Was Friedrich Merz bei seinem USA-Besuch bewirken kann – und was nicht

Der renommierte bulgarische Politikwissenschaftler Ivan Krastev sagte soeben auf die Frage, ob es gut oder schlecht sei, als Politologe zu arbeiten: &bdquo;Es ist zumindest einfacher, die Welt verstehen und erklären zu wollen, als in dieser Welt Entscheidungen zu treffen. Ich bemitleide alle, die das jetzt tun müssen.“ Zwar ist Mitleid mit Spitzenpolitikern in der Regel nicht angebracht. Sie haben ihre Ämter selbst angestrebt, und das teilweise über Jahrzehnte. Für Kanzler Friedrich Merz, der am Mittwoch in die USA reist, um Donald Trump zu treffen, gilt aber ebenso sehr wie für Außenminister Johann Wadephul, der gerade von dort zurückgekehrt ist: Zu beneiden sind sie nicht. Die Herausforderungen im Umgang mit den USA, Russland, dem Nahen Osten und China sind jeweils für sich genommen groß genug. In der Summe sind sie gigantisch. Klar, die vielen außenpolitischen Experten bei Social Media wissen, wie man das macht. Sie raten zu gesinnungsethischem Vorgehen und klarer Kante. Das gilt besonders für die USA. Tatsächlich sind die Verhältnisse aber wieder einmal komplizierter. Es geht darum, sich vom autoritären Kurs Trumps deutlich abzusetzen, ohne ihn im Konflikt mit Russland oder im Zollstreit zu Handlungen zu bewegen, die die Europäer im Allgemeinen und die Deutschen im Besonderen massiv beeinträchtigen würden. Das ist zumal angesichts der Wankelmütigkeit des US-Präsidenten fast ein Ding der Unmöglichkeit. Zum Thema: Merz trifft Trump am Donnerstag im Weißen Haus Nutzen klarer Ansagen ist begrenzt, Schaden dafür immens Wadephul hat soeben in einem Interview mit Blick auf Trumps Attacken gegen den demokratischen Rechtsstaat gesagt: &bdquo;Die USA sind die sehr viel ältere Demokratie und auch der sehr viel ältere Rechtsstaat.“ Und gerade die Deutschen hätten &bdquo;jeden Anlass zur Zurückhaltung und zur Bescheidenheit“. Das ist höflicher formuliert, als es eigentlich angemessen wäre. Andererseits: Würde der Außenminister sagen, was er denkt, wäre der Nutzen wohl überschaubar, der Schaden hingegen immens. Die Abwägung nennt sich Diplomatie. Immerhin hat sich der Kanzler Einmischungen der Trump-Administration in die inneren Angelegenheiten Deutschlands – insbesondere die Parteinahme für die AfD – deutlich verbeten. Der deutschen Außenpolitik bleibt bis auf Weiteres nichts anderes übrig, als einer Illusion zu folgen. Sie muss so tun, als wäre dieses Trump-Amerika noch ein Verbündeter – wohl wissend, dass es, zumindest was gemeinsame demokratische Überzeugungen angeht, keiner mehr ist. Wie weit das trägt, ist ungewiss. Aber militärisch können die Europäer auf die USA, wenn überhaupt, erst in ein paar Jahren verzichten, und auch das nur mit größten Mühen und einem erheblichen Risiko. Wer wirtschaftlich die Oberhand behält, ist weniger ausgemacht. Der Zollstreit lässt auch die Vereinigten Staaten von Amerika nicht unberührt. Und vereint ist die Europäische Union stark. In beiden Fällen hängt der Ausgang der Auseinandersetzungen wesentlich davon ab, ob die Europäer zusammenbleiben oder ob es Trump gelingt, einen Spalt in den Staatenbund zu treiben. Nötig sind Geduld und enge Abstimmung. Lesen Sie auch: Wadephul fordert Schulterschluss mit den USA gegen Putin Trump riecht Angst &bdquo;100 Meter gegen den Wind“ Die Umstände der Reise deuten übrigens schon jetzt darauf hin, dass Friedrich Merz nicht so vorgeführt werden wird wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein südafrikanischer Amtskollege Cyril Ramaphosa. Beide waren in einer objektiv viel schwächeren Position. Und die Europäer kommen in der Regel besser weg. Merz dürfte zudem nutzen, dass er gut Englisch spricht, Erfahrungen in der Privatwirtschaft gesammelt und Tipps von europäischen Politikerkollegen bekommen hat. Angst jedenfalls wäre ein schlechter Ratgeber. Angst, sagen Insider, rieche Donald Trump &bdquo;100 Meter gegen den Wind“.

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