Meinung

Wagenknechts unsäglicher Kurs wird zum Problem für Merz

Die Landespolitiker in Sachsen und Thüringen brauchen starke Nerven. Sie müssen einen Kompromiss finden, denn es steht viel auf dem Spiel, meint unser Autor.

Sahra Wagenknecht hat im Januar 2024 eine eigene Partei gegründet: das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). | © IMAGO/Bernd Elmenthaler

Ingo Kalischek
24.10.2024 | 24.10.2024, 05:00

Man sollte die Dinge nicht größer machen, als sie sind. Doch wer aktuell nach Thüringen blickt, sieht sich in schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Sahra Wagenknecht versucht in dem Freistaat genau das, wovor sich CDU-Chef Merz verwehrt: Wagenknecht will die CDU am Nasenring durch die Manege ziehen.

Es wird immer deutlicher, dass die Politikerin nicht das Leben der Menschen in den Ländern verbessern, sondern die CDU mit ihren unsäglichen Forderungen ins Mark treffen will. Wagenknecht fordert jetzt sogar, dass sich die Thüringer CDU von Parteichef Merz distanziert. Und dass sie sich im Koalitionsvertrag gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland ausspricht.

Das kann die CDU niemals mittragen. Damit würde sie ihre außenpolitische Identität preisgeben. Wagenknecht weiß das – und dennoch setzt sie der CDU weiter zu. Denn sie weiß auch um das staatspolitische Verantwortungsbewusstsein der CDU, welches Wagenknecht selber eben nicht besitzt. Und das sieht vor, um jeden Preis einen AfD-Ministerpräsidenten Björn Höcke zu verhindern. Das hat oberste Priorität.

Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, hat sich in die Debatte um das BSW eingeschaltet. - © Sebastian Gollnow/dpa
Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär, hat sich in die Debatte um das BSW eingeschaltet. | © Sebastian Gollnow/dpa

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Linnemann attackiert Wagenknecht nun auffallend scharf

Die CDU-Spitze hat zur Causa Wagenknecht bislang recht wenig gesagt. Die neusten Aussagen des Paderborner Generalsekretärs Carsten Linnemann zeigen aber, dass die Parteiführung Farbe bekennen muss. Linnemann attackiert Wagenknecht nun auffallend scharf – und wirft ihr vor, ein Spiel zu spielen und eine Spur der Zerstörung hinter sich herzuziehen.

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Mit diesen Äußerungen lässt Linnemann einen politischen Kompromiss in Thüringen zwar nicht gerade wahrscheinlicher werden. Doch er reagiert damit richtigerweise auf wachsenden Unmut in den eigenen Reihen.

Mehrere tausend CDU-Mitglieder fordern schriftlich einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen das BSW. Diese Entwicklung kann die CDU-Spitze so nicht weiter laufen lassen.

CDU beraubt sich Bündnis-Alternativen

Doch ihr Spielraum ist in beide Richtungen begrenzt. Das liegt auch am Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke, der zumindest in Teilen überholt ist.

Es ist schlichtweg niemandem zu erklären, warum die CDU nun ausgerechnet mit Wagenknecht und ihrer neuen Kaderschmiede verhandelt, während sie seriösen Linken-Politikern wie Thüringens Ex-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow das Gespräch verweigert. Damit beraubt sich die CDU selber politischer Bündnis-Alternativen.

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Es bleibt nur zu hoffen, dass die Landespolitiker von CDU, BSW und SPD in Thüringen, aber auch in Sachsen und Brandenburg, nicht die Nerven verlieren. Und dass es ihnen gelingen wird, politische Kompromisse zu schmieden, die zumindest halbwegs stabile Regierungen ermöglichen. Selbst dann sind die Aussichten noch immer äußerst trüb.