
OWL ist immer noch vom Coronavirus lahmgelegt. Und viele Menschen fragen sich, wie sie die Zeit rumkriegen sollen. Für Freunde der Comic-Kunst haben wir zehn Empfehlungen, die die Isolation erträglicher machen.
Asterix Gesamtausgabe
Comic-Legende Albert Uderzo ist vor wenigen Tagen gestorben. Sein großes Meisterwerk wird immer die Asterix-Serie bleiben. Die Abenteuer um den kleinen Gallier mit dem gelben Schnauzer und seinen besten Freund Obelix gehören auch nach mehr als 60 Jahren immer noch zu dem Besten, was der Comicmarkt zu bieten hat.
In der Gesamtausgabe des Egmont Ehapa Verlags sind immer drei Abenteuer im edlen Hardcover abgedruckt – ergänzt um historische Einordnungen zur Entstehung der Comics. Die sind beinahe genau so spannend wie die Comics selbst. Wer wusste schon, dass Asterix in Deutschland ursprünglich Siggi genannt wurde? Oder dass sein Abenteuer mit den Goten in der ersten deutschen Übersetzung als nationalistische Propaganda gegen die alliierten Besetzungsmächte umgedeutet wurde?
Onkel Dagobert: Sein Leben, seine Milliarden
Wie wurde Dagobert Duck die reichste Ente der Welt? Der amerikanische Zeichner Don Rosa hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Frage zu beantworten. Auf fast 500 Seiten begleiten wir den jungen Dagobert von seiner Kindheit in Schottland, über seine Goldgräberzeit am Klondike bis er sich als reicher, aber einsamer Mann in Entenhausen zurückzieht.
Dagoberts Lebensstationen sind oft lustig, meistens spannend und manchmal auch sehr tragisch. Sein Leben, seine Milliarden ist ein besonderer Disney-Comic, nicht nur weil er Themen wie Tod und Sex behandelt, die sonst beim großen Mausbetrieb lieber ausgeklammert werden. Es ist auch besonders, weil es uns einen völlig neuen Blick auf eine altbekannte Figur ermöglicht.
From Hell
Wer war Jack The Ripper wirklich? Diese Frage, die Menschen seit über einem Jahrhundert fasziniert, beantwortet From Hell bereits im zweiten Artikel. Denn Autor Alan Moore ist weniger daran interessiert, den grausamen Serienkiller weiter zu mythologisieren, sondern zu untersuchen, was seine Morde an Prostituierten über die viktorianische und die heutige Gesellschaft aussagen.
So folgen die Leser hilflos dem königlich-britischen Chirurgen Dr. Gull wie er unaufhaltsam im Auftrag der Krone seine Opfer ins Visier nimmt. Die Geschichte wird unglaublich dicht in atmosphärischen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt. Aufgrund der expliziten Gewaltdarstellung - der letzte Mord des Rippers wird in einem Kapitel bis ins Detail nachgestellt - ist der Comic aber nur für ältere Leser zu empfehlen.
Hellboy
Der neueste Kinofilm um den roten Teufel mag eine Riesenenttäuschung gewesen sein, doch die ursprünglichen Comics von Autor und Zeichner Mike Mignola sind immer noch wärmstens zu empfehlen. Durch ein schwarz-magisches Nazi-Ritual kam der Dämon Hellboy als kleines Baby auf diese Welt. Von Menschen aufgezogen kämpft er Jahre später gegen Monster und Geister aller Art. Doch es ist vorausgesagt, dass er einst das Ende der Menschheit einläuten soll.
In kantigen Schwarz-Weiß-Bildern erlebt Hellboy Horrorgeschichten, die stark von Edgar Allen Poe und H.P. Lovecraft inspiriert sind. Nur dass Hellboy im Angesicht von kosmischen Horror nicht die Flucht ergreift, sondern seinem überdimensionierten Revolver vertraut.
Ich bin Fagin: Die unerzählte Geschichte aus Oliver Twist
Die Geschichte von Oliver Twist ist seit mehr als hundert Jahren eine der bekanntesten der westlichen Literatur. Doch nur selten wird darüber gesprochen, dass der als „Jude Fagin" beschriebene Schurke des Romans eine antisemitische Karikatur ist, für die sich Autor Charles Dickens Zeit seines Lebens schämen sollte. In Ich bin Fagin nimmt sich das jüdische Comic-Urgestein Will Eisner der klassischen literarischen Figur an und erzählt, was ihr vor und nach den Geschehnissen aus Oliver Twist widerfahren ist.
Als der Autor Dickens seine Figur Fagin im Gefängnis besucht, berichtet ihm dieses aus seinem Leben. Er berichtet, wie er in den Londoner Slums groß wurde und auf die schiefe Bahn geriet. Der Comic macht aus einer problematischen Karikatur, einen lebendigen, tragischen Menschen. Ich bin Fagin ist für Fans von Dickens Romanen, aber auch für jeden anderen Liebhaber historischer Fiktion, nur wärmstens zu empfehlen.
The Invisibles
Was ist, wenn jede Verschwörungstheorie wahr wäre? Gott sei Dank ging die britische Comic-Legende Grant Morrison dieser Frage in den 90ern und nicht in der heutigen Zeit voller rechter Internettrolle nach. Der rebellische, großmäulige Dane McGowan wird vom mysteriösen King Mob in eine Zelle der Freiheitskämpfer „The Invisibles" rekrutiert. Oder ist es doch eine Terrorzelle? Die Frage ist ganz der Perspektive des Lesers überlassen. Denn im Kampf gegen die außerirdischen, ordnungsliebenden Archonen, die sämtliche Regierungen der Welt unterwandert haben, sind der kleinen Gruppe von Anarchisten nahezu alle Mittel recht.
Und so liefern sich beide Seiten einen epischen Kampf Gut gegen Böse – bei dem nie ganz klar ist, welche Seite welche ist. Denn die Invisibles leben in einer Welt voller Magie, Voodoo, Zeitreisen und Entführungen durch Außerirdische. Eine Welt, in der die Area 51 wirklich ein Geheimlabor der Regierung verbirgt, in dem das Heilmittel für Aids versteckt wird. The Invisibles ist ein Trip voller Action und Philosophie für ältere Leser.
Ms. Marvel
Seit Marvel Studios mit dem ersten Iron Man Film angefangen hat, unsere Kinolandschaft zu dominieren, haben Fans die Verfilmung eines bestimmten Marvel Comics gefordert: Ms. Marvel. Nach mehr als zehn Jahren wird dies nun endlich in einer Disney Plus Serie passieren. Warum ist Ms. Marvel für viele Fans so wichtig? Sie ist Marvels erste muslimische Superheldin mit eigener Comic-Serie.
Im ersten Band können Leser miterleben wie die pakistanische Teenagerin Kamala Khan in ihre Superheldenrolle hineinwächst. Durch ihren kulturellen Hintergrund liest sich das deutlich frischer als die in der Mehrheit doch sehr männlichen und sehr weißen Superheldencomics. In Ms. Marvel gibt es nicht nur Prügeleien mit Superschurken, sondern auch einen sehr sensiblen Umgang mit Themen wie Migration, kulturelle Identität und Generationenkonflikten. Außerdem kann Kamala ihre Gestalt verändern und ihre Gegner mit überdimensionierten Fäusten schlagen.
Die Peanuts Gesamtausgabe
Wer einfach etwas sucht, um zwischendurch fünf Minuten zu machen kann mit den Peanuts nichts falsch machen. Schlichtweg der Klassiker unter den Zeitungs-Comicstrips, bringt einen auch heute noch zum schmunzeln und schenkelklopfen. In der Gesamtausgabe sind alle Strips, die seit 1950 erschienen sind gesammelt.
Gerade die ersten Bände sind eine wunderbare Entdeckung für Hobby-Comichistoriker. Die Figuren sind noch deutlich einfacher gezeichnet und bis auf Charlie Brown und Snoopy fehlen die meisten berühmten Gesichter der Peanut-Gang. Wer aber lieber ein paar entspannte Minuten mit den vertrauten Gesichtern aus seiner Kindheit verbringen möchte, sollte lieber zu einigen der späteren Bände greifen.
Persepolis
Kaum eine Top Ten der besten Comics aller Zeiten schafft es ohne Persepolis auszukommen. Die autobiographische Erzählung von Autorin und Zeichnerin Marjane Satrapi gehört aber auch mit zu dem besten, was das Medium zu bieten hat. Mit einfachen, stilisierten Cartoonfiguren erzählt Satrapi von ihrer Jugend im Iran, der Iranischen Revolution und ihre spätere Migration nach Europa.
Durch die Augen eines Kindes und später einer jungen Erwachsenen erleben wir wie der einst so weltoffene Iran von konservativen Fundamentalisten gestürzt wird. Wir erleben wie ein junges Mädchen sich versucht, sich in dieser Zeit zurechtzufinden und wie einsam sie sich später im europäischen Exil fühlt. Persepolis ist eine sehr persönliche, intime Geschichte, die einem nachdrücklich im Gedächtnis bleibt.
The Arrival
Dieser Comic beweist, dass es kein einziges Wort braucht, um eine Geschichte zu erzählen. In ausdrucksstarken, gemäldeartigen Bildern erzählt The Arrival davon, wie sein namenloser Protagonist in einem fremden, bizarren Land ankommt – und das ohne eine einzige Sprechblase.
Die surrealen Bilder, die sowohl Protagonist als auch Leser entschlüsseln müssen, lassen einen die Einwanderungserfahrung nachempfinden. Zunächst ist alles fremd, nichts scheint Sinn zu machen. Doch mit Händen und Füßen verständigt man sich, baut sich eine neue Heimat auf. Und staunt zwischendurch an was für einem wunderschönen Ort man gelandet ist.