
Das ist schon ein ziemlicher Paukenschlag, der da gerade in Düsseldorf ertönt. Die schwarz-grüne Landesregierung nimmt überraschend neue Schulden auf – und macht damit genau das Gegenteil dessen, was sie bislang öffentlich propagiert hat. Vor allem die CDU um Ministerpräsident Hendrik Wüst gibt der Berliner Ampel-Koalition gern Ratschläge, warum diese keine neuen Schulden machen, sondern lieber den Rotstift bei Projekten ansetzen solle. Genau dazu sieht sich Schwarz-Grün in NRW jetzt aber nicht imstande. Das hat schon einen faden Beigeschmack.
Weil weitere Einsparungen keine Option seien, macht NRW von einer anderen Möglichkeit Gebrauch: Das Land nimmt innerhalb der Schuldenbremse neue Schulden auf – durch die sogenannte Konjunkturkomponente. Skurril: Genau dieses Mittel haben die Grünen kürzlich öffentlich noch als „haushaltspolitischen Rohrkrepierer“ bezeichnet.
Lesen Sie auch: NRW-Landesregierung muss geplante Neuverschuldung rechtfertigen
Zwar trägt NRW nicht die Schuld für geringere Steuereinnahmen. Doch der Vorwurf der Opposition, wonach die Finanzpolitik die „Achillesferse“ dieser Landesregierung sei, scheint inzwischen nicht mehr allzu weit hergeholt zu sein. Finanzminister Optendrenk ist parteiübergreifend zwar als Fachmann anerkannt. Es gelingt ihm aber bislang nicht, Ruhe in den Laden zu bekommen. Das dürfte sich auch durch die jetzt geplante Schuldenaufnahme nicht ändern. Es zeichnet sich deutlich ab, dass das Land auf eine sehr angespannte Finanzlage zusteuert – oder schon mittendrin ist.
Die Geldsorgen dürften Auswirkungen auf Wunsch-Projekte im Land haben
Das ist wahrlich keine gute Nachricht für die Menschen im Land. Denn einen Sparkurs in Düsseldorf werden auch sie im Alltag spüren. Es ist unwahrscheinlich, dass NRW in dieser Phase mehr Geld für die Kommunen locker macht – oder sie von den Altschulden befreit, die 20 Milliarden Euro betragen. Dabei warnen die Städte und Gemeinden bereits davor, in die Haushaltssicherung zu rutschen.
Das hätte zur Folge, dass zum Beispiel Steuern erhöht – oder aber freiwillige Leistungen und Angebote gestrichen werden müssten – zum Beispiel im Sport, bei der Kultur oder im Ehrenamt. Und: Was bedeuten die Finanzsorgen für Sanierungsprojekte wie Straßen, Brücken und Schulen? Kommt jetzt noch ein drittes beitragsfreies Kita-Jahr, so wie im Koalitionsvertrag angekündigt? Was ist mit der geplanten kostenlosen Verpflegung in Kitas? Werden junge Häuslebauer jetzt noch bei der Grunderwerbsteuer entlastet? Und welche Folgen hat das alles für Pflege- und Senioreneinrichtungen im Land, die sich wie die Kitas in schwierigem Fahrwasser befinden - und Finanzspritzen fordern?
Viele Fragen sind in NRW plötzlich offen. Beantworten muss sie der Regierungschef. Dann sollte Wüst auch gleich erklären, warum er Schulden im Bund für falsch hält, sie in NRW aber selber aufnehmen will.