60. Todestag

Werke von glühender Farbigkeit

Der Maler Ernst Sagewka hat mehr als 1.000 Bilder gemalt und sich als Westfälischer Expressionist einen Namen auch über Bielefeld hinaus gemacht. Noch heute wird sein Werk gezeigt.

1921 malte Ernst Sagewka sein Bild „Kastanienallee bei Höxter". | © Sammlung Bunte/Kunstforum Hermann Stenner

Stefan Brams
17.08.2019 | 18.08.2019, 19:07

Bielefeld. Als Ernst Sagewka am 22. August 1959 starb, schrieb die Freie Presse in Bielefeld über den Expressionisten: „Von jeher war die Natur für Ernst Sagewka die große Anregerin. Aber er hat sie niemals zur süßlichen Heimatkunst verniedlicht." Der Maler sei sich in jeder Phase seiner künstlerischen und menschlichen Entwicklung treu geblieben, hieß es weiter und der Autor von damals schrieb zudem: „Davon zeugt sein Werk, das seinen Tod überdauert und in seiner farblichen und formalen Kraft eine reine, am Schöpfungsakt der Natur gereifte Künstlerseele offenbart."

Eine prophetische Sicht, denn auch heute noch – 60 Jahre nach seinem Tod –, werden die Werke des Bielefelder Malers, der 1883 in Masuren/Ostpreußen geboren wurde, weiterhin immer mal wieder in Gruppenausstellungen ausgestellt.

"Für Ernst Sagewka war die Welt in erster Linie Farbe"

Noch bis zum 18. August sind fünf Werke von ihm in der großen Ausstellung „Hermann Stenner und seine Zeit" im neuen Kunstforum Hermann Stenner in Bielefeld zu sehen. Darunter das wunderbar farbintensive, beinahe glühende Gemälde „Kastanienallee bei Höxter" aus dem Jahr 1921 aus der Sammlung des Bielefelder Kunstsammlers Hermann-Josef Bunte.

Skeptischer Blick: Selbstbildnis aus dem Jahr 1921. 

Fotos (2): rolf sagewka - © rolf sagewka
Skeptischer Blick: Selbstbildnis aus dem Jahr 1921.
Fotos (2): rolf sagewka | © rolf sagewka

Ein Bild, das zeigt, wie sehr der Maler, der zur Generation von Peter August Böckstiegel, Victor Tuxhorn, Heinz Lewrenz, Hermann Freudenau und Friedrich Wilhelm Schabbon gehört, dem Expressionismus verpflichtet war. Wenn er in seinem Werk auch einen eher gemäßigten Expressionismus an den Tag legte. Über Ernst Sagewkas Kunst formulierte der frühere Kunsthallenmitarbeiter Rüdiger Jörn im Katalog zu einer Ausstellung zum 100. Geburtstag des Malers im Bielefelder Museum am Waldhof: „Für Ernst Sagewka war die Welt in erster Linie Farbe."

1919 aufgenommen: Ernst Sagewka in seinem Atelier in Bielefeld-Sieker. - © rolf sagewka
1919 aufgenommen: Ernst Sagewka in seinem Atelier in Bielefeld-Sieker. | © rolf sagewka

Die Nazis stuften Sagewka als "entartet" ein

Porträts, Landschaften und Stillleben stehen im Zentrum der Arbeiten von Ernst Sagewka, den es als Zehnjährigen zusammen mit seiner Familie von Masuren nach Bielefeld (Dornberg) verschlug. Sein künstlerisches Handwerk erlernte er an der 1907 neu gegründeten „Staatlich-Städtischen Handwerkerschule mit kunstgewerblichen Tagesklassen", der späteren Werkkunstschule. Sein Lehrer war Ludwig Godewols.

Im Ersten Weltkrieg musste der Maler von 1915 bis 1918 als Soldat in vorderster Linie in Frankreich und Polen an der Front kämpfen. Verwundet kehrte er nach Bielefeld zurück. Nach dem Krieg machte er sich mit mehreren Einzel- und Gruppenausstellungen einen Namen. Doch wegen seiner „glühenden Farbigkeit" stuften ihn die Nazis nach der Machtergreifung 1933 als „entarteten Künstler" ein. Zwei seiner Bilder waren unter den 136 Werken, die 1937 aus dem Vorläufer der Kunsthalle, dem Kunsthaus Bielefeld, entfernt wurden. Sie sind bis heute spurlos verschollen.

Bei einem Bombenangriff wurden 50 Arbeiten vernichtet

50 weitere Gemälde, Aquarelle und Handzeichnungen Sagewkas wurden bei einem Bombenangriff 1945 in Sagewkas Haus an der Heidsiekstraße in Bielefeld, wo er auch sein Atelier hatte, zerstört. Dennoch konnte eine Ausstellung über die Jahreswende 1982/83 im Kunsthistorischen Museum an der Welle, heute das Museum Waldhof, anlässlich des 100. Geburtstags des Künstlers 126 Bilder aus einer Schaffensperiode von 53 Jahren vorstellen. Eine Schau, die die große Vielfalt seines Werkes sichtbar machte.

Mehr als 1.000 Bilder soll Sagewka in seinem Künstlerleben insgesamt gemalt haben. In Bielefeld, in Werther, in Hiddenhausen und weiteren Orten sind sie in den vergangenen Jahren immer wieder in Ausstellungen zu sehen gewesen. Auch David Riedel hat Werke von ihm im Geburtshaus von Peter August Böckstiegel in Werther-Arrode gezeigt.

Sein Großneffe hat ihn als ruhig und besonnen bei der Arbeit erlebt

Es ist dem Großneffen Rolf Sagewka zu verdanken, der sich unermüdlich für das Werk Ernst Sagewkas einsetzt, dass der Maler, der so viele sehenswerte Bilder geschaffen hat, auch 60 Jahre nach seinem Todestag nicht in Vergessenheit geraten ist. Rolf Sagewka sagt über seinen Großonkel: „Ich habe ihn als ruhig und besonnen bei der Arbeit vor seiner Staffelei in Erinnerung." Allerdings sei das Atelier für sie als Kinder immer tabu gewesen. „Allein durften wir da nie rein."