPD haben einen großen Schritt getan
Frankreich will nach Trumps Waffenlieferstopp für die Ukraine einspringen. Auch die Pläne für ein europäisches Waffenlager treibt Macron seit Tagen voran. Großbritanniens Premierminister Starmer ist, wie der Gipfel am vergangenen Wochenende zeigte, im Boot.
Deutschland fehlt. Es konnte diese Rolle unter dem Zeitenwende-Kanzler Scholz nicht übernehmen, auch wenn der sie stets einforderte. Aber das ist Geschichte. Dies unter dem Kanzler der Zeitenwende Merz zu ändern, dazu haben Union und SPD nun einen großen Schritt getan. Er ist richtig. Das wird dann auch den CDU-Wahlkämpfern in ihren lokalen wie nationalen Nöten helfen.