Bundestagswahl 2025

Mit Grafik: Welche Koalitionen sind jetzt möglich?

Die Union triumphiert bei der Wahl – für die SPD ist es ein historisch schlechtes Ergebnis. Das BSW zieht nicht ins Parlament ein. Das sind die Folgen für mögliche Koalitionen.

Blick in den Plenarsaal im Bundestag. | © picture alliance/dpa

27.02.2025 | 27.02.2025, 07:57

Berlin. Regierungswechsel in Deutschland: Die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz hat die Bundestagswahl klar gewonnen. Der CDU-Chef kündigte eine Regierungsbildung bis spätestens Ostern an – noch ist unklar, mit wem. Kanzler Olaf Scholz gestand die Niederlage seiner SPD ein. Sie liegt noch hinter der AfD, die ihr Ergebnis verdoppelt.

An vierter Stelle folgen nach dem vorläufigen Ergebnis der Bundeswahlleiterin die Grünen. Die Linke ist erneut im Bundestag vertreten. Die FDP verpasst den Wiedereinzug, worauf Parteichef Christian Lindner sein Ausscheiden aus der Politik ankündigte. Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde.

Nach dem vorläufigen Ergebnis verbessern sich CDU und CSU auf 28,6 Prozent (Wahl 2021: 24,1 Prozent). Es ist dennoch das zweitschlechteste Bundestagswahlergebnis der Union. Die AfD kann ihr Ergebnis quasi verdoppeln auf 20,8 Prozent (2021: 10,4 Prozent).

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Die SPD von Kanzler Olaf Scholz stürzt dramatisch ab auf ihr schlechtestes Bundestagswahlergebnis seit 1949 und landet bei 16,4 (25,7). Die Grünen mit Kanzlerkandidat Robert Habeck liegen bei 11,6 Prozent (14,7). Die Linke steigert sich deutlich auf 8,8 Prozent (4,9). Die FDP verliert klar und liegt bei 4,3 Prozent (11,4). Das BSW, eine Abspaltung der Linken, kommt bei seiner ersten Bundestagswahl auf 4,9 Prozent.

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Welche Koalitionen sind möglich?

Merz hat beste Chancen, Kanzler zu werden, braucht für eine Regierungsbildung aber Partner. Ein Zusammengehen mit der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD hat der CDU-Chef ausgeschlossen. Die Bildung einer Regierung hängt auch vom Abschneiden des BSW ab: Das Bündnis ist nicht im Bundestag vertreten, weshalb für die Union eine Regierungskoalition mit der SPD möglich ist.

Hätte es das BSW in den Bundestag geschafft, hätte sich Merz gleich zwei Koalitionspartner suchen müssen. Denkbar wäre dann ein Bündnis der Union mit SPD und Grünen gewesen – allerdings hatte die CSU eine Koalition mit den Grünen vor der Wahl vehement abgelehnt. Nach der Wahl öffnete CSU-Chef Markus Söder die Tür zu Gesprächen einen Spalt: „Mit den Grünen zu regieren – aus meiner Sicht ein echtes No-Go, wenn es irgendwie geht“, sagte er. Koalitionen mit BSW und Linken kommen für die Union nicht in Frage.

Die Wahlbeteiligung lag mit 82,5 Prozent höher als 2021 (76,4) und erreichte den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Zur Stimmabgabe aufgerufen waren 59,2 Millionen Menschen, davon gut 42 Prozent 60 Jahre oder älter.

Begeisterung bei Union, bitterer Abend für SPD

Wahlsieger Merz will spätestens bis Ostern eine Bundesregierung bilden. Deutschland könne sich keine langwierige Regierungsbildung leisten. Auf X schrieb er, Europa warte auf Deutschland. „Wir müssen jetzt wieder schnell handlungsfähig werden.“

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Scholz sprach von einem bitteren Ergebnis und einer Niederlage, für die er auch Verantwortung trage. Im Fall von Koalitionsgesprächen stehe er nicht als Verhandlungsführer seiner Partei zur Verfügung, sagte er in der „Berliner Runde“ von ARD und ZDF. Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, trotz schlechter Umfragewerte Kanzlerkandidat zu werden, antwortete Scholz: „Das glaube ich nicht.“

Am Abend schlug die SPD-Führung den Parteichef Lars Klingbeil als neuen Vorsitzenden der Bundestagsfraktion vor. Der derzeitige Fraktionschef Rolf Mützenich kündigte in einem Brief seinen Rückzug an.

Grünen-Chef Habeck gratuliert Merz

AfD-Chefin Alice Weidel sprach von einem historischen Ergebnis. „Man wollte uns halbieren, das Gegenteil ist eingetreten.“ Die AfD sei bereit zur Zusammenarbeit mit der Union. „Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung, um den Willen des Volkes umzusetzen.“ Zugleich kündigte sie an: „Wir werden die anderen jagen, dass sie vernünftige Politik für unser Land machen.“ Ihre Hochburgen hat die AfD im Osten: Die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei ist in allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft geworden.

Grünen-Kanzlerkandidat Habeck warnte vor dem Erstarken des rechten Populismus und gratulierte Merz. Seine Partei sei auch bereit, Verantwortung zu übernehmen, sagte er mit Blick auf die Regierungsbildung.

Im Video: Die stellvertretende „NW“-Chefredakteurin ordnet das Wahlergebnis ein

FDP-Chef Lindner zieht sich aus Politik zurück

FDP-Chef Christian Lindner sagte, die FDP sei im Herbst „in das volle politische Risiko gegangen“, zum Wohle des Landes. „Wir zahlen selbst heute einen hohen Preis dafür, für Deutschland war diese Entscheidung aber richtig.“ Falls die FDP nicht wieder in den Bundestag komme, werde er dafür sorgen, dass sich seine Partei politisch und personell neu aufstellen könne. Sein Führungsanspruch sei dann erloschen.

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Linken-Chef und Co-Spitzenkandidat Jan van Aken äußerte sich begeistert über das Abschneiden seiner Partei. „Die Linke lebt“, sagte er vor einer jubelnden Menge in Berlin. Co-Parteichefin Ines Schwerdtner sprach vom „Comeback des Jahres“ und kündigte an, in den kommenden Jahren eine „Brandmauer“ gegen rechts sein zu wollen.

Friedrich Merz (CDU, 2.v.r) steht neben Markus Söder im Konrad-Adenauer-Haus nach der Prognose zum Ergebnis der Bundestagswahl. - © Marcus Brandt/dpa
Friedrich Merz (CDU, 2.v.r) steht neben Markus Söder im Konrad-Adenauer-Haus nach der Prognose zum Ergebnis der Bundestagswahl. | © Marcus Brandt/dpa

Bundestag wird kleiner – rund 100 Abgeordnete weniger

Der neue Bundestag wird wegen einer Reform deutlich schlanker sein. Die Zahl der Abgeordneten wurde auf 630 begrenzt – mehr als 100 weniger als aktuell. Dafür fallen die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate weg, die bisher das Parlament oft stark aufgebläht haben. Nun kommen mit Erststimme gewählte Kandidaten nur noch in den Bundestag, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen hat.

Themenseite: Ausführliche Nachrichten zur Bundestagswahl 2025

Die Wahl wurde um sieben Monate vorgezogen – das gab es bisher nur 1972, 1983 und 2005. Grund ist, dass die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November zerbrochen war. Scholz schlug nach dem Nein des Bundestags zu seiner Vertrauensfrage die Auflösung des Parlaments vor – was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann anordnete.

Wahlkampf kreiste um Migration und Wirtschaftsschwäche

Der kurze Winterwahlkampf war zuletzt geprägt von der Debatte über eine Begrenzung der Migration. Konkreter Auslöser war die Messerattacke von Aschaffenburg, wo ein Afghane, der als Flüchtling kam, einen zweijährigen Jungen und einen 41-jährigen Mann erstochen hatte. Merz hatte daraufhin gefordert, dass auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden – was aus Sicht von Grünen und SPD gegen Europarecht verstoßen würde.

Scharfe Kritik hatte Merz auf sich gezogen, nachdem die Union im Bundestag einen Antrag zur Migrationspolitik mit Stimmen der AfD durchgesetzt hatte. Zweites Thema im Wahlkampf war die schwächelnde Wirtschaft. Merz hat Steuersenkungen und radikale Änderungen beim Bürgergeld angekündigt. So sollen diejenigen, die nicht arbeiten, aber arbeiten können, kein Bürgergeld mehr bekommen.

Die SPD will über eine Reform der Schuldenbremse staatliche Investitionen erleichtern. Außerdem soll der Staat mit einem „Made in Germany“-Bonus Unternehmen bei Investitionen in Maschinen oder Fahrzeuge zehn Prozent der Kosten abnehmen.

Mit Material der dpa