Mallorca-Urlaub trotz Corona - die Aufhebung der Reisewarnung macht die Reise in den Süden wesentlich einfacher. Viele Deutsche zieht es in den kommenden Wochen, insbesondere zur Osterzeit, auf die spanische Insel.
Doch sollte man angesichts steigender Corona-Zahlen in Deutschland tatsächlich ins Flugzeug steigen? Unsere Autoren sind da unterschiedlicher Meinung. Sara Mattana setzt auf ausgeklügelte Hygienekonzepte und die Disziplin der Urlauber. Niklas Tüns sieht dagegen ein zu großes Risiko beim Trip auf die Balearen.
Pro: Urlaub ist Frage der Verantwortung
Mallorca ist kein Risikogebiet mehr. Warum sollte man jetzt ein schlechtes Gewissen haben, wenn man in den Flieger steigt und sich auf Sonne, Strand und Meer freut? Entscheidend ist nicht, wo ich mich aufhalte. Entscheidend ist, wie ich mich verhalte. Abstand, Hygiene und Händewaschen sind keine nationalen Corona-Regeln. Sie gelten in Bielefeld genauso wie am Ballermann.
Die Erfahrung zahlreicher Reisebüroinhaber zeigt, dass die Hoteliers, Gastronomen und Einzelhändler beispielsweise auf Mallorca oder Gran Canaria oftmals noch viel größeren Wert auf die Hygieneregeln legen, als es in Deutschland der Fall ist. So kann man kein Geschäft betreten, ohne dass ein Angestellter auf das Desinfizieren der Hände achtet. Und auch die Außengastronomie unterliegt strengen Sicherheitsregelungen. Denn besonders die Tourismusbranche wurde durch die zahlreichen Reisewarnungen und Beherbergungsverbote hart getroffen. Und in Urlaubsregionen gehen Existenzen daran zugrunde. Gerade deshalb muss nach Kräften verhindert werden, dass ganze Inseln erneut zu Risikogebieten erklärt und neue Lockdownregelungen verhängt werden.
Natürlich sind Schlagerpartys in der Schinkenstraße tabu. Aber Urlaub auf Mallorca geht auch anders. Man kann wandern gehen oder mit Abstand einen Cappuccino unter freiem Himmel genießen. Die Menschen sehnen sich nach einem Jahr Corona-Krise mit Lockdowns und Homeoffice nach Sonne und Meer - und das ist das absolut verständlich. Es ist kein Unterschied, ob ich mich in den Flieger setze und am Strand entlang spaziere, oder ob ich in Deutschland in den vollen Bus steige, um eine Runde durch den Park zu drehen.
Es ist natürlich absolut nachvollziehbar, dass der Gedanke an Urlaub in Lockdownzeiten erst einmal befremdlich wirkt. Und sicher sollten auch an Flughäfen sowohl bei der Ein- als auch bei der Ausreise zumindest Schnelltests zur Pflicht werden. Trotzdem liegt es an jedem Einzelnen, wie verantwortungsbewusst und rücksichtsvoll man sich verhält - und das gilt in Deutschland genauso wie auf Mallorca.
Ob die Menschen tatsächlich so verantwortungsvoll handeln, ist zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht abzusehen. Dennoch kann Mallorca nicht mit Ischgl verglichen werden: Damals stand die Pandemie in den Startlöchern und es gab weder eine strenge Maskenpflicht, noch wurde konsequent auf Hygieneregeln geachtet, die den Menschen nach einem Jahr Pandemie wohl in Fleisch und Blut übergegangen sind. Urlaub ist keine Frage der Moral, sondern der Verantwortung. Alle potenziellen Urlauber jetzt schon als leichtsinnig abzustempeln, ist eindeutig falsch.
Contra: Mallorca-Urlaub birgt zu große Risiken
Es ist absurd: Hunderte Flugzeuge mit zigtausend Touristen an Bord werden in den kommenden Wochen gen Mallorca abheben. Dagegen ist der Urlaub an der deutschen Nordseeküste verständlicherweise verboten – und bleibt es womöglich noch eine Weile. Bund und Länder sorgen für eine Situation, die nicht nur schwer erklärbar ist, sondern auch noch gefährlich werden kann.
Nach Monaten des Lockdowns ist die Sehnsucht nach Sonne und Strand verständlich. Ein bisschen Freiheit, ein bisschen Ablenkung in dieser von Einschränkungen geplagten Zeit. Insofern verwundert es nicht, dass sich die Aufhebung der Reisewarnung für Regionen wie Mallorca direkt bemerkbar macht. Die Buchungen bei Reiseveranstaltern sind für die Osterzeit in die Höhe geschnellt. Die Entscheidung, dass Mallorca kein Risikogebiet mehr ist, setzt jedoch das falsche Signal. Denn das Risiko sind nicht die Reiseziele, sondern die Urlauber selbst.
Sie reisen aus deutschen Regionen an, die fernab der mittlerweile vergleichsweise niedrigen Inzidenzwerte der Balearen liegen. Die Menschen tummeln sich in engen Fliegern und sitzen gemeinsam in spanischen Restaurants. "Wenn die Reiseaktivität steigt, dann werden auch die Inzidenzraten steigen. Das ist relativ klar", sagt der Virologe Bodo Plachter. Solange nur wenige Deutsche geimpft sind, solange sich auch Jüngere mit noch nicht absehbaren gesundheitlichen Langzeitfolgen anstecken können, bleibt der Blick auf die Inzidenzwerte wichtig. Und deren Entwicklung in Deutschland ist bereits vor der Oster-Reisezeit besorgniserregend.
Aus spanischer Sicht ist die Bundesrepublik daher weiterhin ein Risikoland. Bei der Einreise müssen deutsche Touristen einen maximal 72 Stunden alten, negativen PCR-Test vorweisen. Eine Strategie, die die Bundesregierung bei innerdeutschen Reisen für nicht zuverlässig genug hält. Es helfe nicht, Urlauber etwa vor dem Betreten der Fähren zu den Nordseeinseln zu testen, sagte zuletzt eine Regierungssprecherin. Selbst ein negatives Testergebnis in diesem Moment gebe keine Gewissheit, dass die Betroffenen sich nicht in den Tagen zuvor oder auf der Bahnfahrt zur Fähre infiziert hätten und es in der Folge nicht vermehrt zu Infektionsfällen auf den Inseln komme. Diese Gefahreneinschätzung lässt sich auf den spanischen Inselurlaub übertragen.
Zurück in Deutschland müssen Mallorca-Reisende trotzdem keine Auflagen erfüllen. Die Test- oder Quarantäne-Pflicht ist weggefallen. Niemand überprüft, ob sich die Urlauber auf Mallorca angesteckt haben. Es droht, dass mit ihnen unbemerkt zig Corona-Fälle zurück nach Deutschland kommen. Solange sich in Deutschland die Corona-Situation nicht spürbar entspannt, sollte der Mallorca-Urlaub wieder deutlich eingeschränkt werden - mindestens mit der Wiedereinführung der Test- und Quarantäne-Pflicht bei der Rückkehr.