
Dass Stimmen in der FDP öffentlichkeitswirksam von einem erneuten Bündnis mit den Grünen abraten, ist weder überraschend noch originell. Schon im Wahlkampf vor fast drei Jahren erhielt FDP-Chef Lindner den meisten Applaus, sobald er erklärte, was Grünen-Mann Habeck alles nicht kann. Inzwischen kann und muss die gesamte Nation längst mitansehen, dass diese zwei Parteien einfach nicht zusammenpassen.
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Positives lässt sich da kaum ableiten. Es mag richtig sein, dass die FDP in der Ampel-Koalition als Korrektiv agiert, die der ein oder anderen linken Idee den Riegel vorschiebt. Und irgendwo mag es ja fast konsequent sein, dass beide Parteien für ihre jeweiligen Standpunkte kämpfen und versuchen, möglichst viele im Regierungshandeln umzusetzen.
Doch da diese Standpunkte überwiegend konträr verlaufen, ist aus der selbst ernannten Fortschrittskoalition in der öffentlichen Wahrnehmung längst eine Stillstandskoalition geworden, die einander blockiert. Die Partner kebbeln und beharken sich trotz aller Machtworte des Kanzlers. So stellt die Ampel inhaltliche Erfolge selber unnötig in den Schatten, weil die Menschen vor allem über das permanente Theater sprechen. Das nervt sie und schürt Frust – mit der Folge, dass auch dadurch radikale Kräfte stärker werden.
Hält die Ampel bis zur nächsten Wahl durch?
Insofern ist die Tatsache, dass Grüne und FDP nach der Bundestagswahl wieder getrennte Wege gehen wollen, weniger interessant. Spannender ist, ob sie bis dahin überhaupt durchhalten. Dass Stimmen in der FDP auch das bezweifeln, muss man nicht überbewerten. Die Liberalen sehen ihre Felle davonschwimmen und hoffen, durch öffentliche Distanz zu SPD und Grünen wenigstens in ihrer Stammwählerschaft noch punkten zu können.
Nachdenklicher machen da schon Aussagen der SPD. Innerhalb der Regierungsfraktion ist eine ernsthafte Sorge zu vernehmen, ob die Koalition die nächsten Wochen überstehen – oder im Zuge erneuter schwieriger Haushaltsberatungen zerbrechen wird. Auch in der Spitze der SPD-Fraktion gibt es in Teilen die bittere Einsicht, dass diese drei Partner einfach nicht zusammenpassen.
Dennoch ist ein vorzeitiges Aus unwahrscheinlich. Das hat womöglich weniger mit staatspolitischer Verantwortung in unsicheren Zeiten zu tun als mit nüchternem politischen Kalkül: Vor allem SPD und FDP würden massiv in der Wählergunst verlieren. Das zeigen Umfragen seit Monaten. Neuwahlen wären für sie also noch schlechter als der aktuelle Beziehungsstress. Auch ist es unwahrscheinlich, dass die FDP die Koalition inmitten der aktuellen Verhandlungen platzen lässt. Die dauern aber bis Jahresende an. Dann steht die Bundestagswahl schon vor der Tür. Gute Aussichten sind das dennoch nicht. Weder für die Parteien noch für die politische Stabilität im Land.