Bielefeld. Eine positive Nachricht für die Schullandschaft in OWL: Statistisch gesehen gibt es in der Region heute wesentlich weniger Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss als noch vor zehn Jahren. An allen öffentlichen Gymnasien, Haupt- und Realschulen in Ostwestfalen-Lippe lag der Rückgang in diesem Bereich im Jahrgang 2014/2015 im Vergleich zum Jahrgang 2004/2005 bei rund 20 Prozent, wie die Grafik (unten) zeigt.
Welche Ursachen diese Entwicklung hat, warum Mädchen deutlich seltener ohne Hauptschulabschluss bleiben als ihre Mitschüler und was mit Jugendlichen passiert, die eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen – setzt sich die Statistik der Woche auseinander.
Förderung
Birgit Eickelmann erforscht die Schulpädagogik an der Universität Paderborn. Sie sagt: „Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss ist vermutlich auch deshalb so deutlich zurückgegangen, weil es für diesen Themenbereich nach der PISA-Studie eine deutliche Sensibilisierung im Schulsystem gegeben hat." Die individuelle Förderung der Schüler von Lehrern habe dabei stark an Bedeutung gewonnen. Gleichsam werde der Übergang von der Sekundarstufe I in den Beruf auch mit Berufsorientierung und Qualifizierung viel intensiver als zuvor bearbeitet.
Hauptschule
Während im Schuljahr 2004/2005 462 Mädchen und Jungen in OWL die Hauptschule ohne Abschluss verlassen haben, hat sich diese Zahl im Jahr 2014/2015 mit 264 Schülern nahezu halbiert. „In den vergangenen Jahren gab es einen starken Rückgang an Hauptschulen in der Region", sagt Andreas Moseke, Pressesprecher der Bezirksregierung Detmold. „Zum laufenden Schuljahr haben lediglich zwölf Hauptschulen im Bezirk noch Eingangsklassen gebildet." Damit sei ein Rückgang an Hauptschülern verbunden: 26.429 im Jahr 2008/09; 9.808 im Jahr 2015/16.
Gymnasium
Obwohl die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in der Region in den vergangenen Jahren gesunken ist, gilt dieser Trend nicht für alle Schulformen. An allen Gymnasien in OWL gab es im Schuljahr 2014/2015 beispielsweise 86 Schüler ohne Hauptschulabschluss mehr als 2004/2005, so IT NRW. Eine der Ursachen dafür sei, dass viele Eltern heutzutage wünschen, dass ihr Kind ein Gymnasium besucht, selbst wenn eine Empfehlung für eine andere Schulform vorliegt, sagt Dorothea Bratvogel als Sprecherin der Bielefelder Gymnasien.
Mädchen / Jungen
Mädchen erreichen öfter die Hochschulreife und verlassen die Schule seltener ohne Hauptschulabschluss. Laut IT NRW haben 805 Schüler und „nur" 532 Schülerinnen in OWL im Jahrgang 2014/2015 eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Bei den Hauptschulabgängern lag dieses Verhältnis bei 173 Jungen gegenüber 91 Mädchen. „Ein möglicher Grund dafür ist, dass der Anteil an Jungen an den Hauptschulen im Durchschnitt um 20 bis 30 Prozent höher ist als der Anteil an Mädchen", sagt der Schulamtsleiter in Bielefeld, Georg Müller.
Zukunftschancen
Was passiert mit den Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss? „In den Berufskollegs der Region steht den Abgängern allgemeinbildender Schulen ein breites Spektrum an Bildungsangeboten offen", erklärt Andreas Moseke, Pressesprecher der Bezirksregierung Detmold. Unter anderem haben sie dort die Möglichkeit, die allgemeinbildenden Abschlüsse wie den Abschluss der Hauptschule und die Fachoberschulreife nachzuholen. Das Besondere sei die „Bildung im Medium des Berufs", also das Lernen mit praktischem Bezug zum künftigen Beruf.